Bilder einer neuen Bielefelder Schau weisen weg vom „Vater-Mutter-Kind“-Klischee

Bielefeld. Wer über Familie nachdenkt, hat auch im 21. Jahrhundert meist die klassische Konstellation Vater-Mutter-Kind im Kopf. Auch wenn Konstrukte des Zusammenlebens längst so bunt sind wie der Gesellschaft selbst, hält sich das Klischee hartnäckig. Zeigen, was längst in der Gesellschaft angekommen ist, nämlich diverse und queere, nicht binäre Lebens- und Familienkonstellationen, liegt der Bielefelder Fotografin und Professorin an der Hochschule Bielefeld, Katharina Bosse, am Herzen. In ihrer eigenen kleinen Galerie Elsa an der Elsa-Brandström-Straße 13 hat sie daher 20 sehr unterschiedliche fotografische Blicke auf das Thema unter dem Titel &bdquo;Das queere Familienzimmer“ versammelt. An diesem Samstag um 18 Uhr wird die Schau eröffnet. Sie ist bis zum 24. November, immer mittwochs von 17 bis 19 Uhr, geöffnet, begleitet von einigen persönlichen Führungen und Diskussionsrunden. &bdquo;Familie ist vielfältig, aber das Bild von ihr ist erstaunlich eintönig“, sagt Bosse. Es passe in eine Vision aus der Bausparwerbung: Hetero-Familie mit Haus und Garten, weiß, wohlhabend, niemand alleinerziehend. &bdquo;Dieses Bild ist aber nicht harmlos und zu belächeln“, sagt Bosse, &bdquo;mit ihm wird Politik gemacht“. Auch darum versteht sie ihre Ausstellung durchaus als politisches Statement, zum Beispiel für eine zeitgemäße Familienpolitik. "Ein leiblicher Vater, der sich nicht kümmert, hat mehr Rechte" Die Initialzündung für die Ausstellung sei denn auch politischer Natur gewesen, ein persönlicher Zugang: Die Begegnung mit einer ehemaligen Studentin hatte Katharina Bosse inspiriert. Sie habe ihr davon erzählt, nun endlich mit ihrer Frau Eltern des ersehnten Kindes geworden zu sein. Einschränkungen bietet hier allerdings die rechtliche Seite: Bis heute sorgen die so genannten Abstammungsgesetze in Deutschland dafür, dass die nicht Gebärende in dieser Familienkonstellation das gemeinsame Kind adoptieren muss, um alle Rechte einer (zweiten) Mutter zu haben. &bdquo;Selbst ein leiblicher Vater, der weit weg wohnt und sich nicht kümmert, hat dagegen mehr Rechte“, bemängelt Bosse. Die Bandbreite der gezeigten Positionen ist groß – sie reicht von Erinnerungen an die eigene Kindheit und Familie über Familie als Wahlverwandtschaft bis zu verschiedenen queeren Konstellationen von Menschen mit gleichgeschlechtlicher Orientierung, transsexueller Lebensform, von Liebe in jungen wie in älteren Lebensphasen. &bdquo;In vielen Arbeiten wird das Ringen um Raum deutlich“ &bdquo;Netzwerkartig“ habe sich der Kreis der Ausstellenden immer weiter erhöht. Zu sehen sind anrührende, zärtliche Familienbilder von gleichgeschlechtlichen Partnern mit Kind(ern) wie bei Daniel Schumann, Klischees entlarvende, unscharfe &bdquo;Found Footages“ von Nora Hase aus dem Internet oder der humorvolle Rollentausch &bdquo;Self-Cloning“ von Giegold & Weiß. Martina Minette Dreier hat Frauen aus dem 19. Jahrhundert ausfindig gemacht, die sich für Frauenrechte stark machten und hat sie kleinformatig in Ei-Tempera verewigt. &bdquo;Es ist die Farbe, mit denen Ikonen gemalt wurden. Sie sind meine Ikonen“, sagt sie dazu. Peter Möller thematisiert das Alleinsein als schwuler Mann mit einer Fotoserie auf Island, die ihn in wechselnden Posen in einem gefiederartigen Umhang zeigt und mit denen er Bezug auf alte Familienfotos nimmt. Und Jessica Kroll-Holtmann hat Szenen mit Barbiepuppen für Instagram inszeniert, die Geschichten erzählen und schmunzeln lassen. &bdquo;In vielen der Arbeiten wird ein Ringen deutlich, um den Raum, der oft alleine durchquert werden muss. Queerness erfordert Kraft“, beschreibt Katharina Bosse. Zur Ausstellung ist eine Broschüre erschienen. Weitere Termine, u.a. die Teilnahme am Galerie-Hopping Artur! am 6. Oktober, 19-24 Uhr. Am 24. November gibt es eine Finissage mit Gespräch zu queerer Familienpolitik. Mehr auf www.elsa-art.de. Jeweils ab 22 Uhr sind täglich die Arbeiten erleuchtet durch die Fenster der Galerie zu sehen.

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