Insekt zerstört Zucht: Bekannter Bielefelder Rosenzüchter kämpft ums Überleben

Bielefeld. Der kalifornische Blütenthrips ist so klein, dass man ihn kaum erkennen kann. Aber das gelblich-braune Mini-Insekt, das aus Nordamerika stammt, hat es geschafft, die Grundlage des über 50 Jahre alten Familienbetriebs Rosen Steffen zu zerstören. Das sei auch für seine Eltern, die den Fachbetrieb für Rosenzucht an der Kampheide in Niederdornberg-Deppendorf aufgebaut haben, sehr schmerzlich, sagt Joachim Steffen. Sein Blick streift über die Reste der einstigen Rosenpracht, die er jetzt nach und nach entsorgen muss. Dabei war es ohnehin schon nicht einfach in den vergangenen Jahren. Rund 40.000 Rosenpflanzen seien es, die der staatlich geprüfte Gartenbautechniker in seinen vier riesigen, insgesamt 5.000 Quadratmeter großen Gewächshäusern angebaut hat. Über 50 unterschiedliche Sorten. Wo seit Jahrzehnten Grand Champagner, Creme de la Creme, Beluga, Florence, Morning Dew und alle anderen in unterschiedlichen Rot-, Pink-, Rosa-, Orange- und Gelbtönen blühten und dufteten, sind aktuell nur traurige, grün-braune Reste übrig. Jungpflanzen, die er von einem Betrieb aus Deutschland im Vorjahr erworben hat, hätten das nur etwa einen Millimeter lange Ungeziefer, das Mitte der 1980er Jahre nach Europa eingeschleppt wurde und seitdem große Probleme in Gewächshauskulturen verursache, in seinen Betrieb gebracht. Jährlich bis zu 60.000 Euro für das Heizen der Gewächshäuser Aufgrund der gestiegenen Energiekosten sei er gerade dabei gewesen, den Anbau wieder umzustellen und die Rosen wieder in den Boden einzupflanzen. Zwischenzeitlich habe er auf Hydrokultur umgestellt gehabt, "allerdings ist die sehr frostempfindlich und wir mussten am Ende jährlich bis zu 60.000 Euro für das Heizen der Gewächshäuser ausgeben", berichtet Steffen. Das sei finanziell einfach nicht mehr möglich und auch aus ökologischen Aspekten nicht mehr vertretbar. Das Problem mit dem Blütenthrips hätten auch andere Rosenzuchtbetriebe. Die Misere sei aber ein Resultat der Globalisierung, so Steffen, der auf dem Anwesen aufgewachsen ist und dort mit seiner Familie lebt. So sei er jetzt gezwungen, zumindest erst einmal mit der Rosenzucht zu pausieren. Zwei Mitarbeiter habe er entlassen müssen. Die Frage sei auch, wie zukunftsträchtige die Rosenzucht überhaupt noch sei. Keiner könne garantieren, dass ihm so etwas nicht wieder passiert. Mit ganz unterschiedlichen kreativen Ideen versucht Steffen jetzt, seine Existenz zu sichern. Er setze weiter auf das Blumengeschäft auf dem Hof, für das er aktuell Rosen zukauft. Seit zwei Jahren gibt es dort einen Selbstbedienungs-Kühlraum, der jeden Tag von 7 bis 21 Uhr geöffnet ist. Den Kunden stehen dort dann immer verschiedene Rosensträuße zur Auswahl, das Geld stecken sie in die Kasse daneben. Das funktioniere gut. Spätsommerfest am 10. September bei Rosen Steffen in Bielefeld Die alten Gewächshäuser soll bald neues Leben füllen. Im kommenden Jahr starte in einem die Vielfaltsgärtnerei "Rosen&Fenchel", das Projekt einer Pächterin. Inspiriert von den Prinzipien der solidarischen Landwirtschaft biete dieses Konzept regionale, saisonale und ökologische Produkte und auch Einblicke in die Arbeitsweise einer nachhaltigen Gärtnerei. Zudem will Steffen sein Anwesen mit Hobbygärtnern und Erholungssuchenden teilen. Sie sollen zwischen Rosen, Fenchel und Wald ihr eigenes Obst- und Gemüse anbauen und sich auf dem Land vom Stadtleben erholen können. Zudem erweitere die Gärtnerei ihr Sortiment um weitere Blumenkulturen. So baut Steffen aktuell schon die Inka-Lilie an. "Die ist nicht anfällig für Blütenthrips", sagt der Experte. Alles abreißen und dann Wohnbebauung? Auch darüber habe er zwischenzeitlich nachgedacht. Aber das sei von der Nutzung so nicht möglich. Und er fände es auch schön, seinen drei Kindern mit gutem Gewissen einen zukunftsfähigen Betrieb übergeben zu können. Er hoffe da auf Unterstützung von der Stadt. Jetzt am Sonntag, 10. September, lädt Joachim Steffen ab 12 Uhr zu einem Spätsommerfest bei Rosen Steffen ein, mit Gewächshausführung, Infos zu den geplanten neuen Projekten, Kaffee, Kuchen, Bratwurst von "Hof gemacht" aus der Nachbarschaft, Gin-Verkostung und Live-Musik ab 17 Uhr.

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