10.000 Quadratmeter voller Rosen & Co.: Blick hinter die Kulissen einer Herforder Gärtnerei

Herford. Am Ende einer Stichstraße, unscheinbar hinter niedrigen Mauern liegt die Herforder Blumenproduktion Schwagmeier. In zehn Gewächshäusern bauen Heiner Schwagmeier, Sohn Levin und das zehnköpfige Team zwölf verschiedene Arten von Blumen an. &bdquo;Die Rose ist mein Steckenpferd. Die fordert einem einiges ab“, sagt der Senior und öffnet das Tor zur 10.000 Quadratmeter großen Anbaufläche unter Glas. In Reih und Glied stehen hier die unterschiedlichsten Anbauflächen. Die Zwiebel der Tulpe etwa steht dicht an dicht in Kisten mit Wasser. Damit sie Halt hat und in den Tulpensteigen nicht umkippt, wird sie aufgespießt. Das mache der Pflanze aber nichts aus, bekräftigt Schwagmeier und führt weiter durch die Reihen des Gewächshauses. Entlang am selbst gebauten Entkeimungsraum, der auf 75 Grad aufgeheizt wird, um in den Steigen mögliche Pilze und Viren zu zerstören, die der Tulpe gefährlich werden können, vorbei an blühenden Exemplaren, die bereit sind zum Schnitt. Die Tulpe ist die Frühlingsvorbotin. Es gibt sie in den Farben Lila oder Gelb, Weiß oder Rot, sie kommt mal kraus, mal gefüllt daher, es gibt sie in gebundenen, klassischen oder stehenden, extravaganten Sträußen: Ein Jahr vor der Blütezeit ordert Schwagmeier Zwiebeln aus den Niederlanden. Im Oktober ist Lieferzeit. 2024 sind aus Holland 230.000 weniger Tulpenzwiebeln geliefert worden Wie viel er allerdings bekommt, kann er vorab nie genau sagen. 230.000 Zwiebeln weniger, als er bestellt hat, bekam Schwagmeier zum Beispiel im vergangenen Jahr. &bdquo;Es war einfach zu nass“, nennt der Senior einen Grund. Sobald die Zwiebeln aber da sind, wird die erste Fuhre gepflanzt, damit schon vor Weihnachten das Tulpenjahr eingeläutet werden kann. Noch bis Ende April sind Tulpen zu haben. Dann heißt es wieder: Acht Monate warten. Lesen Sie auch: Herforder Gärtnerei Schwagmeier spricht vom schwierigsten Jahr für Tulpen Dafür kriegt dann die Königin der Blumen ihren großen Auftritt: &bdquo;Die ersten Rosen stehen schon im Laden“, sagt Schwagmeier, der den Dornenschönheiten die größte Anbaufläche im Betrieb zuweist. Von der Bodenkultur hat sich die Gärtnerei längst verabschiedet und auf ein Anbausystem mit Granulat gesetzt. Mittlerweile stehen die meisten Pflanzen aber auf sogenannten Pflanzbroten, die mit Steinwolle gefüllt sind. &bdquo;Das ist einfacher auszuwechseln“, sagt der Chef. Vier Pflanzen stehen je auf einem Brot. Lesen Sie auch (mit Karte): Blumenfelder in OWL: Hier können Sie Blumen selbst schneiden Jedes Jahr, so Schwagmeier, wechsele sein Team rund zehn Prozent der Fläche aus. Dann nimmt er mal andere Blütenformen oder eine neue Farbe mit ins Sortiment. Es soll schließlich für die Kundinnen und Kunden spannend bleiben. Denn: &bdquo;Tendenziell wächst die Rose unendlich. Wir haben Pflanzen, die schon seit 25 Jahren hier stehen.“ Jahrzehntelang lag der Fokus auf dem Großhandel Die Gärtnerei hat Schwagmeiers Großvater einst aufgebaut. Start war damals an der Bodelschwinghstraße. Hier haben sich sein Vater und seine Mutter kennengelernt. &bdquo;Mein Vater wollte einen eigenen Betrieb gründen und hat 1962 die ersten Gewächshäuser gekauft und diese bis 1972 Am Knie aufgebaut und erweitert.“ Der Fokus lag von Anfang an und dann jahrzehntelang auf der Großproduktion. &bdquo;Wir haben hier schon immer produziert, die Blumen dann aber an Blumenläden weiterverkauft“, sagt der Inhaber und erinnert sich: &bdquo;Damals konnte man damit noch richtig Geld verdienen.“ Einen Verkauf an Privatkunden gab es da noch lange nicht. Lesen Sie auch: Duftet gut: In dieser Gärtnerei in Herford gibt es selbst hergestelltes Rosenwasser Erst seit 2015 gibt es den Blumenverkauf vor Ort. &bdquo;Unsere Kunden im Handel haben es nicht mehr honoriert, Ware zu kaufen, die vor Ort produziert wird“, beschreibt Schwagmeier den Hintergrund. &bdquo;Und da dachte ich mir, dann verkaufe ich meine Ware lieber selbst. Da steckt schließlich eine Menge Herzblut drin.“ Jedes Pflänzchen hat etwa seine eigene Bewässerung, jeder Arbeitsschritt – vom Pflanzen, bis zum Zurechtschneiden der Blüte bis hin zum Binden eines Straußes – geschieht in Handarbeit. Dabei setzt Schwagmeier auf ein geschlossenes System. Das Wasser stammt aus einem Regenauffangbecken. Die Flüssigkeit, die die Pflanze nicht benötigt, fließt in den Kreislauf zurück. &bdquo;Das Wasser wird aufgefangen, gereinigt und erneut aufbereitet“, so Schwagmeier. Geheizt wird mit einem Holzkraftwerk. Gärtnerei setzt neu auf Beiwerk für Sträuße statt auf Gerbera Heiner Schwagmeier hat den Betrieb 1991 übernommen und Ende der 90er modernisiert und umgestellt. &bdquo;Davon partizipieren wir immer noch.“ Oder anders gesagt: &bdquo;Hätte ich das damals nicht getan, wären wir wahrscheinlich nicht mehr da.“ Und damit das auch so bleibt, stellt er die Gärtnerei immer wieder neu auf. &bdquo;Wir trennen uns von der Gerbera“, sagt er, da die Pflanze zur Trauerpflanze geworden ist. Dafür pflanzt er jetzt Kamille, Bartnelken, Schleierkraut, Hirtentäschel und weiteres Beiwerk für Sträuße an. &bdquo;Das haben wir sonst dazu gekauft. Jetzt produzieren wir es selbst.“ Damit möchte Schwagmeier vermehrt Sommersträuße anbieten, die 2024 schon gut bei der Kundschaft angekommen sind. Lesen Sie auch: Premiere: Hier gibt es in Herford Blumen aus dem Automaten &bdquo;Ich war schon immer risikobereit“, sagt Schwagmeier, der eigentlich Automechaniker werden wollte mit einem breiten Grinsen und zeigt auf ein extravagantes Tulpenarrangement im Laden. Hier hängen noch die Zwiebeln am Stiel. Besonders toll zur Geltung kommt der Stehstrauß auf einer großen Schale, die Zwiebeln liegen dafür nur halb im Wasser, das reiche aus. &bdquo;Die Stehsträuße sind eingeschlagen wie eine Bombe. Das hätten wir nicht erwartet.“ Mit solchen Experimenten will der Betrieb spannend bleiben. &bdquo;Wir möchten unseren Kunden immer wieder etwas Neues bieten.“ So ist auch der Blumenautomat auf dem Gelände, der rund um die Uhr Sträuße bereithält, entstanden. Lesen Sie auch: Eis, Grillfleisch und Co: Hier stehen die Verkaufsautomaten im Kreis Herford So viele Rosen- und Tulpensorten hat die Gärtnerei im Angebot Dabei gehe es nicht um Masse, betont der Chef. Sondern um ausgefallene Arten, wie etwa die Ranunkelrose, eine alte, eher unbekannte Sorte. Insgesamt hat er bis zu 40 Rosensorten vor Ort, bei den Tulpen sind es bis zu 30. Ab dem kommenden Frühjahr will er auch Ranunkeln anbieten. Kurz vor der Blüte stehen hingegen die Schnitt-Hortensien: &bdquo;Die haben wir vergangenes Jahr gepflanzt, sie blühen erst im zweiten Jahr.“ Und sobald es so weit ist, binden seine Mitarbeiterinnen daraus aufregende, neue Sträuße.

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