Eskalation am Klinikum Bielefeld: Ärztlicher Direktor freigestellt

Bielefeld. Holger Sudhoff, Ärztlicher Direktor im Klinikum Bielefeld und Chefarzt der HNO-Klinik, ist mit sofortiger Wirkung freigestellt worden. Diese Entscheidung sei nach Absprache mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden Detlef Werner erfolgt, erklärte am Montag (4. September) Klinikum-Geschäftsführer Michael Ackermann. Die Freistellung sei notwendig geworden, weil Sudhoff die Verschwiegenheitspflicht verletzt und interne Unterlagen aus dem Klinikum an Dritte weitergeben habe. Dabei habe es sich jedoch nicht um Daten einzelner Patienten gehandelt, betonte Ackermann. Sudhoff wies die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen im Gespräch mit dieser Zeitung zurück. Der Chefarzt musste am Montag umgehend sein Büro im Klinikgebäude an der Teutoburger Straße räumen. Die Freistellung ist der bisherige Höhepunkt in der seit einigen Wochen öffentlich ausgetragenen Auseinandersetzung zwischen dem Ärztlichen Direktor und dem Geschäftsführer. Geschäftsführer sieht keine Basis mehr für Zusammenarbeit Ursprünglich hatte Sudhoff seinen Vertrag zum 31. März 2024 gekündigt und hätte bis zu diesem Zeitpunkt weiter im Dienst bleiben können. Seine Bezüge bekommt er nun in den verbleibenden sieben Monaten der Kündigungsfrist weiter, ohne dafür im Klinikum arbeiten zu müssen. Hintergrund von Sudhoffs Kündigung waren anhaltende Meinungsverschiedenheiten mit Geschäftsführer Michael Ackermann über dessen Führungsstil und Sparmaßnahmen im Haus. Der Chefarzt hatte erklärt, dass er seinen Schritt als &bdquo;Hilferuf“ verstanden wissen wollte, um Verbesserungen für alle Beschäftigten zu erreichen. Wegen des strengen Sparkurses gebe es eine hohe Fluktuation im Klinikum. Unzufrieden war Sudhoff auch damit, dass immer häufiger Operationen von Tumor-Patienten verschoben werden mussten. Fast täglich soll es außerdem Überlastungsanzeigen von Beschäftigten geben. Geschäftsführer Michael Ackerman widersprach dieser Darstellung. Die Zahl der besetzten Stellen im Pflegebereich sei seit 2018 etwa gleich geblieben. Überlastungsanzeigen von Beschäftigten in diesem Bereich versuche das Klinikum durch sogenannte Pool-Kräfte zu reduzieren, die bei Engpässen kurzfristig auf einzelnen Stationen einspringen. Die Zahl der Überlastungsanzeigen bezifferte Ackermann &bdquo;auf drei bis zu einem Dutzend im Monat“. Dass Operationen abgesagt werden müssten, komme immer wieder vor, weil dabei die Zahl der zur Verfügung stehenden Intensivbetten berücksichtigt werden müsse. Diese könne aber wegen akuter Notfälle immer wieder variieren, was kurzfristige Umorganisationen erfordere. Ackermann betonte, in der HNO-Abteilung des Klinikums werde man sich jetzt auf die geordnete Fortführung des Betriebs fokussieren. Wegen der öffentlich gewordenen Kündigung Sudhoffs sei es auch zu einer Verunsicherung der Patienten gekommen, die sich gefragt hätten, wie es nun weitergehe. Bis zur Wiederbesetzung der Chefarztstelle werde es nun eine kommissarische Leitung geben, die einer der fünf Oberärzte der Klinik übernehmen werde. Insgesamt bestehe die Klinik aus 20 ärztlichen Mitarbeitern. Ein geordneter Betrieb sei gewährleistet. Ackermann erklärte weiter, er habe keine Lust auf eine Schlammschlacht und bedaure die Kündigung Sudhoffs. Bei einem leitenden Mitarbeiter müsse man sich jedoch auch nach einem solchen Schritt auf ein hohes Maß an Loyalität verlassen können. Dies sei aber nicht erkennbar gewesen. Chefarzt mit hoher wissenschaftlicher Reputation Sudhoff seinerseits sagte, ihm sei es um bessere Arbeitsbedingungen für alle Beschäftigten gegangen. &bdquo;Mein Interesse war es stets, eine Deeskalation des Konflikts zu erreichen.“ Der scheidende Chefarzt bot an, begonnene wissenschaftliche Arbeiten von Doktoranden weitere begleiten zu wollen. Ein Ärztlicher Direktor ist der Vertreter der Leitenden Ärzte eines Krankenhauses und nach dem Krankenhausgesetz neben dem Pflegedirektor und dem Verwaltungschef Teil der Unternehmensführung. Sudhoff bekleidete dieses Amt seit Dezember 2022. Er war seit 2007 Chefarzt am Klinikum Bielefeld und seit Januar 2021 Professor am Universitätsklinikum Ostwestfalen-Lippe der Universität Bielefeld. Mit der Kündigung geht auch diese Position verloren. Der international renommierte Mediziner war immer wieder auch auf bundesweiten Bestenlisten vertreten. Das Klinikum Bielefeld gehört den Städten Bielefeld (89 Prozent) und Halle (elf Prozent). An den drei Standorten Bielefeld-Mitte, Rosenhöhe und Halle werden jedes Jahr rund 50.000 Patienten stationär aufgenommen und 90.000 ambulant behandelt. Das Klinikum verfügt über 1.200 Betten und hat rund 2.600 Beschäftigte.

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