"Nicht hinnehmbar": Nachbarn der Flüchtlingshäuser im Bielefelder Musikerviertel wehren sich jetzt per Brief

Bielefeld-Mitte. Seitdem im Februar die Britenhäuser im Musikerviertel als Notunterkunft für Flüchtlinge genutzt werden, herrscht bei den direkten Anwohnern Unruhe: Müll, weggeworfenes Essen, Lärm und zwischenzeitlich immer wieder auch Kriminalität haben Ängste und Sorgen bereitet. Nachdem die Bezirksregierung als Betreiber der Häuser im Sommer die Belegung der Häuser mit Familien forciert und alleinreisende Männer woanders untergebracht hat, wurde das Sicherheitsgefühl der Anwohner verbessert. Doch die Beschwerden reißen nicht ab. Jetzt haben 128 Anwohner einen offenen Brief an die Verantwortlichen verfasst. &bdquo;Wir halten die Unterbringung in der Britensiedlung für äußerst problematisch“, heißt es in dem Schreiben. Die Notunterkunft habe ein &bdquo;beachtliches Störpotenzial“ entfaltet. Durch die hohe Zahl an Bewohnern (zuletzt mehr als 400) seien Müll- wie Lärmaufkommen sehr hoch und das &bdquo;regelwidrige Verhalten einiger Asylbewerber“ führten zu einer &bdquo;massiven Beeinträchtigung der Wohn- und Lebensqualität in dem einst idyllischen Viertel“. Zum Viertel gehörten auch zwei Senioreneinrichtungen, 29 der 128 Unterschriften unter dem offenen Brief stammten aus dem Altenwohnheim, heißt es. Kinder auf der Straße gefährdet, Erwachsene ohne Beschäftigung Die Mitglieder der eigens gegründeten &bdquo;Nachbarschaftsinitiative Musikerviertel“ bemängeln nicht nur die Nachteile für die Anwohner. Auch für die Geflüchteten selbst sei die Unterkunft nicht geeignet: &bdquo;Die oft auf der Straße spielenden Kinder seien &bdquo;durch den Durchgangsverkehr extrem gefährdet“. Laut Sicherheitsdienst kämen die Eltern ihrer Aufsichtspflicht selten oder nur unzureichend nach. Auch für die Erwachsenen sei trotz anderer Absichtserklärungen noch kein Freizeitangebot aufgestellt worden. Dabei erstrecke sich die Verweildauer der Geflüchteten im Musikerviertel inzwischen auf mehrere Wochen. Ursprünglich hatte die Bezirksregierung geplant, die Asylbewerber nach der ersten Registrierung nach zwei bis drei Tagen in Wohnungen weiterzuvermitteln. Doch es kamen so viele Antragsteller, dass dieser Plan logistisch nicht zu halten war.Die Anwohner beobachteten nicht zuletzt deshalb, dass sich Asylbewerber Zutritt zu fremden Grundstücken verschafften, teilweise Immobilien und Autos fotografierten, in vereinzelten Fällen sei es auch zu kriminellen Handlungen gekommen. Forderung der Bielefelder: Schließung, Maximal 200 Personen und Freigabe für den Immobilienmarkt Die Nachbarn betonen: &bdquo;Trotz der Nachbesserungen der Bezirksregierung bleibt die Lage für die Anwohner insgesamt nicht hinnehmbar. Wir haben – im Gegensatz zur aktuellen Einschätzung unseres Bielefelder Oberbürgermeisters – alles andere als eine ’sehr ruhige Situation’“, heißt es weiter. Auch andere Unterkünfte, die mitten in Wohngebieten eingerichtet worden waren, sollen vor dem Ende stehen. Unter den Anwohnern im Musikerviertel besteht trotzdem die Befürchtung, dass die angekündigte Schließung der Britenhäuser als Flüchtlingsunterkunft zum 31. Januar doch nicht umgesetzt werde. Forderung der Bielefelder: Schließung, Maximal 200 Personen und Freigabe für den Immobilienmarkt Natürlich wisse man um die Unterbringungsengpässe und fordere daher, vorhandene Kasernen (Rochdale/Catterick) und bereits in der Vergangenheit als Unterkunft genutzte Industrieimmobilien in Bielefeld zu nutzen. Diese eigneten sich besser als Unterkunft. Neben der Sicherheit für die Kinder seien dort die Unterbringungsmöglichkeiten größer sowie die Krankenversorgung und eine Isolierung möglicher Quarantänefälle besser zu handhaben. Deshalb fordern die Anwohner die Einhaltung der Schließung der Notunterkunft Ende Januar sowie bis dahin eine Maximalbelegung der Britenhäuser mit 200 Personen statt der gut 400 in den vergangenen Wochen. Anschließend sollte die &bdquo;unverzügliche Freigabe“ der Gebäude für den Immobilienmarkt erfolgen, &bdquo;damit endlich dringend gebrauchter Wohnraum geschaffen werden kann“. Die Bezirksregierung reagiert irritiert auf den offenen Brief An dem Plan, die Unterkunft im Musikerviertel am 31. Januar 2024 zu schließen, halte man weiterhin fest, heißt es in einer Stellungnahme der Bezirksregierung zum offenen Brief. Eine Kapazitätsreduzierung ließ sich nicht ermöglichen. Im Juni hatten die Verantwortlichen versprochen das zu prüfen. "Wir können die Sichtweise der fehlenden Transparenz aber nicht nachvollziehen", heißt es weiter. Man habe so früh wie möglich informiert, sowohl über die Presse als auch bei einem Runden Tisch Anwohner direkt aufgeklärt. Seit Inbetriebnahme gebe es einen offenen Austausch. Ein Anwohner-Newsletter informiere fortlaufend über Veränderungen in der Unterkunft. Ein Umfeldmanager sei für Beschwerden ansprechbar. Intensive Suche nach neuen Unterkünften in OWL und in Bielefeld Das jüngste Treffen mit Anwohnern im Juni habe dazu geführt, dass nun überwiegend Familien und alleinreisende Frauen im Musikerviertel untergebracht wurden. Gute Nachrichten gebe es in Sachen Freizeitbeschäftigung: "Seit der vergangenen Woche bietet 'Bielefeld United' zweimal pro Woche ein Sportprogramm für die Kinder und Jugendlichen aus der Notunterkunft an. Das Spielmobil der AWO kommt künftig einmal pro Woche zu Besuch in die Unterkunft." Die Bezirksregierung Detmold arbeitet derweil intensiv daran, den erforderlichen Platz für die Unterbringung von Geflüchteten in Ostwestfalen-Lippe zu schaffen. Dabei erkunde das Fachreferat in Rücksprache mit dem NRW-Ministerium für Flucht in OWL zurzeit verschiedene Liegenschaften, ob sich diese als Landesunterkünfte eignen. In diesem Zusammenhang werden auch Gespräche mit der Stadt Bielefeld geführt. Ergebnisse könne man aber bisher nicht verkünden. Wie berichtet, könnte das bisher favorisierte Areal auf dem ehemaligen Militärflughafen in Gütersloh vom US-Militär übernommen werden.

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