Bielefelder Feuerwehr löst Klimakleber mit Bohrhämmern von der Straße

Bielefeld. Zwei handtellergroße Löcher im Asphalt müssen noch gestopft werden. Speiseölflecken auf der Herforder Straße wurden abgestreut. Die Rutschgefahr für Kräder und Räder ist gebannt. Samstagmittag, 12.28 Uhr. Wie aus dem Nichts tauchen sieben Klimaaktivisten der Gruppe &bdquo;Die Letzte Generation vor den Kipppunkten“ an der Kreuzung Herforder Straße / Beckhausstraße auf. Sie nutzen die Grünphase für Fußgänger, nehmen den gesamten Straßenraum der Herforder Straße stadtauswärts ein, ziehen sich ihre inzwischen bundesweit bekannten roten Westen an. Dann sinken sie lautlos zu Boden, greifen zum Klebstoff und in wenigen Sekunden pappt jeweils eine Hand auf dem Fahrbahnasphalt fest. Dem zuvor kommt gerade noch ein Autofahrer, der einen Klimaaktivisten aus dem Weg schleift und dann mit Gehupe die Sperre durchbricht. Danach ist Stillstand. Stadtauswärts wie stadteinwärts. Denn auch gegenüber haben sechs Demonstranten die Fahrbahn für sich eingenommen. Nötigung und gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr Genervte, an der Weiterfahrt gehinderte Autofahrer steigen aus ihren Fahrzeugen, beschimpfen wütend die Kleber. Die nehmen jegliche verbale Attacken geradezu stoisch und apathisch hin. Fragen, warum sie das tun, beantworten sie mit ihren schon aus vielen Interviews bekannten Phrasen und beten sie wie auswendig gelernt herunter – auch wenn die Antworten nicht gerade zu den Fragen passen. &bdquo;Die Wälder brennen. Reißende Wassermassen vernichten ganze Ortschaften. Eskalierende Wetterextreme im Rahmen der Klimakatastrophe sind in diesem Sommer auch in Europa wieder deutlich sichtbar. Die Folgen des Klimawandels bedrohen bereits heute das Leben vieler Menschen“, wird immer wieder mantramäßig heruntergebetet. Mehr Passanten als Autofahrer haben sich inzwischen am Klebe-Brennpunkt versammelt. Immer wieder hört man von ihnen Verständnis für das Anliegen der Klimaaktivisten. Doch ihre Vorgehensweise erzeugt Kritik. &bdquo;Die Kleber sind unglaublich verzweifelt und wissen nicht, was sie tun sollen. Sie haben Angst und Sorgen. Es ist mutig, sich für eine Sache einzusetzen, doch mit ihren Aktionen machen sie die Menschen sauer und ärgerlich. Sie haben kein Verständnis dafür, in ihrer Freiheit beschränkt zu werden. Die sicherlich richtige Botschaft kommt nicht mehr bei den Menschen an“, kritisiert eine 40-jährige Fußgängerin. Inzwischen ist auch die Polizei vor Ort eingetroffen. Die Polizisten scheinen zunächst etwas ratlos zu sein, was den Umgang mit den Aktivisten anbelangt. Schließlich gibt es die erste Ansage eines Beamten, dass die Straßensperrung Nötigung und ein gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr sei. Man werde jetzt mit dem Lösen der Hände vom Asphalt beginnen. Wer danach nicht freiwillig die Straße verlasse, müsse außerdem mit einer Anzeige wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt rechnen. Reichlich Speiseöl im Einsatz Dann kommt reichlich Speiseöl zum Einsatz. Mühsam mit Pinsel und Spachtel lösen die Beamten die festklebenden Hände von der Straße, eine zeitraubende Angelegenheit. Zur gleichen Zeit geht es etwas radikaler auf der Kreuzstraße zu. Dort haben sich zwei Aktivisten kurz vor dem Adenauerplatz mit einem Sand- und Klebstoffmix auf dem Asphalt befestigt. Die Feuerwehr ist vor Ort und mit Presslufthämmern werden Hände mitsamt des Straßenbelags freigelegt. Für die Medien ist ein Sichtschutz eingerichtet, damit nicht beschrieben werden kann, welche Tricks die Einsatzkräfte anwenden. An der Herforder Straße werden inzwischen die Personalien der 13 abgelösten Klimaaktivisten aufgenommen und ihre Kleidung nach verbotenen Gegenständen durchsucht. Zwei von ihnen wollten auch mit gelösten Händen nicht die Straße verlassen und mussten heruntergetragen werden. Der sogenannte Gefangenenwagen steht inzwischen parat, öffnet gegen 14 Uhr seine Türen und die Klimakleber werden ins Gewahrsam zum Polizeipräsidium transportiert. Dies geschehe im Rahmen der Gefahrenabwehr. Man habe immer wieder erlebt, dass die Klimakleber wenig später schon wieder an andere Stelle aktiv werden, sagt ein Polizeisprecher. Eine Amtsrichterin ist wenig später vor Ort, hört sich die Einlassungen der Klimaaktivisten an. Gegen 20.55 Uhr am Samstagabend darf auch der letzte Klimakleber das Polizeipräsidium wieder verlassen. Für den Grünen Würfel auf dem Kesselbrink, dort wollte man sich gemeinsam treffen, ist es inzwischen zu spät. Um 20 Uhr schloss die Versammlungsstelle. Demnächst werden den Aktivisten Anzeigen für ihre Straftaten ins Haus flattern. Ihre Aktion, die Stadt stillstehen zu lassen, ist gescheitert. Denn die leidgeprüften Bielefelder Autofahrer kennen sich mit Straßensperrungen und Umleitungen aus.

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