Bielefelder Wiesenbad: Historische Fotos aus den Anfangsjahren

Bielefeld. Auch in früheren Zeiten suchten die Bielefelder bei Hitzetagen ihr Heil im kühlen Nass – seit dem 8. Mai 1927 fanden sie es ebenso im Wiesenbad. Oberbürgermeister Rudolf Stapenhorst (1864-1944) führte in seiner &bdquo;Weiherede“ aus, dass die Pläne für eine geplante Badeanstalt lange Zeit nicht umsetzbar waren, weil das erforderliche Wasser nicht ausreichend vorhanden gewesen sei. Es habe eben keinen &bdquo;Bergbach“ oder einen großen See in der direkten Nachbarschaft der Stadt gegeben. Die Lutter erwähnt er vorsichtshalber nicht, weil sie seinerzeit vollkommen verdreckt war. Die Badewasser-Versorgung erfüllte sich erst, als am 15. Dezember 1925 der &bdquo;Weihnachtsbrunnen“ auf dem Werksgelände des Städtischen Betriebsamtes an der Schildescher Straße, den heutigen Stadtwerken, eine &bdquo;Schüttung“ lieferte. Der Betriebsbrunnen lieferte mineralhaltiges Wasser mit einer Temperatur von 26 Grad aus 456 Metern Tiefe. Über 70 Jahre ist er in Betrieb gewesen und wurde erst 1997 wegen mangelnder Förderleistung geschlossen. Doch fehlte noch das nötige Geld für die Gewerke. Da kamen die staatlichen Zuschüsse für&bdquo;Notstandsarbeiten“ gerade recht, brachten sie doch Lohn und Brot für Arbeitslose. Die städtischen Gremien erkannten &bdquo;ihre Stunde“.Sie stellten einmütig das &bdquo;große wertvolle Gelände zur Verfügung, nahe dem Stadtkern – ein Gelände, groß genug, um alle Badebedürfnisse, gegenwärtige und zukünftige, darauf zu befriedigen.“ Ebenso einmütig wurden die beträchtlichen Baukosten genehmigt. 28.000 Arbeitstage waren für den Bau des Bielefelder Freibads notwendig Auch das Deutsche Reich und der Preußische Staat ließen &bdquo;sich davon überzeugen, daß etwas für Bielefeld dringendnotwendiges geschaffen werden sollte“. Sie bewilligten reiche Beihilfen. Oberbürgermeister Stapenhorst dankte allen am Werk Beteiligten und besonders dem Stadtoberbaurat Friedrich Schultz (1876-1945). Etwa 28.000 &bdquo;Tagewerke“ – Arbeitstage – waren nötig. Der Bau wurde im April 1926 begonnen und war bis zum Oktober weitestgehend fertig gestellt. Schließlich prägte Stapenhorst den Namen der neuen Badeanstalt: &bdquo;Unser Bielefelder Stadtbad, so soll es heißen.“ Doch sollte sich diese Namensgebung langfristig nicht durchsetzen. In einer Ausgabe der Westfälischen Zeitung (4. August 1943) wurde – offensichtlich – erstmalig der Begriff &bdquo;Wiesenbad“ verwendet. Die heutige Werner-Bock-Straße führte seiner Zeit den Namen &bdquo;Wiesenstraße“. Heute existiert eine Straße gleichen Namens im Bereich Milse. Vermutlich wurde die Bezeichnung nach der Neugliederung 1973 dorthin transferiert. Der Macher des Wiesenbads entwarf auch die "Bürgerwache" auf dem Siegfriedplatz Der in Stettin geborene Friedrich Schultz, seines Zeichens Stadtoberbaurat von Bielefeld, war der eigentliche Schöpfer des Wiesenbades. Nach Schulzeit und Architekturstudium in Stettin und Berlin sowie einjähriger Militärzeit schloss er seine Ausbildung bei der Regierung Potsdam ab. 1905 trat er eine Stelle bei der Stadt Oppeln an und wechselte drei Jahre später nach Bielefeld. Nach seiner Wiederwahl 1920 erhielt er 1923 den Titel Stadtoberbaurat. Bis zu seinem Tod am 6. Januar 1945 war er rastlos tätig. Geprägt waren seine Gebäudeentwürfe – unter anderem für das Haus der Technik, die Handwerker- und Kunstgewerbeschule, die &bdquo;Bürgerwache“ oder den Sennefriedhof – von &bdquo;schlichter Funktionalität“. Auch das Wiesenbad kann als &bdquo;Muster einer neusachlichen Sportstätte dienen“, so das einhellige Urteil von Architektur-Experten. Bereits drei Tage vor der eigentlichen Eröffnungsfeier am Sonntag, 8. Mai 1927, hatte Bielefeld sein Stadtbad zwischen Wiesen- und Bleichstraße bereits inoffiziell in Betrieb genommen. Am Sonnabend, 7. Mai, waren es &bdquo;nicht weniger als 5.000 Menschen, die schwimmend, badend und planschend die Wochenendfreiheit in vollen Zügen genossen“. Zur Eröffnung des Bielefelder Wiesenbads gab es ein Massenschwimmen, im Krieg wurde es stark beschädigt Nach der Festouvertüre betrat Stadtoberbaurat Schultz &bdquo;die Kommandobrücke des Sprungturms“ und hielt seine Ansprache. Danach folgte das Anschwimmen. Die Festgemeinde zog schließlich in den Garten der &bdquo;Eintracht“ am Klosterplatz um und nahm an einer Kaffeetafel Platz. Dort hielt Oberbürgermeister Stapenhorst seine Rede. &bdquo;Der schwimmsportliche Teil wurde mit einem Massenschwimmen des Bielefelder Schwimmvereins eingeleitet. Ein eigenartig reizvolles Bild war es, als die Wasserfläche mit 140 schwimmenden Köpfen übersät war“, so notierte der Redakteur in der Westfälischen Zeitung (9. Mai 1927). Einen zentralen Programmpunkt stellten die Schulstaffelwettkämpfe dar. Im Mittelpunkt der Eröffnung aber standen die Springvorführungen zweier illustrer Gäste, deren Namen&bdquo;einen hohen Klang im deutschen Schwimmsport“ hatten: Hans Luber (1892-1940) und Ewald Riebschläger (1904-1993). Ihre Darbietungen fanden den &bdquo;donnernden Applaus der Zuschauer“. Hans Luber hatte 1912 bei den die Silbermedaille im Kunstspringen gewonnen. 1926 und 1927 holte er jeweils die Europameisterschaft. Ewald Riebschläger errang 1927 in Bologna und 1931 in Paris den Europameister-Titel im Kunstspringen vom 3–Meter-Brett. Den Abschluss der schwimmsportlichen Darbietungen bildete ein Wasserballspiel. Das Freibad an der Wiesenstraße wurde im 2. Weltkrieg stark beschädigt. Doch schon 1946 ging es wieder in Betrieb. Im Jahre 1985 sollte es geschlossen werden und einem Straßenkreuz weichen. Eine Bürgerinitiative verhindert dies. Dank der Unterstützung des Landes Nordrhein-Westfalen fand eine umfängliche Sanierung des Freibades statt. 1988 konnte es deshalb wieder eröffnet werden. Heute können die Badegäste auf gut 2.600 Quadratmetern Wasserfläche schwimmen.

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