Zimmer zu vermieten: Bielefelder organisieren ihren eigenen sozialen Wohnungsbau

Bielefeld. Fünf Monate nach dem Kauf der Immobilie von der Stadt nimmt die Initiative &bdquo;Petristraße 2“ die nächste Hürde auf ihrem Weg zum selbstverwalteten sozialen Wohnungsbau: &bdquo;Wir haben den Bauantrag gestellt und hoffen, dass wir bald mit der Sanierung beginnen können“, berichtet das Kollektiv jüngst kurz vor der Plenumssitzung. Die stand diesmal ganz im Zeichen des geplanten Kultur-Festivals &bdquo;Open House“, das an diesem Sonntag (23. Juli) auf den zwei Etagen sowie im Hof des Gründerzeithauses stattfinden wird. &bdquo;Bisher hätten sich über 20 Künstlerinnen und Künstler sowie diverse Musiker angemeldet“, erzählen die Kulturschaffenden, die sich damit auch eine Auszeit gönnen von den sonst üblichen Arbeitseinsätzen an den Wochenenden. Ausschreibung für Mehrfamilienhaus läuft So seien die Fußböden raus, die Heizkörper demontiert und es würden nur noch Wände stehen, die von den Fachleuten abgebrochen würden: zwei Mulden mit Schutt und Müll hätten bereits das Haus verlassen. &bdquo;Ende des Jahres soll dann die Sanierung starten“, heißt es am runden Tisch. Ein weiterer großer Schritt für die Initiative wäre die zukünftige Aufnahme unter dem Dach des Miethaussyndikats. Der Verein fungiert nicht nur als moralische Instanz, um die sozialen Ziele der Projekte auf Dauer zu gewährlsieten, sondern auch als juristische Institution, die als Miteigentümer im Grundbuch jeden kommerzielle motivierten Verkauf unmöglich macht. In Berlin kam es jüngst zum Skandal, als ein mit vielen öffentlichen Mittel saniertes Haus von den Eigentümern für einen hohen Millionen-Betrag verkauft werden sollte. Die Idee hinter dem Mietshauskonzept ist das Schaffen von selbstverwalteten Immobilien, die langfristig Wohnraum anbieten zu moderaten Preisen, abgekoppelt vom marktüblichen Rendite-Streben. Während der klassische Soziale Wohnungsbau nur in den Jahren der vertraglich vereinbarten Mietbindung günstiger anbietet und die Preise danach individuell steigen, soll es in der Petristraße und um Hakenort andersherum funktionieren: Dort werden die Mieten für die erste Generation nicht wirklich günstig sein, müssen die aufgenommenen Kredite für Kauf und Sanierung ganz normal getilgt werden, mangels Gewinnstreben sollen die Mieten dann später wieder sinken, während sie auf den normalen Wohnungsmarkt stetig steigen. Nach dem jahrzehntelangen erzwungenen Leerstand der Petristraße 2 und vor der kommenden Zeit als Baustelle solle dort diesen Sonntag "noch einmal etwas Schönes passieren", wie die Aktiven der Initiative erzählen: darum das Festival für die Anwohner und Nachbarn. Dass sich das Außengelände dabei sehr überschaubar präsentiert, liegt am Bauzaun zum Nachbargrundstück. Das hatte Eigentümer Karl Jörg Kollmeyer jüngst befreien lassen von einem alten Garagenkomplex sowie zwei ehemaligen Werkstatthallen. Sein visionärer Großvater hatte das stattliche Haus am Eingang zum 5. Kanton einst erbaut als Sitz für das familieneigene Fuhrunternehmen samt angeschlossenem Kolonialwarenladen und Eckkneipe. Den wilhelminischen Concept-Store verkaufte die Familie später an die Stadt, weil die das Grundstück brauchte für eine Straße, die sie dann doch nicht baute. Seitdem rottete das unbewohnte Haus vor sich hin, Kollmeyer blieb der Rückkauf politisch verwehrt, die Initiative erhielt per Ratsbeschluss den Zuschlag. Der Spediteur in vierter Generation plant alternativ ein Mehrfamilienhaus auf seinem Nachbargrundstück, bremste das Projekt kurzfristig wegen massiv gestiegener Baukosten und bot das Gesamtpaket zum Verkauf an – doch er ist wieder zurück im Geschäft: Am Bauzaun werben die Abbruchspezialisten von Hagedorn, auf dem Grundstück sprießt das übliche Brachengras. &bdquo;Die Ausschreibung läuft“, erklärt Kollmeyer. Der geplante Baubeginn sei noch in diesem Jahr. &bdquo;Open House“ in der Petristraße 2 Und auch bei den Nachbarn im Süden geht es voran: Die Bewohner des Hakenorts 42 konnten ebenfalls ihre Immobilie aus dem Besitz der Stadt erwerben. Der Kaufpreis sei über Direktkredite finanziert, und als erste Sanierungsmaßnahme soll das Dach erneuert werden, erzählt Christian Fabek – und gegenwärtig seien sogar noch Zimmer frei. Am vergangenen Wochenende hatte die Generationen-WG zum Flohmarkt geladen, und die Spaziergruppe von TSVE und Stadtsportbund habe sogar die Runde verlegt für einen Abstecher zu Kaffee und Kuchen auf dem Flohmarkt – der 5. Kanton kommt immer mehr in Fahrt. Das belege auch die stetig steigende Besucherzahl des regelmäßig veranstalteten Kanton-Treffs, sagt Fabek. Der sich mit seinen Hausgenossen schon aufs &bdquo;Open House“ nebenan freut: am Sonntag, 23. Juli von 12 bis 20 Uhr in der Petristraße 2.

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