Bielefelds gute Stube hat Probleme: Neues Restaurant am Alten Markt kommt viel später

Bielefeld. Erst schloss das Café Thumel am Gehrenberg, dann gab zum Bedauern vieler auch das Traditionsrestaurant Wernings Weinstube am Alten Markt im Dezember vergangenen Jahres auf. Die gastronomische Meile im Zentrum der Altstadt bekam Risse. Das ehemalige Rathaus, angemietet durch das Theater am Alten Markt (TAM), war um eine Attraktion ärmer und der Kern der Altstadt wirkte öder. Doch am 15. Dezember präsentierte der städtischen Immobilienservicebetrieb (ISB) als Eigentümer des Gebäudes gemeinsam mit dem TAM einen neuen gastronomischen Pächter. Andreas Oehme, Betreiber von Sternzeit Catering und bereits mit seiner erfolgreichen Tapas-Bar Lorca im TAM, stellte sein gastronomisches Konzept vor. Anfang Mai dieses Jahres, pünktlich zur Biergartensaison, sollte Neueröffnung sein, hieß es seinerzeit . Doch der neue Pächter hatte seine Rechnung ohne die Unabwägbarkeiten beim &bdquo;Bauen im Bestand“ gemacht. Bis heute haben die Sanierungs- und Umbauarbeiten noch nicht begonnen. Das Lokal ist leer geräumt Das Lokal im Keller ist leer geräumt, geblieben sind die Holzvertäfelungen an den ansonsten kahlen Wänden, hier und da brennt eine schmucklose Glühbirne. Andreas Oehme steht in den Startlöchern und würde lieber heute als morgen dem Restaurant neues Leben einhauchen. Wir haben uns auf Spurensuche begeben, woran es im Augenblick noch hapert. Eva Schreiber, Bauingenieurin und Architektin beim ISB und für das Projekt zuständig, hat durch die entkernten Katakomben geführt. Sie hatte im Januar die Aufgabe bekommen, das Objekt zu sanieren. Ihre Vorgabe war, dass täglich 300 Essen die Küche verlassen sollen. &bdquo;Im Dezember wurde das neue Gastronomiekonzept vorgestellt, doch die Menge an Essen wurde derzeit noch nicht kommuniziert“, erklärt die Architektin. Wir stehen in der weiß gefliesten Küche, die bis auf einen kleinen Betonsockel in der Mitte total entkernt ist. Der Stromverteiler-Kasten macht mit seinen alten Drehsicherungen einen veralteten Eindruck. Und da liegt das erste Problem. &bdquo;Im Augenblick haben wir nur eine Stromleistung von 55 Kilowatt, doch die neuen Ansprüche liegen bei 100 oder 150 Kilowatt. Welche Anschlussmöglichkeiten haben wir überhaupt. Was gibt der Transformator, der unter dem alten Rathaus liegt, her, damit wir aufstocken können? Dieses Problem war nicht derzeit klar definiert“, erzählt Schreiber. Und neue Stromleitungen müssen im gesamten gastronomischen Bereich gelegt werden. Neue Fettabschneide-Anlage muss her Und dann geht es weiter, zum nächsten und größten Problem. Während Wernings Weinstube noch mit einer mobilen Fettabscheide-Anlage auskam, wird es bei der Vielzahl der jetzt geplanten Essen haarig. Eine neue, große und stationäre Einrichtung, um Fette und Öle vom Abwasser zu trennen, muss her. Ohne diese professionelle Anlage, so groß wie eine Garage, gäbe es keine Betriebserlaubnis. &bdquo;Zunächst haben wir daran gedacht, sie in der Fußgängerzone zu versenken. Doch das große Loch hätte vermutlich einen Aufschrei gegeben. Jetzt müssen wir den Fettabscheider im Keller installieren, wobei das Restaurant bereits im Keller liegt. Scheibchen für Scheibchen müssen wir jetzt den Betonboden wegreißen und dann irgendwie darunter neuen Beton gießen“, sagt Schreiber. Und das Theater dürfe nicht mit einem unangenehmen Geruch der Anlage durchflutet werden. Ingenieure brauchen genaue Zahlen. Daran war im Dezember nicht gedacht worden. Baupläne aus den Nachkriegsjahren Bei den Bauarbeiten an der Substanz kommt erschwerend hinzu, dass die älteste Baupläne aus den Nachkriegsjahren stammen, das Hauptgebäude jedoch vor vielen hundert Jahren gebaut wurde. Da können überall Überraschungen warten, Flexibilität ist gefragt und ein Plan B muss immer in der Schublade sein. Das Schlimmste wäre, wenn bei den Ausschachtungsarbeiten noch alte Tonscherben gefunden würden, sagt die Ingenieurin lachend. Eva Schreiber breitet große Baupläne aus, Quer- und Längsschnitte, Wände, die weggerissen werden müssen und 1,50 Meter dick sind. Am Montag sollen die Rohbauer mit ihrer Arbeit beginnen, bei Problemen stehen die Statiker bereit. Sofort hatte die Architektin den nötigen Arbeitsaufwand nicht erkannt. Am Anfang dachte sie noch, die Arbeiten innerhalb von zwei Monaten stemmen zu können. Eine halbe Millionen Euro werden es werden Ein drittes Problem, die Erneurung der Lüftungsanlage, die durch das gesamte Haus und damit auch durch das Theater läuft, ist vermutlich leicht zu händeln. Seriös kalkuliert und positiv gedacht hofft Schreiber jetzt, dass Gastronom Oehme Ende September einziehen kann. Wenn denn nicht neue Probleme auftauchen. Einige Gewerke müssen bundesweit ausgeschrieben werden, die städtische Vergabeordnung setzt halt Grenzen. Bei einer europäischen Ausschreibung wäre das Objekt in zwei Jahren noch nicht fertig, so Schreiber. Die Kosten für die Sanierung hat sie auch grob kalkuliert. Eine halbe Million Euro werden es wohl werden, damit das Wohnzimmer der Stadt, der Alte Markt, wieder mit einem renommierten Restaurant für die Stadtgesellschaft glänzen kann.

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