Volles Risiko bei Bielefelds kultigster Fahrrad-Versteigerung

Bielefeld. Plötzlich gibt es ein Duell: Denise Büker gegen einen ihr fremden Mann. Der steht vor ihr. Es geht hin und her im Ringen um das gut ausschauende Mountainbike. Gebot jagt Gebot. 80. 90. 100. 105. 110. 120. Dann, mit dem 120-Euro-Gebot von Büker, gibt der Mann auf, der unbekannte Gegner. Und Büker ist plötzlich Eigentümerin eines ihr ebenso unbekannten Fahrrades. Keine Probefahrt, kein Probesitzen, nicht einmal eine Technik-Kontrolle. "Ich bin ins Risiko gegangen", weiß die junge Frau. Zum ersten Mal ist sie bei der Fahrrad-Versteigerung, die einen gewissen Kult-Charakter hat. Fundstücke, die nach einem halben Jahr nicht abgeholt worden sind. Zum ersten Mal dabei ist auch Auktionator Wolfgang Maaß. Er grinst, erklärt, wie er im Amt zum kuriosen Job kam: "Es war wie im Dschungelbuch - da heißt es ,Freiwillige' vor, und alle gehen einen Schritt zurück, so dass ein Elefant plötzlich vorne steht." So sei es ihm ergangen. Das besondere Ziel des Auktionators Aber er hatte weder schlaflose Nächte noch sonstige Albträume. "Wir sind ein sechsköpfiges Team, das wird schon gut laufen." Ein Kassiererin, zwei Fahrradschieber im Keller, zwei oben an der Plattform, auf der die Räder kurz gezeigt werden. Und der Mann ganz vorne. Maaß: "Ich bin sicher nicht der geborene Auktionator, aber ich habe ein Ziel - ich will den bisherigen Schnitt von 36 Euro pro Fahrrad toppen." Von Fahrrad zu Fahrrad freundet sich Maaß spürbar mehr mit seiner ungewohnten Rolle an, er hat Spaß, das Publikum zieht mit. Maaß wirft schnell die von ihm selbst anfangs erklärte Regel "Immer in Ein-Euro-Schritten" über Bord, es dauert ihm zu lange, als bei einem Mountainbike unendlich oft die Arme hochgehen und es heißt "32, 33, 34, 35, 36" ... nee, dann lieber klare Zurufe. Am besten in sauberen Schritten - so lobt er dann auch einen Bieter für den Zuruf "hundert Euro" mit der Antwort "Na, das ist doch ein Wort!" Für eine "achtzig Euro" bekommt ein anderer Bieter etwas später das Kompliment "glatte Zahl, ja, so ist es richtig!" Es läuft. E-Bike ohne Akku Fahrrad um Fahrrad geht weg, einige als sichtbares Schnäppchen, bei anderen bleiben ob des Preises Fragezeichen. Nur eine Handvoll der 88 Räder sind E-Bikes, teilweise ohne Akku. Ein E-Scooter geht weg für 80 Euro - ohne Kenntnis der Akku-Qualität. Ob der Mut belohnt wird? Auch Denise Büker ist sich noch nicht so ganz sicher, ob sie ein Schnäppchen gemacht hat. "Eigentlich lag meine Grenze bei 80 Euro, aber dann wurde es doch mehr", sagt sie schmunzelnd. Für sie steht fest: Das durchaus schicke Mountainbike der Marke "Conway" kommt jetzt zum Fahrradhändler - und danach werde feststehen, ob die Auktion ein Volltreffer war, oder nicht. Ob ihr Ziel, ein leichteres Fahrrad als das aktuelle Hollandrad zu ersteigern, für einen vernünftigen Preis erreicht ist. Der Weg zur Arbeit soll einfacher werden. Das ist ihr das Risiko wert. Sprüche für die gute Laune Einiges wert ist am Samstag vor dem Ordnungsamt so manchem Bieter ein Rad - Auktionator Maaß jedenfalls schafft sein Tagesziel, zwar sei das Geld noch nicht gezählt, aber er sei sich sicher, dass er die bisherigen 36 Euro pro Rad getoppt habe, sagte er nach der Auktion zufrieden. Auch ein Grund für Zufriedenheit: "Alle 88 Räder sind weggegangen - für einen bis 300 Euro." Die gab es natürlich für ein E-Bike. Unterm Strich dürften 3.000 bis 4.000 Euro zusammengekommen sein. Sprüche wie "Ratenzahlung haben wir nicht im Programm" und "Dieses blaue Panasonic-Rad hat echt dünne Reifen und ein wirklich schönes Ritzel" tragen letztlich dazu bei, dass alle ihren Spaß haben, die Portemonnaies öffnen und zuschlagen. Die erste städtische Fahrrad-Auktion nach vier Jahren Corona-Pause ist also ein Erfolg. Vermutlich auch für Denise Büker, die wohl ab Mitte Mai mit ihrem extraleichten Mountainbike beflügelt und zufrieden zur Arbeit von Schildesche nach Gadderbaum radeln dürfte.

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