Eigentümer und Hausverwaltungen in Bielefeld entnervt vom Reanovo-Konzern

Bielefeld. &bdquo;Wenn wir vorher gewusst hätten, was da alles auf uns zukommt, dann hätten wir es gelassen“, sagt Anja Euskirchen: &bdquo;Es hatte sich ja herumgesprochen, dass es Probleme gibt mit Reanovo, doch im Laufe der Jahre muss es immer schlimmer geworden sein.“ Die toughe Hausverwalterin besitzt in der Branche einen Namen und ein Büro gleich um die Ecke von der Nobelstraße. In der dortigen kleinen Schildescher Siedlung leben Axel Upmann und seine Frau Michaela in den eigenen vier Wänden in einem Mehrfamilienhaus aus den 50ern. Bis zur Übernahme ihrer Hausverwaltung durch die Firma Foncia, die mittlerweile Reanovo heißt und unter dem Dach der Esset Germany GmbH agiert, als deutsche Tochter des französischen Multis Emeria, habe es keine Probleme gegeben, so Upmann. Sie und die elf anderen Parteien der Wohneigentümergemeinschaft (WEG) hätten sich immer gut betreut gefühlt. Doch nach dem unangemeldeten Besitzerwechsel sei es stetig bergab gegangen. &bdquo;Bis heute liegt uns keine Abrechnung für das Jahr 2020 vor“, beklagt der Techniker. Nach dem NW-Bericht über den Immobilienmakler Peter Kramer aus Sennestadt und dessen Kampf mit dem Multi, haben sich weitere WEGs mit identischen Problemen gemeldet. Kramer besitzt drei Eigentumswohnungen in zwei von Reanovo verwalteten WEGs. Weil auch ihm und seinen Mitstreitern die Abrechnungen vergangener Jahre fehlen, alle möglichen Kontaktversuche unbeantwortet blieben und die Konten mit dem Hausgeld sowie den Rücklagen ohne Rücksprache zu einer anderen Bank transferiert wurden, erstattete Kramer kurzerhand Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Bielefeld. Und auch bei der Staatsanwaltschaft Berlin laufen Ermittlungen, wie ein Sprecher der Behörde bestätigte. Kontotransfer zur Aarealbank Axel Upmann und seine WEG konnten sich im November 2021 von Reanovo trennen, da der Vertrag ausgelaufen war. Ausgestattet mit dem Mandat der WEG holte Anja Euskirchen besagte Konten mit dem Hausgeld und den Rücklagen als erstes aus Wiesbaden wieder zurück nach Bielefeld. Reanovo soll damals ohne das Wissen der Eigentümer die Konten zur Aarealbank transferiert haben. Auf die Frage, ob sie das denn überhaupt dürfe, richtet ein Sprecher des Unternehmens aus: &bdquo;Eigentlich darf eine Hausverwaltung nicht eigenmächtig Bankkonten kündigen, es sei denn, es ist im Verwaltervertrag anderweitig geregelt. Ansonsten bedarf es einen Entscheid der WEG.“ Den habe es aber nie gegeben, sagt Upmann. Egal. Die Kontokontrolle sei zurück, doch wegen der fehlenden Abrechnungen lassen sich beispielsweise Gelder in Höhe von 5.000 bis 6.000 Euro nicht eindeutig zuordnen, und die Insztandhaltungsrückläge kann nicht exakt bestimmt werden. Das lasse sich hoffentlich demnächst ausbuchen, wenn denn endlich mal die Belege auftauchen würden. Das sei mit das Schlimmste, sagt Euskirchen: das Durcheinander der Daten, das Fehlen von Belegen aller Art, eine partielle nicht vorliegende Buchhaltung der Jahre 2020 und 2021. Das sei ein Zustand, den die Finanzbehörden ganz und gar nicht gutheißen, sondern eher strafen in Form von Schätzungen. Beleg-Recherche als Beschäftigungstherapie Insgesamt betreut Euskirchen mittlerweile vier ehemalige Reanovo-WEGs und hat zwei Mietverwaltungen aus den Händen des Multis übernommen. Doch weil es von Seiten des Konzerns an Kooperation mangele, müsse sie mit ihren Mitarbeitern hinter allem her suchen, was einer kostspieligen "Beschäftigungstherapie" gleichkomme. Diesen Zustand kritisiert auch Stefan Landmann aus Quelle. Seine Hausverwaltung übernahm zwei Reanovo-Relikte und forscht seitdem hinter verlorenen oder vorenthaltenen Daten her. Was alle eint bei der Sisyphusarbeit, ist das Einschalten von Anwälten, um den Forderungen mehr Nachdruck zu verleihen - bisher eher mit bescheidenem Erfolg. Selbst auf das Zurückhalten von verpflichtenden Zahlungen gebe es keine Reaktion, klagen die WEGler, schließlich sei eine Mahnungen auch ein Form von Kontakt. Stefan Landmann überlegt, ob er das Geld für die vielen zusätzlichen Stunden auf der Suche nach Rechnungen und Belegen beim Verband der Immobilienverwalter (VDIV) einfordert, zumal Reanovo dort Mitglied ist. Und Verbandsmitglieder seien mit einer Verbandschadenhaftpflichtversicherung dort versichert. Das setze zwar einen Vorsatz voraus, doch wer wisse schon, was die wahren Gründe seien für die Geschäftspraktik. Statement von Reanovo Ein Sprecher des Multis erklärt die Situation so: "Aufgrund von Personalausfällen während des Höhepunktes der Coronapandemie konnten wir nicht alle Abrechnungen fristgerecht erstellen – aktuell werden die Abrechnungen nachgearbeitet. Wir werden der Pflicht zur Erstellung der Abrechnungserstellung lückenlos nachkommen. Wenn wir dies mit eigenen Ressourcen nicht schaffen, greifen wir auf Dienstleister zurück." Und auch das geschrumpfte Bielefelder Büro am Adenauerplatz bleibe zukünftig erhalten als Hauptstandort für Münster, Bielefeld und das regionale Umland. Der französische Mutterkonzern hat sich bisher noch nicht zu den Vorgängen in Bielefeld geäußert.

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