Wochenkommentar Das Pokerspiel um den Karstadt-Standort

Bielefeld. Die Idee, alles unter einem Dach anzubieten, funktioniert nicht mehr, hat die Siegener Professorin und Handelsexpertin Hanna Schramm-Klein in dieser Woche im Deutschlandfunk gesagt, nachdem Galeria Karstadt Kaufhof seine Schließungsliste öffentlich gemacht hatte. Bielefeld steht auch drauf. Ende Januar 2024 soll Schluss sein an der Bahnhofstraße. Schramm-Klein hat noch etwas angefügt: Die Städte, die es nun getroffen habe, hätten im Grunde schon seit Jahrzehnten mit solch einem Schritt rechnen müssen. Und jede Stadt, die auf die Schließung nicht vorbereitet gewesen sei, müsse sich dieses Defizit selbst ankreiden.Darin steckt viel Wahrheit. Dennoch will man in Bielefeld weiter um sein letztes Kaufhaus kämpfen. Hinter den Kulissen hat längst ein Pokerspiel begonnen. Auf einmal kann sich Galeria Nachverhandlungen vorstellen. Auch die Besitzer des Karstadt-Gebäudes, der Immobilienentwickler Philipp Freiherr von Bechtolsheim und die Frankfurter Zamberk Real Estates Venture (ZREV), werben weiterhin um Galeria als Partner für die Revitalisierung des Riesengrundstücks, auf dem sich das Kaufhaus befindet. Und aus dem Rathaus ist ebenfalls zu hören, dass da noch was geht. Dass Galeria mit harten Bandagen kämpft, zeigt der Mietpreis, der jetzt für das Kaufhaus aufgerufen wird. Fünf Euro pro Quadratmeter sind weniger als bei einer Sozialwohnung. Qualität der Immobilie als Existenzfaktor Den mehr als 100 Karstadt-Beschäftigten wäre eine glückliche Wendung, wie es sie auch 2020 schon einmal gegeben hat, allemal zu wünschen. Ihre Kolleginnen und Kollegen an den Galeria-Standorten in Bayreuth, Erlangen, Oldenburg, Rostock und Leipzig haben die erlösende Nachricht schon erhalten. Deren Häuser bleiben nun doch geöffnet, obwohl auch sie eigentlich geschlossen werden sollten. Aber selbst, wenn es auch in Bielefeld klappen sollte: Das Kaufhaus, so wie wir es jetzt kennen, würde nicht wiederkommen. Ein neues wäre kleiner, müsste das Besondere und Ausgefallene bieten, um auf dem Markt und vor allem gegen die Online-Konkurrenz bestehen zu können. Es müsste eingebettet sein in einen Mix aus Handel, Gastronomie, Arztpraxen und Wohnen. All das passt auf die 8000 Quadratmeter große Grundfläche. Entscheidungsgremium statt Debattierclub Und wie war das nochmal? Jede Stadt, die sich nicht auf die Schließung vorbereitet habe, müsse sich das selbst ankreiden, hatte die Wissenschaftlerin gesagt. Auch in Bielefeld. Ist man viel zu spät auf die Idee verfallen, in einer gemeinsamen Kraftanstrengung die Innenstadt wieder auf Vordermann zu bringen. Die XXL-Koalition, die sich Ende vergangenen Jahres im Rat zur Wiederbelebung und Stärkung der City gebildet hat, muss nun auch liefern. Sie muss Anreize schaffen, damit die Menschen möglichst schnell wieder gerne in die Stadt kommen. Da bedarf es keiner 60-köpfigen Diskutierrunden wie beim Projekt Altstadt-Raum, sondern zügiger Ergebnisse. Die Karstadt-Investoren haben in dieser Woche zu Recht darauf hingewiesen, dass in Bielefeld zu viel in den politischen Debatten steckenbleibe. Dabei geht es doch darum, der Stadt die Vitalität und Strahlkraft zu erhalten, die sie als Oberzentrum der Region braucht.

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