Suchthilfe: Stadt Bielefeld plant eigene Praxis für schwer drogenabhängige Menschen

Bielefeld. Die Ankündigung des Düsseldorfer Arztes Christian Plattner, über seinen Medikus-Praxisverbund in Bielefeld eine Diamorphin-Praxis für bis zu 400 Heroinabhängige zu schaffen, hatte im vergangenen Jahr auch die Stadt auf den Plan gerufen. Die Pläne für eine eigene Diamorphin-Praxis am Drogenhilfezentrum an der Borsigstraße werden nun konkreter. Dessen Betreiber, der Verein Drogenberatung und ein niedergelassener Arzt sollen eng kooperieren. Neben dem Drogenhilfezentrum soll auf dem bisherigen Parkplatz für knapp 1,4 Millionen Euro ein Praxisgebäude neu errichtet werden. Bauherr könnte der Verein Drogenberatung sein. Eine Praxiseröffnung im kommenden Jahr ist angedacht. &bdquo;Wir wollen unser Angebot auf Menschen mit Wohnsitz in Bielefeld begrenzen“, sagt Sozialdezernent Ingo Nürnberger. Dabei handele es sich aber ausdrücklich nicht um ein &bdquo;Medikus-Verhinderungsprojekt“. Vielmehr solle ein neuer wichtiger Baustein in der Bielefelder Suchthilfelandschaft etabliert werden. Der Rat hat einer Diamorphinpraxis nach einem &bdquo;Bielefelder Modell“ schon zugestimmt. Jetzt wird der Sozialausschuss über weitere Details der Planung informiert. Diamorphin ist pharmazeutisch hergestelltes Heroin. Es wird nach strengen Kriterien nur an Schwerstabhängige abgeben. Dies passiert in der Regel ein- bis zweimal am Tag. In Ausnahmefällen sei auch eine Abgabe dreimal täglich erforderlich, sagt Felix Heckersdorf, Suchthilfeplaner im städtischen Büro für integrierte Sozialplanung und Prävention. Noch kein Medikus-Antrag Die Bielefelder Lösung habe den Vorteil, dass die Abhängigen nach der Abgabe einen normalen Alltag leben könnten. Auch Berufstätigkeit sei möglich. In die Medikus-Praxis kämen die Patienten aus ganz OWL, könnten bei zwei bis drei Terminen pro Tag in der Praxis meist keiner geregelten Tätigkeit mehr nachgehen. Im Drogenhilfezentrum an der Borsigstraße wird bereits Methadon zur Substitution an Abhängige abgegeben. Von der neuen Praxis könnten auch das angeschlossene Café oder das sozialarbeiterische Angebot der Anlaufstelle genutzt werden. &bdquo;Es ergeben sich eine Reihe von Synergieeffekten“, sagt Nürnberger. Das reiche auch bis zum notwendigen Sicherheitsdienst und den Alarmanlagen. Der Sozialdezernent verschweigt nicht, dass die Einrichtung einer eigenen Diamorphinpraxis auch Risiken berge. So müsse zunächst ein Mediziner gefunden werden, der auch über einen Kassensitz verfüge. Damit sich die Praxis wirtschaftlich trage, sei eine Zahl von dauerhaft 55 Patienten erforderlich. Über die Details der Zusammenarbeit zwischen Stadt, dem Verein Drogenberatung und dem Mediziner müsse noch verhandelt werden. Bei der Bezirksregierung in Detmold liegt bislang kein Antrag der Medikus-Gruppe auf Genehmigung ihrer Bielefelder Praxis vor. Sie soll im ehemaligen Hauptpostamt an der Nahariyastraße eingerichtet werden. Betreiber Christian Plattner hatte angekündigt, auch für die Betreuung seiner Patienten sorgen zu wollen. Medikus unterhält bereits Diamorphin-Praxen in Düsseldorf, Wuppertal, Holzwickede und Iserlohn. Sorgen der Anwohner Bei den Anwohnern vor allem im benachbarten Ostmannturm-Viertel besteht die Sorge, dass ihr durch Drogenhandel und Drogenprostitution beeinträchtigtes Quartier noch mehr schaden nehmen könnte, wenn beide Diamorphin-Praxen eröffnen würden. &bdquo;Diese Sorgen müssen wir ernst nehmen, werden auch Vorschläge dazu machen“, verspricht Nürnberger. Er geht allerdings nicht davon aus, dass zumindest die städtische Praxis an der Borsigstraße zu mehr Belastungen führen könnte. Schließlich ermögliche Diamorphin, vom schmutzigen Straßenheroin wegzukommen.

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