Weniger Spielplatz, mehr Häuser: Bielefelds Kesselbrink als attraktives Wohnquartier mitten in der City

Bielefeld Sie haben über Jahre Bielefelds Stadtentwicklung mitgeprägt. Florian Mausbach war Planungsdezernent, bevor er als Bundesbaudirektor nach Berlin ging, dort Präsident des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung wurde. Herbert Jaspert führte 13 Jahre lang Ostwestfalens größte Wohnungsgesellschaft, die BGW. Unter seine Ägide entstanden – zumeist auf der Grundlage städtebaulicher Wettbewerbe – öffentlich geförderte Wohnbauten, unter anderem am Paulusplatz, Am Vollbruch, Bleichstraße, Moenkamp, Rabenhof, Dahlemer Straße, auch Projekte wie zuletzt das Wohngebiet auf dem Gelände der früheren Harrogate-Kaserne. Beide sorgen sich um das Erscheinungsbild der Kommune – und benennen unabhängig voneinander einen Ort, den sie ganz anders gestalten möchten: den Kesselbrink. "Der Kesselbrink ist mit seinen 25 000 Quadratmetern viel zu groß – er ist kein Platz“, sagt Jaspert. Diese Fläche weitgehend unbebaut zu lassen, sei ein großer Fehler gewesen. Selbst wenn das Areal von Wohn- oder innenstadtgerecht gemischt genutzten Gebäuden umsäumt sei, bleibe immer noch Raum für einen Treffpunkt in der Innenstadt, der vielleicht sogar die städtebauliche Qualität eines Siegfriedplatzes erreichen könne. Gleichzeitig könne viel neuer Wohnraum geschaffen werden, der dringend benötigt werde. Jaspert sieht im Kesselbrink die Chance für ein innerstädtisches Quartier mit hoher Lebensqualität. Und – der Aufwand für diese städtebauliche Neuordnung bliebe überschaubar. &bdquo;Das Potenzial zu einem urbanen zentralen Stadtplatz hätte der Kesselbrink“, sagt auch Florian Mausbach. Dessen heutige Gestaltung als &bdquo;großer Kinderspielplatz“ könne keine Dauerlösung sein. Der Kesselbrink in seiner jetzigen Form sei &bdquo;trotz aller dekorativen Bemühungen“ eine große leere Fläche ohne städtebauliche Fassung durch die umgebende Bebauung. "In Bielefeld passieren immer die gleichen Fehler" Aus Jasperts Sicht passieren in der Stadt &bdquo;immer die gleichen Fehler.“ Projekte würden begonnen, weil es dafür Fördertöpfe gebe, die dann mit zeitlicher Befristung schnell ausgeschöpft werden müssten. Das sei beim Kesselbrink so gewesen, der seinerzeit für 12,4 Millionen Euro neu gestaltet worden war. Und das sei zuletzt auch beim Jahnplatz der Fall gewesen, dessen Sanierungskosten schließlich auf 27 Millionen Euro nach oben geschnellt waren. Für beide entstünden nun zudem hohe laufende Unterhaltungskosten. &bdquo;Besser ist es, sich losgelöst von bundes- oder landespolitischen Zielsetzungen erst zu überlegen, was man will, und dann nach Finanzierungsmöglichkeiten Ausschau zu halten.“ Schon in der Vergangenheit hatte sich Jaspert dafür ausgesprochen, Kommunen höhere Schlüsselzuweisungen zukommen zu lassen, die dann &bdquo;in Ruhe“ auch für unterschiedliche städtebauliche Projekte genutzt werden könnten. Er weiß, dass er mit dieser Auffassung am Selbstverständnis handelnder Landes- oder Bundespolitiker rüttelt. &bdquo;Eine Bebauung könnte auch die Umgestaltung finanzieren“, bringt Mausbach eine weitere Finanzierungsmöglichkeit für den Kesselbrink ins Gespräch. Auf die &bdquo;unfreundliche Tiefgarage“, die bislang immer als Begründung gegen eine Bebauung und für die fehlende Begrünung herhalten musste, könne verzichtet werden. Voreilige Interessenbekundung am Jahnplatz-Forum Aus Jasperts Sicht setzten sich die Fehlentscheidungen in der Stadtplanung beim Jahnplatz fort. &bdquo;Die neuen Dächer sind zwar gelungen“, sagt er. Es sei aber falsch, zur Unzeit die Eigentümer des Forums Jahnplatz wissen zu lassen, am Erwerb interessiert zu sein. Das treibe am Ende den Preis für die Stadt Bielefeld hoch. Auch der Idee, dort ein großflächiges Jugendzentrum unterzubringen, steht er skeptisch gegenüber. Jugendzentren gehörten eher in die Nachbarschaft von Wohngebieten. &bdquo;Auch beim Jahnplatz-Forum gilt: Man muss erst einmal intern klären, was geht und was man will &bdquo;, sagt Jaspert. Das gelte natürlich auch für ein Fahrradparkhaus. Die Chance, mitten in der Stadt mehr Grün und mehr Wasserflächen zu schaffen, sei bei der Sanierung beider Plätze verpasst worden. Andere Städte hätten es vorgemacht, sagt der Bau-Experte und verweist auf das Ruhrgebiet, etwa auf die &bdquo;Grüne Mitte“ in Essen, mitten im Universitätsviertel der Ruhrgebietsmetropole. Dort reihe sich Wasserfläche an Wasserfläche und stärke so den Freizeit- und Erholungswert. Im Sommer dürfe darin geplanscht werden. Projekte wie die Lutterfreilegung in Bielefeld hält Jaspert für wichtig, aber zu kleinteilig. &bdquo;Ein Rinnsal.“ "Der Jahnplatz ist kein Platz" Klare Worte findet Mausbach zum Jahnplatz. Es sei ein Missverständnis, dass der Jahnplatz ein Platz sei. &bdquo;Er ist eine zentrale Verkehrskreuzung ohne Aufenthaltsqualität. Ein Treffpunkt, ja. Aber man trifft sich, um fortzugehen – in die Bahnhofstraße zum Einkaufen, in die Altstadt zum Bummeln, zum Rathaus oder zu anderen Erledigungen.“ Alle Neugestaltungen hätten das Ziel, zeitgemäße Kompromisse zwischen Fußgängern, Radfahrern, Autoverkehr sowie der Stadtbahn zu finden. &bdquo;Der Jahnplatz ist als Verkehrsmittelpunkt und Nabel der Stadt sehr wichtig und offenbar auch ein Ort erregter Identifikation der Bielefelder mit ihrer Stadt, und deshalb immer auch umstritten. Ein zentraler Stadtplatz aber ist der Jahnplatz nicht.“ Jaspert und Mausbach verstehen sich nicht als &bdquo;Besserwisser“. &bdquo;Wir wollen Denkanstöße geben“, sagt Jaspert. Denkanstöße in oft überhitzten Debatten, wie sie bei der künftigen Nutzung des Jahnplatzforums gerade geführt werden.

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