Flüchtlinge bleiben bis mindestens 2035 in Ummeln

Ummeln. Die Aufregung bei den Ummelner Anwohnern war groß, als 2015 bekannt wurde, dass rund 500 Flüchtlinge in die ehemaligen Engländer-Wohnungen im Quartier Zedernstraße untergebracht werden sollen. Zu Hunderten kamen sie in die Kirche, um ihre Ängste und Sorgen der Politik mitzuteilen. Sie äußerten ihr Unverständnis, waren wütend, fürchteten sich vor einer Abwertung ihres Viertels. Und trotzdem versuchten sie zu verstehen, was und wer da auf sie zukommt – wollten mithelfen. Acht Jahre ist das nun her. Mittlerweile sind die Flüchtlinge ein Teil des Viertels geworden und haben hier ihr neues Zuhause gefunden. Der Mietvertrag für die Flüchtlingsunterkunft läuft 2025 aus, schon jetzt steht die Vertragsverlängerung an – und die Verhandlungen dazu liefen alles andere als reibungslos. &bdquo;Anfangs lagen wir schon sehr weit auseinander“, sagt Sozialdezernent Ingo Nürnberger – Details dazu möchte er nicht nennen. Allen Beteiligten sei aber schnell klar gewesen, dass ein Scheitern nicht in Frage kommen dürfe. Für sie alle steht fest: Das Zedern-Quartier ist ein voller Erfolg. Raus aus der Unterkunft, rein ins eigene Heim Beispielhaft dafür steht das Ehepaar Mariam und Zaven Kirakosyan, welches gleich 2015 zu Beginn der Flüchtlingswelle nach Ummeln kam. Mittlerweile leben sie in Jöllenbeck. Mariam arbeitet als Reinigungskraft in einem Altenheim, Zaven hat eine Stelle als Schweißer gefunden. &bdquo;Wir haben uns hier gut eingelebt“, sagen sie. Noch heute kommen beide immer wieder in die Ummelner Gemeinde, um sich zu engagieren und mit anzupacken. Und das Ehepaar Kirakosyan ist kein Einzelfall. &bdquo;Die Zedernstraße ist für viele Flüchtlinge nicht nur eine Unterkunft, sondern Heimat geworden“, sagt Oberbürgermeister Pit Clausen. Das belegen auch die Zahlen: Von den derzeit 358 Flüchtlingen in Ummeln leben 233 in einer klassischen Flüchtlingsunterkunft, 125 sind dort bereits ausgezogen und haben ihre eigenen Wohnungen mit eigenen Mietverträgen bezogen. &bdquo;Sie sind angekommen“, sagt der OB. Im Zedern-Quartier leben vor allem Syrer, Iraker, seit 2022 auch immer mehr Ukrainer und Afghanen. Immer mehr Familien kommen: Kitas gehen auf dem Zahnfleisch Gänzlich ohne Probleme läuft es aber auch im Zedern-Quartier nicht. &bdquo;Es funktioniert vieles, aber es ist auch nicht alles Gold“, sagt Nürnberger. Zwar hält sich die Zahl der Polizeieinsätze in Grenzen, für die angrenzenden Kitas war und ist die Integration der vielen Kinder aber eine Mammutaufgabe. Vor allem seitdem nicht mehr nur alleinstehende Männer vor Krieg und Verfolgung flüchten, sondern ganze Familien kommen und viele Ehepaare hier in Ummeln ihre Familie gründen. Mittlerweile sind knapp die Hälfte der Flüchtlinge unter 24 Jahre alt. &bdquo;2015 und auch 2022 konnten wir die Kinder nicht in den Kitas unterbringen, da wir so viele Kita-Plätze gar nicht hatten“, sagt Nürnberger. Dass die AWO mit ihren Sozialarbeitern deshalb rund 18 Kinder tagsüber selbst betreut, sorgt für enorme Entlastung, bedarf aber einer finanziellen Unterstützung durch die Stadt. Und Stabilität birgt ein solches Brückenprojekt, das als Zusatz für die bereits vorhandenen Betreuungsangebote eingeführt wurde, auch nicht wirklich – es muss jedes Jahr neu beantragt werden. Und die Gelder die vom Land beigesteuert werden, reichen bei weitem nicht aus. Nürnberger: &bdquo;Es bedarf auch einiges an kommunalem Geld.“ Und kritisiert weiter: An diesen Projekten werden &bdquo;viel zu unrealistische Anforderungen gestellt. Welche Erzieherin lässt sich darauf ein, nur für ein Jahr sicher einen Job zu haben.“ Trotzdem ist Kirsten Hopster, AWO-Kreisvorsitzende Bielefeld, mehr als zufrieden, auch weil viele ehrenamtliche Helfer mit an Bord sind. &bdquo;Der Dorfcharakter ist immens wichtig und der ist durchweg positiv“, sagt sie. &bdquo;Wir machen Ummeln bunt.“ Massive Investitionen in Flüchtlingsunterkunft Nicht umsonst stehen deshalb in den nächsten Jahren auch massive Investitionen in die Flüchtlingsunterkunft an. &bdquo;Wir haben hier in den Häusern immer wieder mit Wasserrohrbrüchen zu kämpfen“, sagt Claudia Hoyer von den TAG Immobilien. &bdquo;Da müssen wir ran.“ Daneben sollen auch die Fenster, Heizungen, sowie die Bäder und die Außenanlage auf Stand gebracht werden – vieles versprühe noch den Charme der späten 70er-Jahre. Die Ängste der Anwohner sind heute verflogen. Es funktioniert – sowohl für die, die kommen, als auch für die, die hier leben. OB Clausen wünscht sich auch vom Rest der Gesellschaft einen kompletten Haltungsswitch. Statt einer Abwehrhaltung, die bei vielen noch überwiegt, müsse die Grundhaltung sein &bdquo;Herzlich Willkommen bei uns in Bielefeld.“

Meistgelesen