"Unverschämt": Ambulante Pflegedienste kritisieren massiv die Stadt

Bielefeld. Ohne sie wäre die ambulante Pflege in Bielefeld aufgeschmissen. &bdquo;Aber wir existieren für die Stadt gar nicht“, sagt Mandy Schumacher, Inhaberin des privaten Dienstes &bdquo;Stute, Schumacher und Städing“. Außer, dass sie extrem kontrolliert würden. Nicht nur sie ist aufgebracht. &bdquo;Es ist einfach unverschämt, dass wir kleinen privaten Dienste hier vor Ort nicht miteinbezogen werden, wenn über die Zukunft der ambulanten Versorgung hier in der Stadt diskutiert wird“, sagt auch Ralf Adams, Geschäftsführer von &bdquo;Mobilitas“. Sozialdezernent Ingo Nürnberger hatte dazu nach Insolvenzen mehrerer Dienstleister Akteure zusammengetrommelt. Aber von den über 30 Privaten sei niemand mit eingebunden worden. Dabei hätten sie eine Menge konkrete Ideen, wie die die angespannte Versorgungslage der Pflegebedürftigen gesichert und verbessert werden könnte. Und noch andere Punkte stören Adams und seine Mitstreiter sehr, der jetzt alle Kollegen angeschrieben hat, um sich zu vernetzen. Bisher sind "Via", "Pflegeteam Wittig", "Oldie Pflege Ambulant", "Hornberg Pflege", "Vida Leben", "B.A.P VIOS Psychiatrische Krankenpflege und Eingliederungshilfe", der ambulanter Pflegedienst "Stute Schumacher und Städing" und "Mobilitas" mit dabei. Zugang zur Pflegekonferenz Nicht nur beim von der Stadt organisierten, aktuellen Treffen zum Thema ambulante Pflege würden sie gerne teilnehmen oder zumindest daran teilhaben. Auch zu den laut Pflegegesetz vorgeschriebenen Pflegekonferenzen, die zweimal im Jahr stattfinden müssen, würden sie nicht eingeladen, bemängeln Adams und seine Kollegen. &bdquo;Dafür hätten wir sicherlich auch ohnehin nicht immer alle Zeit, aber wir wüssten zumindest gern, was dort besprochen wird.“ Es sei auch vereinbart worden, Protokolle davon für alle auf den Internetseiten der Stadt zur Verfügung zu stellen. &bdquo;Das ist einmal gemacht worden, dann aber nicht mehr“, kritisiert Esther Lux vom Pflegedienst &bdquo;Vida Leben“. Gut funktioniere hingegen der Austausch in Arbeitskreisen, die es zu verschiedenen Themen wie Tagespflege oder Pflegewohngruppen gibt. Allerdings fehle da der Bereich &bdquo;ambulante Dienste“. Mitreden bei wichtige Themen Sie würden gern mitreden bei wichtigen Themen wie Optimierung von Anfahrten oder auch der Möglichkeit von eventuellen Sonderregelungen in der ohnehin durch die neuen Tarifregelungen schwierigen finanzielle Situation. Dass, wie von der Stadt kritisiert, Autos mehrerer Pflegedienste vor einem Wohnblock stehen, hätte beispielsweise durchaus Gründe. &bdquo;Es ist auch garantiert nicht so, dass wir kreuz und quer durch die Stadt gurken, das wäre nämlich überhaupt nicht wirtschaftlich“, sagt Schumacher. Ausschlaggebend sei im eigenen Radius vielmehr, wer für welche Leistungen Kapazitäten habe. Zudem wählten die Kunden oft ganz bewusst einen bestimmten Dienst aus. Diese Freiheit dürfe ihnen nicht genommen werden. &bdquo;Auch bei dieser Diskussion fordern wir, mit ins Boot geholt zu werden“, sagt Adams. Oder auch, wenn es um Ausnahme- oder Sonderreglungen geht, wie man sie jetzt aktuell von der AWO höre. &bdquo;Vielleicht ist das ja irgendein Modell bei, das auch uns helfen würde“, sagt Wittig. Jobs beim Bielefelder Modell Einigen Wohngruppen und Bedürftigen in der Tagespflege fehlte im Rahmen des &bdquo;Bielefelder Modells“ nach der Pleite von Alt und Jung die Betreuung. &bdquo;Wir haben uns sofort erkundigt, ob wir da einspringen können“, berichtet Schumacher. Nirgendwo seien die Jobs ausgeschrieben gewesen, sie habe viel rumtelefoniert. Die als Vermieter der Wohnungen beteiligten Bielefelder Wohnungsbaugesellschaft (BGW) habe ihr dann gesagt, sie solle eine Bewerbungsmappe einreichen. Trotz mehrfacher Nachfrage habe sie nie eine Rückmeldung dazu bekommen. Ein großer Anbieter aus Paderborn habe den Zuschlag bekommen. &bdquo;Wir bemängeln da die Transparenz“, sagt Adams. Verzögerte Zahlungen, gekürzte Leistungen Auch durch Beschleunigung von Bescheiden könne die Stadt den privaten Pflegediensten den Alltag erleichtern, sagt Adams. Wenn die eigenen finanziellen Ressourcen aufgebraucht sind, der Pflegebedürftige seinen Eigenanteil für die Leistungen nicht mehr zahlen kann, beantrage er bei der Stadt &bdquo;Hilfe zur Pflege“. Die Stadt stelle dafür mittels einer Begutachtung den Leistungsbedarf noch einmal fest. &bdquo;Dabei gibt es aber ganz oft Kürzungen, die überhaupt nicht nachvollziehbar sind“, sagt Christina Schulz von &bdquo;Vida Leben“. &bdquo;Auf der anderen Seite werden wir dann von der Heimaufsicht extrem kontrolliert und gefragt, warum wir beispielsweise für Spaziergänge mit den Kunden nicht noch Zeit haben.“ Zudem müssten die Dienste teils mehrere Wochen in Vorleistung gehen. Denn abgerechnet werden könne erst, wenn der Bescheid vorliege. Und dauere oft mehrere Wochen – zumindest beim Erstbescheid. Knöllchen vom Ordnungsamt Eine Verbesserung der Parksituation würde ihnen sehr helfen im Pflegealltag. &bdquo;Für 130 Euro pro Jahr pro Fahrzeug bekommen wir als Pflegedienst einen Ausweis, mit dem wir kurzzeitig im eingeschränkten Halteverbot parken dürfen“, berichtet Martin Wittig, der sich vor anderthalb Jahren mit dem gleichnamigen Pflegedienst selbstständig gemacht hat. Das helfe gerade im Innenstadtbereich kaum weiter. Dort sei an den relevanten Stellen oft absolutes Halteverbot. Trotz Ausweis kassierten sie häufig teure Knöllchen. Anders, als nah an der Wohnung des Kunden zu parken, ließe sich der ohnehin straffe Zeitplan gar nicht einhalten. Sie habe kürzlich erst wieder über eine viertel Stunde vergeudet, weil es keinen Parkplatz gab und sie nicht wieder 50 Euro zahlen wollte, ergänzt Schumacher. Zudem müssten sie sich auch noch mit Anzeigen, die durch selbsternannte Kontrolleure, die ihre Fahrzeuge fotografierten und bei der Stadt meldeten auseinandersetzen, wenn sie – wie mit den Kunden abgesprochen – in deren Hauseinfahrten parken. Da würde Verständnis der Ordnungskräfte die Situation verbessern.

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