Pläne zur "Elite-Uni" scheitern: Universität Bielefeld rutscht in Rankings ab

Bielefeld. Am 8. Februar wählt die Universität Bielefeld eine neue Chefin – zwei Kandidatinnen stehen zur Wahl. Rektor Gerhard Sagerer geht im Oktober in den Ruhestand. 14 Jahre lang lenkte er die Geschicke der Hochschule. Die Universität Bielefeld wollte er in seiner Amtszeit zur &bdquo;Elite-Uni“ umbauen. Doch beim Exzellenzwettbewerb von Bund und Ländern geht die Hochschule leer aus und wird zuletzt von Nachbarunis überholt. Auch in zwei wichtigen internationalen Ranglisten rutscht die Universität Bielefeld ab. Als Sagerer 2009 den Rektorposten von Dieter Timmermann übernimmt, zeigt er sich in der NW-Berichterstattung selbstbewusst: Ostwestfalen-Lippes größte Hochschule am Teutoburger Wald habe Chancen, in einer Reihe mit Aachen, München oder Freiburg genannt zu werden. Im Exzellenzwettbewerb von Bund und Ländern soll Bielefeld den Titel &bdquo;Elite-Uni“ holen, der hohe Summen an Fördergeldern für die Spitzenforschung bedeutet. Doch davon ist die Uni heute weiter entfernt als vor Sagerers Amtsantritt. Universität Bielefeld verliert ihr einziges Exzellenzcluster und verpasst die Chance, sich als "Elite-Uni" zu bewerben Dabei legt der Rektor einen exzellenten Start hin: Die Hochschule überzeugt mit ihrer Bewerbung 2010 den Wissenschaftsrat, erhält 32 Millionen für den Neubau eines Forschungszentrums &bdquo;Interaktive Intelligente Systeme“, um an intelligenten Maschinen zu forschen. Doch 2017 gibt’s den Dämpfer: Das zugehörige Exzellenzcluster &bdquo;Kognitive Interaktionstechnologie“ (CITEC), seit 2007 finanziert mit jährlich 6,5 Millionen Euro, erhält in der Ära Sagerer keine Verlängerung. Die Bewerbung im Exzellenzwettbewerb floppt, die Gelder für das Spitzenforschungszentrum laufen 2019 aus, die Uni fliegt bis 2026 aus dem Rennen der Top-Unis. Denn um als &bdquo;Exzellenzuniversität“ Fördermillionen zu erhalten, müssen Hochschulen neben einem überzeugenden Zukunftskonzept mindestens zwei Exzellenzcluster (geförderte Spitzenforschungszentren) vorweisen können. Zehn Universitäten und einem Universitätsverbund gelang das zuletzt, darunter den Unis in Aachen und Bonn. Die Universität Bielefeld steht dagegen jetzt ohne Exzellenzcluster und damit auch in der Nachbarschaft schlecht da: Insgesamt 14 Cluster wurden 2019 in Nordrhein-Westfalen vergeben – zwei gingen unter anderem nach Münster, eins nach Dortmund. Zudem bleibt Bielefeld auch unter Sagerer weiterhin eine der wenigen Großstädte ohne hochrangiges Forschungsinstitut wie Max-Planck oder Fraunhofer, die sich in den vergangenen Jahren statt für Bielefeld lieber für Paderborn, Münster und Lemgo als Standorte entschieden. Die gute Nachricht: In der kommenden Bewerbungsrunde um Exzellenzcluster will die Universität Ende Mai jetzt mit vier Vorschlägen dabei sein – und ihre Chancen sind gestiegen. Denn statt wie aktuell 57 wollen Bund und Länder in Zukunft bis zu 70 Spitzenforschungszentren fördern. Graduiertenschulen sind wichtige Pfeiler für die Wissenschaft und den Nachwuchs an der Uni Bielefeld Auch bei der Nachwuchsförderung ist an der Bielefelder Universität Luft nach oben. Strukturierte Promotionsprogramme, die direkt an die Forschung angegliedert sind – sogenannte &bdquo;Graduate Schools“ oder Graduiertenkollegs – sind hier wichtige Pfeiler. Für Graduiertenschulen wolle er sich starkmachen, kündigt Sagerer als frisch gewählter Rektor 2009 im NW-Interview an. &bdquo;Wir gehören zu den besten Doktoranden-Ausbildern in der Bundesrepublik“, zitiert die NW den Uni-Rektor im Jahr 2013, der die intensive Betreuung in Graduiertenschulen unterstreicht. Bielefeld gelingt es zwar, eine der prestigeträchtigen &bdquo;Graduiertenschulen“ der Exzellenzinitiative zu gewinnen, doch deren Förderung läuft 2019 deutschlandweit aus. Heute bietet die Uni laut eigenen Angaben 15 Graduiertenprogramme an, die von der Hochschule selbst sowie Institutionen und Organisationen gefördert werden. Bei Sagerers Amtsantritt 2009 waren es jedoch mit 17 Graduiertenkollegs und &bdquo;Graduate Schools“ mehr, bei damals noch deutlich weniger Studenten. In zwei wichtigen Rankings rutscht die Bielefelder Uni seit Jahren ab, in einem erlebt sie eine Berg- und Talfahrt Schwer tut sich die Universität Bielefeld vor allem seit Jahren in internationalen Ranglisten, die Hochschulen unter anderem nach Kriterien wie Personalschlüssel, Bekanntheitsgrad, Wissenstransfer zwischen Hochschulen und Wirtschaft, Zahl der Zitierungen, internationaler Ausrichtung oder der Menge an Fördermitteln bewerten. Zu den renommiertesten Hitlisten für den weltweiten Uni-Vergleich zählen das &bdquo;Times Higher Education“-Ranking (THE), das &bdquo;Academic Ranking of World Universities“ (Shanghai-Ranking) und das QS-Ranking. In allen dreien schafft es die Bielefelder Uni aktuell nicht unter die Top 200 weltweit, in zweien nicht einmal unter die Top 500. Im THE-Ranking teilt sich die Bielefelder Hochschule 2023 die Plätze 201 bis 250 (ab 200 nicht mehr einzeln gelistet) unter anderem mit den Universitäten in Potsdam und Konstanz. Die Uni Münster schafft es dagegen auf Platz 185 und damit unter die Top 20 der deutschen Hochschulen (Bielefeld: Platz 23). In diesem Ranking erlebt die Bielefelder Uni eine erstaunliche Berg- und Talfahrt: Im Jahr 2015 rutscht sie trotz CITEC-Exzellenzcluster bis auf die Plätze 351 bis 400 ab. Zwischen 2020 und 2022, mitten in der Pandemie, schneidet die Hochschule mit den Plätzen 158 und 166 dagegen deutlich besser ab und zählt zu den Top 20 in Deutschland. Stetig bergab geht es für die Universität Bielefeld seit 2012 im Shanghai-Ranking, das einen besonderen Fokus auf die Forschung legt. Vor 2011 hatte die Bielefelder Uni international immer wieder die Plätze 300 bis 400 erreicht. 2023 sackt die Uni bis auf die Plätze 701 bis 800 ab – und zählt nicht einmal zu den Top 40 der deutschen Hochschulen. Auch im internationalen QS-Ranking befindet sich die Uni seit 2012 (Platz 384) im freien Fall und belegt 2023 sogar nur noch einen Platz zwischen 1.000 bis 1.200 (2017: Plätze 600 bis 650; 2021: Plätze 750 bis 800). Vor allem bei der Reputation der Universität als Arbeitgeberin schneidet Bielefeld schlecht ab. Trotz vieler Herausforderungen stehen alle Zeichen auf Wachstum an der Uni Bielefeld - auch durch die Medizinische Fakultät Trotz diesen Abwärtstrends stehen in Sagerers Amtszeit, in der er zweimal wiedergewählt wird, alle Zeichen auf Wachstum an der Uni Bielefeld: Das marode Hauptgebäude wird mit Beginn der Komplettsanierung zur Dauerbaustelle, ein Milliardenprojekt. Rundherum wächst und wächst der Campus für eine neue Unizukunft. Seit 2011 steigt die Zahl der Studierenden stetig und sprunghaft an bis auf 25.000 im Jahr 2018, so viele wie noch nie. Erst die Corona-Pandemie bremst die Entwicklung. Kurz. Denn ein neuer Wachstumstreiber ist der größte Coup in Sagerers Amtszeit: Bielefeld erhält den Zuschlag für eine Medizinische Fakultät, die im Wintersemester 2021/2022 an den Start geht und einen deutschlandweit einzigartigen Schwerpunkt in der Behindertenmedizin setzt. Auf die ersten 60 Studienplätze bewerben sich 6.000 Studierende.

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