Nach Brand in Bielefelder Archiv: Angekokelte Filme können raus aus dem Bunker

Bielefeld. Fünf Monate nach dem verheerenden Brand im Medienarchiv Bielefeld hat Frank Becker ein neues Lager für seine tausende geretteten Filme und Kinomemorabilien gefunden. Sie können nun bald aus ehemaligen Bielefelder Weltkriegs-Luftschutzbunkern in ein Haus umziehen, das passenderweise einst einen festen Platz in der Kinohistorie der Stadt hatte: das Zentral-Filmtheater. Wer für den entstandenen Schaden aufkommen muss, steht indes noch nicht fest. Am 24. August war das Feuer in einem der vier Lager des größten privaten Medienarchivs Deutschlands ausgebrochen, das sich im Keller einer Wohnanlage an der Treppenstraße befand. Dabei wurden vor allem historische 35-Millimeter Spielfilme, einzigartige Aufnahmen über das Leben früherer Jahre in Bielefeld oder alte Wochenschauen zerstört. Nur einem Tag später musste die Feuerwehr erneut zu einem Großeinsatz nach Brackwede ausrücken, weil sich bei dem Brand der Kunststoffe hochgiftige Blausäure gebildet hatte. 19 Anwohner der indirekt betroffenen zwölf Wohnungen hatten aus Sicherheitsgründen tagelang anderweitig untergebracht werden müssen. Ein Anwohner hatte den wirtschaftlichen Totalschaden zweier in der Nähe geparkter Fahrzeuge durch die Rauchgase geltend gemacht. Die genaue Schadenshöhe, die der Brand verursacht hat, ist immer noch nicht bekannt - und wer letztlich dafür zahlen muss. Anfragen von Fernsehsendern Eine schwierige Situation für Frank Becker, dessen einzigartige Sammlung mit insgesamt mehr als 100.000 Filmrollen, vielen einzigartigen Ton- und Druck-Erzeugnissen sowie Kinotechnik und Filmequipment allein aus Kostengründen nicht versichert ist. Als Brandursache wurde letztlich die Selbstentzündung einer Filmrolle ausgemacht. Andere Ursachen, wie ein technischer Defekt im Schaltkasten oder vorsätzliche Brandstiftung waren nach Experten-Meinung ausgeschlossen. Seit diesen Tagen kämpft Medienarchivar Frank Becker um sein Lebenswerk. Viele Freiwillige hatten nach der Freigabe des Brandortes geholfen, so viele Filme und Materialien wie möglich zu retten. Alles, was das Feuer gut oder halbwegs überstanden hatte, wurde in Seidenpapier gepackt und unsortiert in die Katakomben der Brackweder Firma Agfeo gebracht. Den Bielefelder drängt es jetzt, das Material zu sichten und zu restaurieren. Wohl eine Sisyphus-Arbeit über Jahre, wenn nicht gar Jahrzehnte. Und nicht alles, was aus dem Keller an der Treppenstraße geborgen worden ist, wird noch zu retten sein. &bdquo;Aber ich will wieder Ordnung reinbringen“, sagt Frank Becker. Nicht zuletzt, um möglichst bald wieder Anfragen von Fernsehanstalten oder Museen nach historischem Filmmaterial erfüllen zu können. 1958 war Filmstar Zarah Leander zu Gast Aber vorher müssen die auserkorenen Räume im Gebäude an der Hauptstraße 127, das eine so wechselvolle Geschichte hat, noch für die neue Nutzung hergerichtet werden. Vorne werden dann in &bdquo;Dominos Store“ Pizzen verkauft, auf 160 Quadratmetern dahinter wird sich Frank Beckers Lager ausbreiten – dort, wo einst der große Saal des Zentral-Filmtheaters war. &bdquo;Und genau unten drunter“, sagt Becker, &bdquo;habe ich auf einer nahezu gleich großen Fläche bereits seit 23 Jahren eines meiner weiteren Lager. Es fügt sich zusammen.“ Errichtet und eröffnet worden ist der Komplex an der Ecke Haupt- und Westfalenstraße nach vielen finanziellen Schwierigkeiten im Januar 1953 als Zentral-Filmtheater, mit 600 Plätzen das größte Kino Brackwedes. 1958 war sogar die berühmte Zarah Leander zu Gast. Allerdings hielt der Erfolg nur acht Jahre, danach war Schluss. Das Lichtspielhaus wurde dann umgebaut, und Ende August 1961 eröffnete an seiner Stelle mit &bdquo;Hill“ der erste moderne Selbstbedienungsladen in Brackwede. "Melodie"-Filmtheater in Bielefeld-Brackwede startet wieder Frank Becker erinnert sich, dass nach dessen Auszug etwa Mitte der 1970er Jahre ein Schuh-Großmarkt folgte, ein chinesisches Restaurant und schließlich die Deutsche Post, die ihre Filiale dort allerdings Ende 2021 geschlossen hat. Um die freien Räume wissend, hat sich der Medienarchivar an den Eigentümer gewandt und hat am Donnerstag einen längerfristigen Mietvertrag abschließen können. Einen Neustart gibt es übrigens auch für das &bdquo;Melodie“-Filmtheater, das Frank Becker mit Filmen aus seinem Archiv seit bald 25 Jahren in der Aula der Realschule an der Kölner Straße betreibt. Nach dem Brand hatte der Brackweder nicht die Kraft und Kapazität, dieses Liebhaber-Kino weiter zu betreiben. Nun flimmert am Freitag, 3. Februar, der &bdquo;Goldrausch“ von Charlie Chaplin über die Leinwand. &bdquo;Es wäre schön, wenn das Publikum wiederkommen würde. Ich möchte das Jubiläum des Kinos im September auf alle Fälle noch feiern“, sagt Becker.

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