Große Irritation bei Info-Veranstaltung zu Notunterkünften im Musikerviertel

Bielefeld. Knapp neun Wochen ist es her, seit dem in das sonst eher ruhig-beschauliche Musikerviertel in der Bielefelder Innenstadt eine Nachricht hineinplatzte: Die seit Jahren leer stehenden ehemaligen Britenhäuser sollen Anfang 2023 in eine Notunterkunft für bis zu 500 Flüchtlinge umgebaut werden. Dem lauten Knall Anfang Dezember folgte dann lange Zeit praktisch nichts – zumindest aus Sicht der Anwohner der Joseph-Haydn-Straße, Johann-Sebastian-Bach-Straße und Händelstraße. Seitens der für die Unterkunft zuständigen Bezirksregierung Detmold gab es nur spärliche bis gar keine Informationen. Erst mit der Einladung zu einer Bürgerversammlung am Dienstag, 24. Januar, endete die Funkstille. Und es wurde den Verantwortlichen schnell deutlich, dass es im Musikerviertel einigen Gesprächsbedarf gibt. Wenige Tage nach der Einladung wurde zur Informationsveranstaltung in die Osningschule musste bereits der Veranstaltungsort ins Kultur- und Kommunikationszentrum Sieker (KuKs) verlegt werden – zu zahlreich waren die Anmeldungen. Rund 250 Bürgerinnen und Bürger füllten schließlich am gestrigen Abend den Saal. Großer Unmut bei den Besuchern Und einigen Anwesenden war der Unmut über die lange Ungewissheit deutlich anzumerken. &bdquo;Ich bitte um Verständnis, dass wir die Veranstaltung nicht früher machen konnten“, räumte Abteilungsdirektor Rüdiger Most von der Bezirksregierung auch unumwunden ein. Zu einem früheren Zeitpunkt sei man jedoch &bdquo;nicht sprechfähig“ gewesen. &bdquo;Es waren bis jetzt schlicht viele Fragen nicht geklärt.“ Zudem hätten sich den vergangenen neun Wochen die Prämissen laut Rüdiger Most grundlegend geändert. &bdquo;Als wir die Häuser im Musikerviertel angeboten bekommen haben, war unsere größte Sorge eine über den Winter stark steigende Zahl von ukrainischen Flüchtlingen“, sagt Most. Inzwischen aber sei klar, dass statt aus Osteuropa deutlich mehr Asylbewerber aus Syrien, Afghanistan und Irak kommen. Provisorium in Bad Salzuflen muss zurückgegeben werden &bdquo;Darum brauchen wir für die Erstaufnahmeeinrichtungen jetzt dringend Puffer – auch wenn der Begriff nicht schön ist.“ In Bielefeld sind diese EAEs der Oldentruper Hof und die Einrichtung am Brackweder Südring, die aktuell eine Auslastung von mehr als 90 Prozent haben. Erschwerend komme hinzu, dass ein aktuell von der Bezirksregierung genutztes &bdquo;Provisorium“ mit einer Kapazität von 500 Plätzen auf dem Gelände der Messe Bad Salzuflen in wenigen Wochen zurückgegeben werden muss. Die Auskünfte sorgten spürbar für Unruhe im Saal, es kam zu ersten Zwischenrufen. Jörg List, Leiter des Flüchtlingsdezernates, versuchte umgehend zu beruhigen. Tatsächlich gebe es auch im Musikerviertel eine Kapazität für rund 400 Flüchtlinge, was aber eine &bdquo;absolute Obergrenze“ sei, die &bdquo;hoffentlich nie erreicht“ werde. &bdquo;Die Erfahrung in Bad Salzuflen hat gezeigt, dass wir nie über eine Belegung von 200 hinausgekommen sind, es wird eher eine Größenordnung von 120 bis 130 sein.“ Diese würden dann auch nach Möglichkeit &bdquo;sozialverträglich“ untergebracht. &bdquo;Wir werden die Häuser nicht voll belegen“, versprach List. Auch der zu erwartende Verkehr werde sich im Rahmen halten: Um die Flüchtlinge ins Musikerviertel oder später zu Untersuchungen oder zu den Aufnahmeverfahren in den Oldentruper Hof oder in die Einrichtung an den Südring zu bringen, würden Busse eingesetzt. &bdquo;Das werden voraussichtlich drei bis vier Busse pro Tag sein- einer davon nachts“, so List. Dafür werde es keinen Pkw-Verkehr von Flüchtlingen geben, wie man es bei Flüchtlingen aus der Ukraine erlebt hat, die mit dem Auto geflüchtet waren. &bdquo;Es wird keine Auswirkungen auf die Parkplatzsituation geben.“ "Umfeldmanager" als Ansprechpartner vor Ort Für die Notunterkunft ist ein umfangreiches Konzept erarbeitet worden. Es reicht vom Sicherheits- und Sanitätsdienst über eine Kinderbetreuung bis zum Verpflegungs- und Sozialdienst. Dazu gehört, dass Polizei und Ordnungsamt mehrmals täglich Streife fahren, dass um 22 Uhr eine allgemeine Nachtruhe in den Häusern und in den Gärten vorgeschrieben wird und dass mindestens einmal pro Woche die Gehwege gereinigt werden. Überwiegend Flüchtlinge aus Syrien, Irak und Afghanistan sollen untergebracht werden. Menschen aus der Ukraine sollen zunächst nicht ins Musikerviertel kommen. Neben dem ASB und dem Sicherheitsdienst wird ein Umfeldmanager als ständiger Ansprechpartner vor Ort sein. Da es sich um eine offene Siedlung mit einzelnen Häusern handelt wird der Sicherheitsdienst auch nachts Rundgänge machen. Die Notunterkunft wird zunächst für ein halbes Jahr betrieben, eine Verlängerung um ein Jahr ist danach möglich. Alles weitere wird von der Entwicklung der Flüchtlingssituation abhängen. Die Flüchtlinge werden bis zu drei Tage in den Häusern bleiben und dann auf andere Einrichtungen umverteilt.

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