Britische Offiziershäuser: 500 Flüchtlinge ziehen ins Bielefelder Musikerviertel

Bielefeld. Das Quartier zählt zu den begehrtesten Wohngegenden der Stadt – und wird jetzt zum Standort einer Notunterkunft für geflüchtete Menschen. Wie die Stadt Bielefeld und die Bezirksregierung Detmold gestern in einer gemeinsamen Pressekonferenz bekanntgaben, sollen in 36 sogenannten &bdquo;Offiziersvillen“ im an der Joseph-Haydn-Straße im Musikerviertel bis zu 500 Schutzsuchende unterkommen. Aktuell wird sowohl an einem Betreuungs- und Sicherheitskonzept für die so entstehende Siedlung gearbeitet. Der reguläre Betrieb soll voraussichtlich Mitte Januar starten – wenn denn genug Personal gefunden wird. &bdquo;Das ist momentan das Nadelöhr“, sagt Regierungspräsidentin Anna Katharina Bölling. Ansonsten seien die vorübergehend von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BimA) überlassenen Häuser für die Unterbringung von Flüchtlingen und hier insbesondere von Familien und Frauen aus der Ukraine geeignet. Und vor allem sind sie eins: Ohne Umbauten schnell verfügbar. &bdquo;Das ist aktuell der ausschlaggebende Grund“, so Bölling. &bdquo;Wir sind händeringend auf der Suche nach Unterkünften.“ Die Erstaufnahmeeinrichtungen der Bezirksregierung – in Bielefeld der Oldentruper Hof und die Einrichtung am Brackweder Südring – sind momentan bereits voll ausgelastet. Weitere Notunterkünfte gibt es in Paderborn, Gütersloh und Büren, deren Kapazitäten ebenfalls erschöpft sind – ebenso wie die der Zentralen Unterbringungseinrichtungen in Herford, Borgentreich und Bad Driburg. &bdquo;Es hat in den vergangenen Monaten einen starken Zuzug von Ukrainern und von anderen Asylsuchenden gegeben“, berichtet Bölling. Da davon auszugehen ist, dass im Verlauf noch weitere Menschen als Geflüchtete nach Deutschland und auch nach Ostwestfalen-Lippe kommen werden, sollen schnellstmöglich weitere Unterbringungen geschaffen werden. Landesweit seien aktuell 8.000 weitere Plätze in Prüfung. &bdquo;Das Ziel ist, die Menschen vor der akuten Obdachlosigkeit zu bewahren, sie zu verpflegen sowie die erste medizinische Versorgung zu sichern“, sagt die Regierungspräsidentin. Pit Clausen warnt vor Neiddebatte: "Kein Palazzo Protzo" Dass dies in Bielefeld in den seit geraumer Zeit leer stehenden Britenhäusern an der Joseph-Haydn-Straße, der Johann-Sebastian-Bach-Straße und der Johannes-Brahms-Straße passieren soll, hält Oberbürgermeister Pit Clausen für nachvollziehbar. &bdquo;Die Häuser sind dafür geeignet“, so Clausen. &bdquo;Und wenn die Not so groß ist, kann man sich dem nicht verschließen.“ Für die Stadt Bielefeld bedeutet die neue Notunterkunft keine weiteren Kosten, die Einrichtung wird vom Land finanziert. Zudem mindert sich die Aufnahmeverpflichtung von Asylbewerbern um die Zahl der geschaffenen Plätze, da diese bei der kommunalen Zuweisung gemäß dem Flüchtlingsaufnahmegesetz (FlüAG) angerechnet werden. Aber nicht zuletzt bedeutet es auch, dass mitten in einem Wohnquartier eine Unterkunft für rund 500 Schutzsuchende eingerichtet wird. &bdquo;Die Menschen werden da ganz genau hinschauen und sich fragen, was hier passiert“, sagt Clausen. &bdquo;Es ist deshalb unser Wunsch, das Ganze so nachbarschaftsverträglich wie irgend möglich zu entwickeln.“ Dazu gehört, dass zusammen mit der Bielefelder Polizei ein Ordnungskonzept und auch ein Beschäftigungs- und Freizeitangebot vor allem für Kinder entwickelt wird. Eine räumliche Abtrennung der zur Notunterkunft zählenden Britenhäuser etwa durch Bauzäune oder andere Barrieren ist nicht vorgesehen. &bdquo;Die Siedlung wird ihren offenen Charakter bewahren“, sagt der bei der Bezirksregierung für die Flüchtlingsunterkünfte zuständige Dezernent, Jörg List. Dass die Notunterkunft in einem sehr begehrten Wohngebiet entsteht und dass die Häuser im Falle einer Vermarktung sicher reißenden Absatz finden würden, ficht Clausen nicht an. Er warnt allerdings vor einer verfehlten Neiddebatte: &bdquo;Da kommen 500 Menschen in 36 Häuser, das sind 14 pro Haus. Das ist alles andere als eine exklusive Unterbringung oder ein Palazzo Protzo.“ Zudem werde nichts umgebaut und somit zu einer Dauereinrichtung, wie List ergänzt. &bdquo;Wenn wir keine Notunterkünfte mehr brauchen, werden wir auch wieder aus dem Musikerviertel rausgehen.“ Wann dies der Fall sei, könne man allerdings nicht sagen. Während an der Joseph-Haydn-Straße die Inbetriebnahme der Häuser vorbereitet wird, wird die Notunterkunft auch in den politischen Gremien der Stadt thematisiert. Im Ältestenrat haben die Vertreter der Fraktionen einen Beschluss erarbeitet, mit dem der Rat in seiner nächsten Sitzung die Initiative der Bezirksregierung zur Kenntnis nimmt und die Notwendigkeit der Notunterkunft bestätigt. Pit Clausen geht davon aus, dass es bei der Sitzung durchaus eine Debatte und kritische Stimmen geben werde. Letztlich geht er aber davon aus, dass der Beschluss eine klare Mehrheit finde. &bdquo;Es gibt in dieser Stadt eine klare Haltung gegenüber Geflüchteten“, so der Oberbürgermeister. &bdquo;Und das macht mich stolz.“

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