Wer kann helfen? Besonderer Bielefelder Verein steht vor dem Aus

Bielefeld. Im verflixten siebten Jahr droht dem Verein "Laika - Trost auf vier Pfoten" das Aus. Einem Verein, der Kindern in der Trauer hilft, unterstützt von Tieren (NW berichtete). Mehr als 30 Kinder sind es aktuell, die mit ihren Eltern Hilfe bekommen: Gespräche, Rituale, Gemeinschaft, professionelle Betreuung - oft draußen, immer irgendwie mit Tieren. 2015 gegründet fand der Verein 2018 im Gnaden- und Begegnungshof Sentana seine Heimat. Die Qualität seiner Arbeit ist unstrittig, sogar die Stadt empfiehlt ihn über das Jugendamt immer wieder Familien, die einen Menschen verloren haben. Dennoch unterstützt die Stadt Laika nicht. Ein Antrag, in die sogenannten Leistungsverträge aufgenommen zu werden, wurde abgelehnt. Zu viele Förderanträge Für die Vorsitzende des Jugendhilfeausschusses, Regine Weißenfeld (SPD), eine schwierige und auch traurige Entscheidung. Daraus macht sie keinen Hehl. "Zusätzlich zum Bestand gab es dieses Jahr Anträge über 2,5 Millionen Euro", sagt sie, "wir hatten aber nur gut 500.000 Euro." Dass dann, dank guter Steuereinnahmen, noch einmal mehr als 700.000 Euro dazugekommen seien, sei schon ein Segen gewesen, dennoch blieb die nüchterne Wahrheit: Nur knapp die Hälfte der beantragten Hilfen konnte bewilligt werden. "Die andere Hälfte leider nicht, und, das glauben Sie mir bitte, das geht mir bei so manchem Antrag wirklich quer runter", sagt Weißenfeld. Mit Blick auf Laika und andere Akteure sagt sie: "Alles wird dringend benötigt, aber wir können einfach nicht alles leisten." Dass die Arbeit von Laika gut sei und dass sogar städtische Stellen Laika empfehlen, das sei ein Widerspruch, "den wir nicht auflösen können". Wegen der Finanzen. Parallel zu Laika gebe es ja auch noch den Verein Sterntaler, der ähnliches leiste - und auch der werde leider nicht gefördert. Um Laika eine Brücke zu bauen, seien jetzt noch einmal 30.000 Euro über die Stiftung Eikelmann bewilligt worden, die die Jugendarbeit in Bielefeld fördert und deren Geschäftsführung beim Jugendamt liegt. Marathon der Anträge Monique Kluß von Laika bestätigt das, doch das reiche nicht aus. 135.000 Euro benötige der Verein mit seinen sechs bis sieben Mitarbeitern im Jahr. Kluß kämpft täglich ums Überleben von Laika. "Wir haben nicht einmal mehr das Zahnfleisch, auf dem wir gehen könnten", sagt sie erschöpft von einem Marathon der Anträge, die gestellt werden. Mehr mit Papier als mit Menschen habe sie nun zu tun, um irgendwie irgendwo die Mittel dafür aufzutreiben, dass es doch noch weitergeht. "Aber wir schauen bereits auch, wie wir die Familien versorgen, wo wir sie unterbringen können." Diese Familien, dazu gehören Leonie (9) mit ihrer Mama Nathalie (35) sowie Anton (8) mit Mama Nadine (41). Ihre Geschichten sind typisch für die Menschen, denen Laika hilft. Leonie wohnte mit ihrem Opa in einem Haus. Der Vater von Nathalie wurde gepflegt, "nachmittags auch von Leonie", berichtet Nathalie. Und starb dann vor gut einem Jahr plötzlich und völlig unerwartet. Vater starb im Auto Besonders dramatisch ist das, was Anton und Nadine zu verkraften und verarbeiten haben. Sie saßen vor vier Jahren mit ihrem Papa und Mann im Auto, als er plötzlich während der Fahrt starb. "Ich konnte das Auto bremsen und an die Seite lenken", berichtet Nadine, der kleine Anton erlebte das alles mit. Noch heute fängt er an zu weinen, wenn das Wort Papa fällt. Sie sagt: "Hier können wir uns austauschen und reden, denn im Alltag werden wir nicht mehr gefragt, wie es uns geht, das hört nach einem Jahr auf." Die Trauer aber nicht. Kraft schöpfen die Frauen und Kinder bei Laika. Aus Gesprächen, aus gemeinsamen Mahlzeiten, aus dem Streicheln der Tiere, denen Geheimnisse anvertraut werden und die einfach nur da sind. Alle genießen die Gemeinschaft unter Menschen, die ähnliches erlebt haben. Und die Tiere? Anton: "Ich spreche nicht mit den Ponys, aber sie sind da, und beim Streicheln noch weicher als Mama." Leonie: "Das Pony Jule hört mir zu, und ich merke, dass es mich versteht - und es weint nicht, wenn ich weine, ja, es sieht immer weiter freundlich aus." Nähe zu Tieren hilft Kluß und Künstlerin Susanne Jaene wissen um die besondere Nähe der Kinder zu Tieren, wie auch zu künstlerischen Zugängen zum Thema Trauer. "Wir öffnen Räume und die Kinder gucken, was sie sich dort nehmen", sagt Kluß. Alles ist offen. Wer Anton und Leonie vor Ort sieht, ahnt, dass das funktioniert, Kinderseelen öffnet und streichelt. Denn oft haben sie Dinge zu verarbeiten, die kaum zu verarbeiten sind - so häufen sich seit Jahren auch Fälle von Suiziden. Alleine am Kunstprojekt am vergangenen Samstag hätten elf Kinder teilnehmen sollen (es gab Absagen), sechs von ihnen haben einen Suizid erlebt. Wer hilft Laika? Sie alle und die Erwachsenen hoffen nun, dass sich irgendwo jemand findet, der Laika hilft, damit der Verein überlebt und Kindern weiterhin beim Trauern hilft. Und dabei, Wege zurück in ein stabiles Leben zu finden.

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