Tödliche Schüsse in Bielefeld: Staatsanwalt fordert 13 Jahre Haft

Bielefeld. An zwölf Verhandlungstagen am Landgericht Bielefeld wurde versucht, Licht ins Dunkel um das Verbrechen an einem kalten Dezemberabend zu bringen, bei dem der 31-jährige Bielefelder, Memo K., sein Leben durch mehrere auf ihn abgefeuerte Schüsse verlor. Viele Zeugen wurden gehört, teilweise mit wenig ergiebigen Aussagen. Andere revidierten rechtzeitig, noch bevor sie sich eines Meineids schuldig machen konnten, ihre Aussagen vor Gericht. Einmal kam zu tumultartigen Szenen im Gericht, weil einige Besucher der Verhandlung ihren Zorn und Hass nicht mehr im Zaum halten konnten. Die kommenden Verhandlungstage waren von hoher Polizeipräsenz geprägt. Der erfahrene und umsichtige Vorsitzende Richter Georg Zimmermann sprach davon, dass seine Geduld kurz vor dem Ende sei und drohte harte Konsequenzen bei weiteren Störungen im Gerichtssaal an. Ruhe und Aufmerksamkeit herrschte dann am Dienstagvormittag bei allen Besuchern des Prozesses, als Staatsanwalt Mackel seinen Schlussvortrag hielt. Und der barg einige Überraschungen in sich. &bdquo;Dass der Angeklagte Sinan K. am Treppenplatz geschossen hat, ist keine Frage. Dies hat er eingestanden. Es geht aber darum, warum und wie er ihn erschossen hat“, sagte Mackel zu Beginn seiner Ausführungen. Beide Männer hätten sich kaum gekannt, lediglich vom Hörensagen. Einziger Kontaktpunkt sei ein Drogengeschäft zwischen zwei Männer gewesen, dass schiefgelaufen sei. Zunächst fielen zwei Schüsse aus dem Auto Statt Marihuana wurde ein Ersatzstoff geliefert. Der Empfänger fühlte sich über den Tisch gezogen und wollte seine 3.000 Euro zurückhaben. Dieses Geschäft war in der Szene rund um Memo K. bekannt. &bdquo;Viele Leute wussten das, auch Memo K. Ob er wirklich beauftragt wurde, bei dem Treffen am 8. Dezember am Treppenplatz den Angeklagten zur Verantwortung zu ziehen, wissen wir nicht genau. Was Hintergrund dieser Verabredung war, wird man letztlich nicht aufklären können trotz vielen Zeugen und Freunde, Beweismittel oder Auslesen der Nachrichten“, so Mackel. Bei dem verhängnisvollen Treffen sei Memo K. alleine zum Auto des Angeklagten gegangen. Nach kurzer Begrüßung seien dann zunächst zwei Schüsse aus dem Auto gefallen, die Memo K. in den Oberkörper getroffen hätten und nicht tödlich waren. &bdquo;Memo K., sportlich, fit und gesund wich zurück.In diesem Augenblick beugte sich der Angeklagte aus dem Autofenster und schoss noch zweimal gezielt in seinen Rücken, dabei einmal durch die Lunge“, trug Mackel vor. Weitere Schüsse, die jedoch ihr Ziel verfehlten, wurden auf vier Männer abgegeben, die in unmittelbarer Nähe das Geschehen waren. Am Tatort sei die Polizei dann auf Ablehnung, Beschimpfung und Schweigen bei Zeugen der Tat getroffen. &bdquo;Vielleicht, weil sie mit den Strafverfolgungsbehörden nichts zu tun haben wollten. Memo war zu diesem Zeitpunkt noch nicht tot. Vielleicht wollte man sich erst mit ihm absprechen unter dem Motto, erst mal gar nichts zu machen. Das sind Strukturen, mit denen ein rechtstreuer Bürger nichts anfangen kann, Strukturen, die immer häufiger vorzufinden sind. Wir regeln das selber, und dann entscheiden wir, was wir sagen oder nicht. Erst nach dem Tod von Memo haben zwei Zeugen bei der Polizei ausgesagt“, erklärte Mackel. Als Memo K. wehrlos auf dem Boden lag, hätte es auch kein Notwehrrecht mehr für den Angeklagten gegeben. Er sei nicht angegriffen worden. Sei der Täter nun wegen Mordes und damit lebenslänglicher Strafe oder Totschlags zu verurteilen, das sei die Frage. &bdquo;Wer jemanden grundlos, nicht gerechtfertigt umbringt, begeht einen Totschlag. Für ein Mordmerkmal müsste das Opfer heimtückisch in eine Falle gelockt werden. Dies war nicht der Fall. Auch niedrige Beweggründe kommen für mich nicht in Frage. Es gab auch kein Motiv, um zu töten“, führte Mackel aus. So plädierte Staatsanwalt Mackel wegen Totschlags an Memo K. auf 11 Jahre Haft sowie wegen versuchten Totschlags, den Schüssen auf die vier Zeugen, auf vier Jahre Freiheitsentzug. Daraus bildete Mackel eine Gesamtstrafe von 13 Jahren Freiheitsentzug. Urteil soll am 22. November gesprochen werden Vehement widersprachen die Nebenklagevertreter diesem Strafmaß, sahen sie doch Mordmerkmale verwirklicht. Das Opfer sei arglos und wehrlos beim Angriff auf ihn gewesen. Unisono forderten sie eine lebenslange Haftstrafe mit anschließender Sicherungsverwahrung. Die sei wegen der vier Schüsse auf Zeugen angezeigt. Am 11. November halten die drei Strafverteidiger ihre Plädoyers. Am 22. November soll das Urteil gesprochen werden.

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