Außergewöhnlicher Bielefelder Immobilien-Experte gibt tiefe Einblicke in die Branche

Bielefeld. Er war gerade 24 Jahre alt, als er sich mit einem Maklerbüro selbstständig machte. Der junge Mann hatte bereits einiges an Lebens- und Berufserfahrung gesammelt. Peter Kramer war gelernter Bankkaufmann, war beim Bund gewesen, hatte sportliche Erfolge als Turnierreiter gefeiert und eine Metzgerlehre absolviert. Er hatte sich gegen eine Karriere im elterlichen Fleischgroßhandel entschieden und war der Liebe wegen aus Freiburg an den Teuto gekommen. Sein Schwiegervater – eigentlich Bäcker von Beruf – betrieb in Senne ein Maklerbüro und ermunterte ihn, es ebenfalls als Immobilienvermittler zu versuchen. Kramer startete am 22. Oktober 1972 seine Ein-Mann-Firma in Senne. Geworden ist daraus eines der bekanntesten Immobilienbüros der Stadt. Erstes Grundstück an Chefarzt vermittelt &bdquo;Meinen ersten Abschluss habe ich acht Tage nach der Büroeröffnung gemacht. Es ging um ein Baugrundstück am Botanischen Garten für 50.000 Mark. Ich gab eine Zeitungsanzeige auf und hatte noch am selben Tag die Kaufzusage eines Chefarztes“, erzählt der 74-Jährige. Die Courtage war fast doppelt so hoch wie das Gehalt, das er zuletzt als Bankkaufmann bezogen hatte. Und die Grundstücksbesitzerin war so zufrieden, dass er wenig später beauftragt wurde, für ihre Schwester ein Sechsfamilienhaus zu verkaufen. Aus Lehrlingen wurden Konkurrenten &bdquo;So kam ich ins Geschäft. Ich kaufte eine Rechenmaschine, mietete einen Kopierer und legte los.“ Eigentumswohnungen, Grundstücke, Mehrfamilienhäuser und Wochenendhäuser in Sennestadt brachte Kramer an den Mann und wurde dabei bald von mehreren Angestellten unterstützt. &bdquo;Größtes Objekt war ein Hochhaus in Oerlinghausen, das für 2,4 Millionen D-Mark veräußert wurde“, erzählt er. Die Geschäfte liefen prächtigt, das Büro wuchs, Kramer betrieb es teils zusammen mit Geschäftspartnern. In Spitzenzeiten arbeiteten acht Leute bei &bdquo;Kramer Immobilien“. Anfang der 1980 Jahre wurde Makler zum Lehrberuf. Peter Kramer durfte als gelernter Banker ausbilden. Im Laufe der Jahre brachte er fast 30 Nachwuchskräften die Kniffe des Berufes bei. Einige wurden später Konkurrenten und führen heute erfolgreiche Maklerbüros in Bielefeld. 3.500 Objekte für 550 Millionen Euro 3.500 Objekte im Gesamtwert von 550 Millionen Euro hat das Büro in fünf Jahrzehnten vermittelt. Und nicht nur das: &bdquo;Wir haben auch Baugebiete erschlossen und die Grundstücke dann verkauft“, so Kramer. Außerdem erwarb das Büro jedes Jahr etwa 30 Häuser und veräußerte sie anschließend gewinnbringend. &bdquo;Wir waren jeden Tag bei Zwangsversteigerungen in ganz OWL.“ Bis 2019 habe man dabei gute Geschäfte machen können, dann seien die Preise endgültig explodiert. &bdquo;Bis dahin waren die Profis unter sich, dann kamen Privatleute, die plötzlich auch 50 Prozent über dem Verkehrswert boten. Da war für uns kein Gewinn mehr zu machen“, sagt Kramer, der viele Jahre auch Mitglied der Bielefelder Schützengesellschaft war und es bis zum Oberst brachte. Etliche Objekte erwarb Kramer auch für sich selbst, renovierte und vermietet sie. Ohne Internet geht nichts Das Geschäft hat sich geändert. &bdquo;Früher gab es kleine Zeitungsanzeigen, Informationen am Telefon und Notarverträge, die mit der Schreibmaschine getippt waren“, sagt Kramer. &bdquo;Heute geht ohne das Internet gar nichts mehr.“ Inzwischen ist er Rentner, kommt aber noch häufig ins Büro. Das operative Geschäft des Immobilienbüros führen Nadine Klein und ihre Tochter Julia. Noch bis vor kurzem lief es bombig. Das Angebot war knapp, die Preise hoch, die Nachfrage riesig. 30 Anrufe nach fünf Minuten &bdquo;Noch bis vor sechs Monaten konnte man ein Haus innerhalb einer Woche verkaufen. Anzeigen standen gerade fünf Minuten im Netz, da hatte man schon 30 Anrufe“, berichtet Nadine Klein. Mit den stark steigenden Hypothekenzinsen sei das Geschäft aktuell schwieriger geworden. In der Sennestädter CDU hat Kramer sich lange ehrenamtlich engagiert. Zehn Jahre lang war er Vorsitzender, ebenso lange Mitglied der Bezirksvertretung und zuletzt stellvertretender Bezirksbürgermeister in Sennestadt. Reiter und Turnierrichter Heute widmet sich Kramer, der zweimal verheirat war, drei Kinder und drei Enkel hat, seiner großen Leidenschaft, den Pferden. &bdquo;Schon mit 13 Jahren war ich Turnierreiter“, sagt er. Als Spingreiter startete er in der der höchsten Klasse, zweimal war er baden-württembergischer Meister. Später wurde er Turnierrichter, heute ist er erfolgreicher Pferdezüchter. In Lippetal hat er zehn Stuten auf einem Hof stehen, die jedes Jahr Fohlen bekommen. Die jungen Tiere verkauft er als Dreijährige. Peter Kramer weiß nach wie vor, wie man Geschäfte macht: &bdquo;Ein Zuschussbetrieb ist das nicht. Und richtig Spaß macht es auch noch.“

Meistgelesen