Große Angst vor dem Herbst: Stadt stößt Bielefelder Eltern vor den Kopf

Bielefeld. Allein, dass die Reduzierung der Kita-Öffnungszeiten und als mögliche Energiesparmaßnahme mit auf der Agenda fürs städtische Energiesparprogramm steht, sei für Eltern ein Schlag ins Gesicht, sagt Nadine Niewöhner, Vorsitzende des Jugendamtselternbeirats (JAEB). Da gebe es viele andere Möglichkeiten, als wieder die Familien zusätzlich zu belasten. Zudem: Reduzierte Betreuung bei vollen Gebühren, das wollten Bielefelder Mütter und Väter nicht mehr tragen. Deshalb fragte der JAEB jetzt im Jugendhilfeausschuss nach, ob über temporäre Gebührenanpassungen berate werde, falls es im Herbst-/Winter wieder zu starken Einschränkungen des Kita-Betriebs kommen sollte. "Wenn wir Eltern dann womöglich wieder aufgefordert werden, die Kinder zuhause zu betreuen oder Gruppen wegen Personalmangel geschlossen werden", sagt Niewöhner. Verwaltungsseitig sei das nicht in Beratung, heißt es in der Antwort von Sozialdezernent Ingo Nürnberger. Eine Erstattung sei nicht möglich. Der Elternbeitrag richte sich laut Satzung der Zahl der vereinbarten Betreuungsstunden. Ein Abweichen von diesem Grundsatz sei nicht möglich. Auch bei (Teil-)Schließung, Kürzung oder sonstiger Verringerung der Betreuungszeit sei der Elternbeitrag daher voll zu erheben. "Hintergrund dieser konsequenten Regelung ist, dass Elternbeiträge der Mitfinanzierung der (Betriebs-)Kosten der Kindertageseinrichtungen und -pflegestellen dienen", heißt es von der Verwaltung. Sie stellten damit einen Zuschuss zu den (Betriebs-)Kosten dar. Eine direkte Betreuungsleistung sei damit nicht verbunden. Auch eine rückwirkende Anpassung sei bei vermehrt auftretenden Ausfällen nicht angedacht. "In den wenigstens Kitas läuft der Betrieb ganz normal" Und die befürchten nicht nur die Eltern mit Blick auf den Herbst und Winter. Denn schon jetzt zum Start fehlt in den Kitas Personal. Allein in den städtischen Kitas werden aktuell noch 40 Kräfte mit einem Volumen von 26,9 Vollzeitstellen gesucht: Berufspraktikanten, Ergänzungskräfte, Fachkräfte und Heilpädagoginnen, so Nürnberger. Für eine Leitungsstelle und 2 Stellvertretungsstellen gebe es in Kürze noch Auswahlgespräche, so dass diese Stellen eventuell noch besetzt werden könnten. "In den wenigstens Kitas läuft der Betrieb ganz normal, massivere Einschränkungen gibt es noch nicht, sind aber für Herbst/Winter zu erwarten", ergänzt Nürnberger. Wie stark diese sein werden, hänge von den je nach Infektionsgeschehen schwankenden Personalausfällen ab. Derzeit fehlten in den städtischen Kitas elf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch aktuelle Coronaerkrankungen und Quarantäne. "Wir versuchen, uns in der Personalplanung so gut wie möglich vorzubereiten, aber je nach Höhe der Coronawelle wird es ein ungemütlicher Herbst und Winter in den Kitas – sicher nicht nur in den städtischen Einrichtungen, sondern auch in denen der freien Träger", ergänzt Nürnberger. Unterstützungskräfte, die bei alltäglichen, nicht-pädagogischen Arbeiten helfen Die elf Kindertagesstätten des DRK-Kreisverbands Bielefeld mit ihren rund 700 Kindern seien insgesamt gut ins neue Kita-Jahr gestartet, berichtet Marcel Specht, stellvertretende Fachberatung Kindertagesstätten. "Es ist hilfreich, dass die Landesregierung das Kita-Helfer-Programm bis zum Jahresende fortsetzt." So sei es möglich gewesen, engagierte Unterstützungskräfte, die bei alltäglichen, nicht-pädagogischen Arbeiten zu einer hohen Entlastung des pädagogischen Personals beitragen, zu halten oder sogar neu einzustellen. Dennoch sei der Mangel an Fachkräften deutlich spürbar und der Bedarf ungebrochen hoch: "In allen DRK-Kitas werden noch mindestens eine Fach- oder Ergänzungskraft in Vollzeit oder mehrere Fach- oder Ergänzungskräfte in Teilzeit gesucht", berichtet Specht. "In den vergangenen Monaten befanden sich allein aufgrund von Corona rund zehn Prozent der 260 Kita-Mitarbeitenden in Quarantäne." Langzeiterkrankte infolge einer Covid-Infektion gebe es aber glücklicherweise nicht. Corona spiele aktuell eine eher untergeordnete Rolle. "Wir stellen allerdings fest, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufgrund der anhaltend hohen Belastungen immer häufiger und zu einem geringen Teil auch längerfristig erkranken." Aktuell sei das Team einer DRK-Kita in Sennestadt von akuten Krankheitsausfällen besonders betroffen. "Öffnungszeiten in den Kitas zu reduzieren, würde Energie sparen" Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Das zeige die Stadt Hilden, sagen Elternvertreter. Dort sollen Familien mit Kindern in Kita, Tagespflege oder OGS für zwei aufeinanderfolgende Monate im ersten Halbjahr 2023 keine Beiträge zahlen müssen. So plant es die Stadt, um Familien zu entlasten, wenn auch nicht im direkten Kontext zu Ausfallzeiten. Die Politik muss noch zustimmen, berichtet RP-Online.Dass die Stadt Kitazeiten einschränkt, um Energie zu sparen, gilt als unwahrscheinlich. "Energieeinsparungen würden sicherlich entstehen, wenn entschieden würde, die Öffnungszeiten in den Kitas zu reduzieren, sei es durch begrenzte feste Öffnungszeiten am Tag oder durch eine Erhöhung der Schließtage", heißt es beim Punkt "Kitas" unter "Einsparpotenziale und Konsequenzen" in der Vorlage der Verwaltung zur Energiekrise. Beide Maßnahmen bedürften aber einer landeseinheitlichen Vorgabe "und würden erheblichen Widerstand in der Öffentlichkeit auslösen". Das Thema Energiesparmöglichkeiten, unter anderem auch bei der Beleuchtung in und an den Kitas, sei Gegenstand einer Leitungsteam-Dienstbesprechung am 25. August. Die Vorlage ist im öffentlich zugänglichen Ratsinformationssystem auf den Seiten der Stadt einsehbar. Welche Energiespar-Maßnahmen tatsächlich umgesetzt werden, will der Rat am 15. September entscheiden.

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