Gehobene Küche in der wohl höchsten Kantine der Stadt

Bielefeld. Gabriel Bright hat in vielen Etablissements gekocht, in denen die Gäste direkt am Eingang begrüßt wurden. Im Adlon oder im Grand Hyatt in Berlin, in noblen Restaurants in London oder aber auch im Mövenpick Hotel in Bielefeld – ein freundlicher Empfang gehörte einfach dazu. Auch bei seinem jetzigen Einsatzort werden die Gäste von Gabriel Bright am Eingang begrüßt, allerdings nicht von einem Oberkellner, sondern vom Pförtner des Finanzamts Bielefeld-Innenstadt. &bdquo;Ja, bitte?“, kommt es bestimmt, aber auch freundlich aus der Gegensprechanlage. Wer dann das Passwort &bdquo;Ich möchte in die Kantine!“ sagt, wird dann zwar nicht bis zum Tisch geleitet, bekommt aber eine präzise Wegbeschreibung. Der Lohn ist dann ein frisches Essen vom Küchenchef – und einer der wohl großartigsten Ausblicke, den man in Bielefeld beim Mittagessen genießen kann. Im neunten Stock des inzwischen komplett renovierten Gebäudes an der Ravensberger Straße ist seit 2020 das Reich von Gabriel Bright, der mit dem polierten Stahl seiner ebenfalls praktisch neuen Küche um die Wette strahlt. &bdquo;Ich wollte hier einmal etwas ganz anderes machen“, sagt der Gastronom, der im Laufe seiner Karriere schon einige Prominente bekocht hat und jetzt den Bielefelder Finanzbeamten auftischt – das aber nicht mit minder großem Anspruch an sich und seine Küche. &bdquo;Ein guter Koch muss alles können, die gehobene und die normale Küche“, sagt Bright. Wer mit Blick auf die Sparrenburg, die Skyline der Stadt und den Teutoburger Wald zum Frühstück oder zum Mittagessen Platz genommen hat, kann sich darauf verlassen, dass er frisch zubereitete Speisen bekommt. &bdquo;Wir machen hier fast alles selber“, betont der Koch. Gelernt ist eben gelernt. Und gelernt hat Gabriel Bright in seinem Leben eine Menge, und das auch in grundverschiedenen Küchen. Bright stammt gebürtig aus Gambia und kam 1989 zu Freunden nach Bielefeld. Dort begann er dann im damaligen Hotel Mövenpick – dem heutigen Bielefelder Hof am Hauptbahnhof – zunächst als Tellerwäscher. Doch sein damaliger Chef erkannte, dass der junge Afrikaner in der Küche deutlich mehr Potenzial hatte: &bdquo;Er hat mir dann die Chance zu einer Ausbildung gegeben.“ Bright lernte erst Deutsch und dann das Handwerk des Kochs. Und sein Talent wurde erkannt: Zunächst arbeitete er in Wernings Weinstube am Alten Markt, dann bei Gerry Weber in Halle, von wo aus er ins Fünf-Sterne-Hotel &bdquo;Traube Tonbach“ im Schwarzwald wechselte. Von dort aus bewarb er sich zunächst nur für ein Praktikum im Adlon in Berlin. &bdquo;Daraus sind dann drei Jahre geworden“, sagt Bright und lächelt. Danach wechselte er in die Küche des Hyatt, ehe er 2001 in dem Restaurant des damals neu eröffneten Jüdischen Museums Berlin Sous Chef wurde. Nach einigen Jahren stellte er fest, dass sein Wissensdurst noch nicht gestillt ist: Der Koch sattelte auf seine Ausbildung noch ein BWL-Studium drauf – mit dem Schwerpunkt Gastronomie. Schicksalsschlag sorgt für Umzug Ein Schicksalsschlag sorgte dann dafür, dass Gabriel Bright die deutsche Hauptstadt verlassen musste. Seine in London lebende Mutter erkrankte schwer, der Sohn zog nach England, um sich um sie zu kümmern. Dafür schlug er sogar das Angebot aus, in einem Restaurant des Star-Kochs Gordon Ramsay zu arbeiten. &bdquo;Ich habe nach einer Woche aufgehört“, sagt Bright. &bdquo;Ich habe meiner Mutter gesagt: Ich bin hier, um Dich zu unterstützen, und nicht, um Geld zu verdienen.“ Der Sohn hielt sein Wort und blieb bis zum Tod bei ihr. Erst dann kehrte er nach Deutschland und nach Bielefeld zurück, nach einem kurzen Zwischenspiel in Wernings Weinstube bekam Gabriel Bright schließlich das Angebot, die Kantine im Finanzamt zu übernehmen. Und der Vater von zwei inzwischen erwachsenen Kindern schlug zu. Jetzt serviert er werktags von 8 bis 11.30 Uhr Frühstück und von 12 bis 13.30 Uhr ein Mittagsmenü. Auf die Karte setzt er für das etwas konservativere Publikum Kantinen-Klassiker wie Schnitzel oder Currywurst, aber auch anspruchsvolle Gerichte wie Lammhaxe mit Couscous oder eine frische Lauch-Quiche. &bdquo;Ich erfülle auch gerne Wünsche“, sagt Bright. &bdquo;Alles ist möglich.“ Das ist zudem auch das Motto für seinen Partyservice &bdquo;Lemon Catering“, mit dem er nach dem durch Corona ziemlich ausgebremsten Start im Finanzamt jetzt endlich richtig loslegen will. &bdquo;Meine Spezialität ist Fingerfood in jeder Form“, sagt Bright. &bdquo;Wer aber lieber Essen À la carte haben möchte, kann auch das bekommen.“ Einen guten Vorgeschmack darauf kann man täglich im neunten Stock des Finanzamtes Bielefeld-Innenstadt bekommen. Dass man dafür zunächst vom Pförtner gefragt wird, wohin man möchte, sei überhaupt kein Problem. &bdquo;Es kann hier wirklich jeder gerne herkommen“, sagt Bright und lächelt erneut. &bdquo;Einfach nicht von der Klingel abschrecken lassen.“

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