Heftige Kritik am Umgang mit Flüchtlingen in Bielefelder Unterkunft

Bielefeld. Die Vorwürfe wiegen schwer: eine fälschliche Inobhutnahme eines Säuglings, dann weiterer fünf Kinder, Verdacht auf Menschenhandel und Prostitution, der sich nicht bestätigte, mit entsprechender polizeilicher Ermittlung. Außerdem: mit Stoffen bespannte Trennwände, fehlende Waschmaschinen und eigene Kochmöglichkeiten. Dazu nicht ausreichende Spielmöglichkeiten für rund 40 Kinder der ukrainischen Neubewohner der Flüchtlingsunterkunft Schillerstraße. Und deren noch fehlende Eingliederung in Schulen und Kitas. Die Lage in der Halle sei &bdquo;schwer erträglich“ heißt es in einem an die Neue Westfälische gerichteten Schreiben, lediglich unterschrieben von einer Facebookgruppe mit dem kryptischen Namen &bdquo;Transparente Kommunikation mit Behörden“. ASB-Chef bemüht sich um ein differenziertes Bild Weiter heißt es dort, dass die Bewohner, die aus verschiedenen Landstrichen des russisch dominierten Donbass der Ukraine vor etwa drei Monaten geflüchtet seien, von Teilen des Sicherheitspersonals rüde und diskriminierend angesprochen würden. Womöglich, so die Verfasser der Nachricht, sei dies mit der Tatsache zu erklären, dass es sich bei den Geflüchteten in dieser Unterkunft ausschließlich um ukrainische Sinti und Roma handele. Wörtlich führen die Verfasser aus: &bdquo;Stellen Sie sich vor, Sie kommen nach Deutschland als Kriegsflüchtling, Sie sind Analphabetin (...) haben keine Ahnung, was ein Jugendamt ist. Sie hatten nur schreckliche Erfahrungen mit der Polizei in Ihrem Heimatland (...)“. Und zuletzt der Vorwurf: Der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) als Betreiber der Unterkunft schreite trotz alledem nicht ein. Der Träger der Einrichtung, von nw.de auf die Vorwürfe angesprochen, stellt nicht alles Aufgezählte in Abrede, bemüht sich aber um ein differenziertes Bild. &bdquo;Keine Frage“, so ASB-Geschäftsführer Ingo Schlotterbeck, das Leben in so einer Unterkunft sei beschwerlich und es sei fast unmöglich, Privatsphäre herzustellen. Man habe dies mittels der Baustellenwände mit Stoffbespannung zwischen den Betten versucht. Massivere Trennwände seien aus Brandschutzgründen nicht möglich. Weitere Sozialarbeiter wurden eingestellt Was die sonstige Ausstattung angehe, habe man die Zahl der Waschmaschinen inzwischen erhöht. Auch eine kleine Küche wurde geschaffen, in der, neben des Caterings von außen, eigene Mahlzeiten zubereitet werden können. &bdquo;Es handelt sich aktuell um 67 Menschen, davon rund 30 bis 40 Kinder, die faktisch einer Großfamilie zuzuordnen sind“, gibt der ASB-Chef Auskunft. Da die Menschen alle aus dem Donbass stammten und überwiegend &bdquo;russisch vernetzt“ seien, drückt er sich vorsichtig aus, habe man die Gruppe nicht mit anderen Flüchtlingen mischen wollen. Die Betreuung der Kinder werde beständig ausgebaut, aktuell seien weitere Sozialarbeiter eingestellt worden und auch schon vor Ort. Die Beschulung müsse noch einige Wochen warten, weil soeben die Sommerferien begonnen haben. Aber auch daran werde gearbeitet, wie an der Beschäftigung der Kinder vor Ort. &bdquo;Alle sind guten Willens, aber natürlich ist dies eine klassische Halle und kein wirklich gemütlicher Ort“, so Schlotterbeck. Im Hinblick auf die Inobhutnahmen und den Verdacht gegen einzelne Bewohner spricht Schlotterbeck von einem &bdquo;Missverständnis“, das mit Hilfe eines Dolmetschers ausgeräumt werden konnte. Und bezüglich diskriminierender Aussagen durch Security-Mitarbeiter: &bdquo;Wenn wir das mitbekommen, werden solche Leute durch unsere Dienstleister, die Sicherheitsfirmen, ausgewechselt.“ Schlotterbeck: &bdquo;Grundsätzlich versucht der ASB die Willkommenskultur hochzuhalten und diese geschundenen Menschen gut zu betreuen.“ &bdquo;Irritationen“, die ausgeräumt werden konnten Gisela Krutwage, Leiterin des Bielefelder Sozialamts, das für die Registrierung und weitere Leistungen für die Menschen zuständig ist, erläutert die Probleme bei der Ankunft der Gruppe aus dem Donbass vor einigen Monaten: &bdquo;Sie waren unter den letzten großen Zuweisungen, bevor Bielefeld den Aufnahmestopp wegen Überlastung verhängen musste.“ Alle anderen Einrichtungen seien belegt gewesen, es blieb nur noch die Schillerstraße. &bdquo;Natürlich ist eine Turnhalle kein Einfamilienhaus“, schränkt auch sie ein. Sie verweist darauf, dass die Situation &bdquo;sehr dynamisch“ sei, die Behörden intensiv nach alternativen Wohnformen für die Flüchtlinge suchten. Auch Krutwage spricht im Hinblick auf die Inobhutnahme und die weiteren Verdächtigungen von &bdquo;Irritationen“, die aber ausgeräumt werden konnten. Die Sinti und Roma gehörten ja einer Personengruppe an, die in ihrer Heimat Ausgrenzung erlebt hätten, deren nun zusätzliche Belastung durch die Flucht, aber auch die Fremdheit gegenüber &bdquo;unseren Wertmaßstäben“ man berücksichtigen müsse. Regelmäßig gebe es Standorttreffen aller Verantwortlichen, um die Integration der Menschen, die zugegebenermaßen eine Herausforderung sei, &bdquo;zielgruppengenau“ anzuschieben. &bdquo;Unsere Fachkräfte vor Ort bringen eine große Empathie für die Menschen und ihre Lage mit“, betont Krutwage.

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