Fellknäuel aus der Mülltüte vertreibt Kummer und Sorgen

Bielefeld. Aufgepasst: Hier kommt Charly. Zwar ist der Mischling mit dem rehbraun-glänzenden Fell noch etwas kleiner als ein Dackel, aber äußerst selbstbewusst. Er passt genau auf, wenn jemand in den Garten kommt bei Ilse und Friedhelm Olderdissen. Dort verbreitet er seit einem Jahr ansonsten hauptsächlich eines: gute Laune. Und die tut nicht nur dem Ehepaar gut. Auch Frauchen Tanja, Tochter des Hauses, ist wirklich froh, dass sie den kleinen Sonnenschein aus dem Tierschutz bei sich aufgenommen hat. Die vergangenen Monate waren auch für die 47-Jährige, die selbstständig ist im Bereich Messeorganisation, nicht einfach. Die Coronaeinschränkungen hätten ihr durchaus auch psychisch zugesetzt, sagt sie. Sich da gerade auch im Winter, in den dunklen Monaten, jeden Tag zu motivieren, sei nicht immer einfach gewesen. &bdquo;Da hat mir Charly wirklich geholfen. Mit ihm musste ich einfach raus“, sagt sie. Auch bei ihren Eltern sei die Stimmung oft recht angespannt gewesen. Ilse Olderdissen (76) hat mit den Nachwirkungen eines leichten Schlaganfalls zu kämpfen, der Vater (78) mit Gedächtnislücken. Charly bringe wieder etwas Unbeschwertheit, Freude und Spaß ins Haus. &bdquo;Seit er da ist, machen wir auch wieder mehr“, berichtet Ilse Olderdissen. Ob im Garten Ball spielen oder einen kleinen Ausflug, wie zum Köckerhof in Babenhausen zum Beispiel. Mit Hund, den die berufstätige, allein lebende Tochter tagsüber oft zu ihren Eltern bringt, sei ihr Mann zudem auch nicht allein, wenn sie mal nicht zu Hause ist. Ein Hund? Niemals! Ein Hund? Niemals! Das habe dabei lange für den passionierten Kaninchenzüchter festgestanden. Zwar nicht mehr über hundert, aber immer noch rund 25 schneeweiße Hermeline mit roten Augen hält der 78-Jährige im großen Stall hinterm Haus. Für Charly kein Problem. Er saust zwar mutig mit, wenn Olderdissen nach den Tieren schaut, bellt oder knurrt sie aber nicht an. Als habe er verstanden, dass sie genauso dazugehören wie er. Und dass genug Streicheleinheiten für alle da sind, er auf jeden Fall nicht zu kurz kommt. Und, sehr praktisch, kuschelig weich sind sie auch: Das Kaninchenfell auf dem Boden im Wohnzimmer sei sein Lieblingsplatz, ergänzt Olderdissen. &bdquo;Ohne meine Eltern könnte ich keinen Hund halten“, sagt Tanja Olderdissen. In der Coronazeit habe sie dann zumindest endlich selbst etwas mehr Zeit gehabt – und die Eltern überredet. &bdquo;Süß gucken muss er“ sei die einzige Bedingung ihrer Mutter gewesen. Auf dem ersten Foto, das Olderdissen über die Tierschutzorganisation von Charly sah, konnte der Winzling kaum die Augen öffnen. Noch nicht mal eine Hand groß, seien er und seine drei Geschwister als Kleinwelpen in einer Plastiktüte in Rumänien vor einem Tierheim gefunden und mit der Flasche aufgepäppelt worden. Nachts um halb eins am Autobahnrasthof abgeholt Im Alter von 16 Wochen durfte er dann ausreisen. &bdquo;Ich habe ihn nachts um halb eins am Autobahnrasthof in Porta Westfalica abgeholt“, berichtet Tanja Olderdissen. &bdquo;Er war ein kleines Häufchen Elend.“ Davon ist heute, nach gut einem Jahr, nichts mehr zu spüren. Außer vielleicht, dass Charly sein Zuhause anscheinend besonders zu schätzen weiß. &bdquo;Spazieren gehen mag er nicht so“, sagt seine Besitzerin. Außer, wenn seine Hundekumpels, ein Dackel und ein Jack-Russel-Terrier, dabei sind. Dann werde auf der Ochsenheide oft wild getobt. Oder auf dem Fußballplatz, bei Arminia. Charly ist das Maskottchen der ersten Frauenfußballmannschaft des Vereins, Frauchen ist im Orga-Team. Ganz klar für Olderdissen, dass sie mit Charly auch die Hundeschule besucht hat. Auch ein kleiner Hund benötige eine gute Erziehung. Die mache vieles entspannter: für beide Seiten. Charly sei nicht nur Kuschelbär und Familien-Therapiehund, sondern einfach auch ein ganz unkomplizierter Begleiter. &bdquo;Er kommt auch mit auf den Golfplatz“, ergänzt Olderdissen. An der Leine seien Hunde dort erlaubt. Charly ziehe mit ihr von Loch zu Loch, warte geduldig am Trolley, während sie ihre Abschläge macht. Geschafft, aber glücklich: das seien beide dann am Ende immer. Die Aktion "Bielefelds bester Familienhund" Die Lokalredaktion sucht Bielefelds besten Familienhund und hatte die Leserinnen und Leser aufgerufen, Bilder und die Geschichten ihrer Hunde zu mailen. Wir sind überflutet worden von Mails mit süßesten Hundefotos und vielen, vielen Geschichten, die wirklich anrührend sind. Unsere Jury hat nun fünf Tiere aussucht, besucht und erzählt jetzt ihre ganz besonderen Geschichten. Nach der Vorstellung in Zeitung und Internet werden wir dann um Ihre Hilfe bitten, um schließlich Bielefelds besten Familienhund zu küren.

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