Überraschender Rücktritt markiert tiefen Einschnitt bei Bielefelds Grünen

Der Abgang des erfahrenen grünen Ratsfraktionschefs Jens Julkowski-Keppler markiert einen tiefen Einschnitt für das rot-grün-rote Rathausbündnis. Gleichzeitig vollzieht sich in allen großen Bielefelder Parteien gerade ein Generationswechsel. Im Land stehen die Zeichen auf Schwarz-Grün. Dass eine solche politische Konstellation in Bielefeld derzeit schier unmöglich wäre, liegt auch an einem, der jetzt aus der aktiven Politik ausscheiden will. Der grüne Ratsfraktionschef Jens Julkowski-Keppler (67) hat seine politische Agenda in den vergangenen Jahren konsequent verfolgt. Klimaschutz und vor allem die Verkehrswende waren die Themen, bei denen er sich wenig kompromissbereit gezeigt hat. Manche meinen, er sei in diesen Fragen zuweilen zu ideologisch unterwegs. Baumeister von Rot-Grün-Rot Zu Recht gilt Julkowski-Keppler als einer der maßgeblichen Baumeister des rot-grün-roten Rathausbündnisses. Insoweit bedeutet sein Abgang nun einen tiefen Einschnitt für die Koalition. Julkowski-Keppler kam zugute, dass es beim Partner SPD Politiker wie Sven Frischemeier gibt, die bei vielen Themen ganz ähnlich ticken wie die Grünen. Und dass die Linke einen Fraktionschef Bernd Vollmer hat, der lieber mal mitregieren als immer nur von der Seitenlinie aus "besserwissen" will. Doch wie geht es nun weiter, wenn sich so ein langgedienter Politiker wie Julkowski-Keppler aus dem aktiven Dienst verabschiedet? Wie ist es überhaupt um die wichtigen politischen Köpfe in der Stadt bestellt? Nach der jüngsten Kommunalwahl zeigten sich bereits alle Fraktionen in weiten Teilen "runderneuert". Bei den Grünen spricht vieles dafür, dass nun mit Dominic Hallau einer der Hoffnungsträger eine größere Rolle spielen wird. Er wird bereits als künftiger Fraktionschef gehandelt. Wer demnächst den weiblichen Part der grünen Fraktions-Doppelspitze übernimmt, scheint dagegen noch offen. Denn Amtsinhaberin Christina Osei möchte den Posten ebenfalls gern aufgeben, zumal sie gerade frisch in den Landtag gewählt wurde. Doch vorsichtshalber hat sie sich schon einmal bereit erklärt, notfalls auch bis zum Frühjahr in dieser Funktion zu bleiben. Im Erneuerungsprozess Bei den Sozialdemokraten steht der Fraktionsvorsitzende Riza Öztürk bereits für die Generation Neuanfang. Öztürk fokussiert sich sehr auf die Sozialpolitik, will dort Schwerpunkte setzen. Beim Thema Verkehrswende kommt es nicht selten zum Konflikt zwischen der Ratsfraktion und den Sozialdemokraten in der mächtigen Bezirksvertretung Mitte, die manche Idee der Rats-Kollegen als zu forsch empfinden. In dem Stadtteilparlament ist es der ebenfalls noch junge und ambitionierte SPD-Fraktionschef Frederik Suchla, der auf eigene Positionen pocht. Die FDP macht derweil muntere Oppositionspolitik. In ihrer zweiten Wahlperiode gehören Fraktionschefin Jasmin Wahl-Schwentker und Parteichef Jan Maik Schlifter schon zum Establishment, aber auch bei den Liberalen tut sich mit Ratsmitglied Leo Knauf ein mal gerade 20 Jahre altes Talent auf, das den politischen Konflikt nicht scheut. Dass ein 25-jähriger Tom Brüntrup für die CDU das Landtagsmandat im Wahlkreis 93 direkt gewonnen hat und nun die 33-jährige Christiana Bauer die Partei führt, zeigt, dass auch die Union zuletzt große Schritte in Richtung Neustart gemacht hat. Gerade der Bielefelder CDU wurde gern eine gewisse Behäbigkeit vorgeworfen. Aber vielleicht hat sie mit einer verjüngten Parteispitze und einer erfahrenen Ratsfraktionsspitze eine gute Ausgangslage in einer Bielefelder Parteienlandschaft, die sich gerade neu sortiert.

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