Landtagswahl 2022 Landtagswahl 2022 in Bielefeld: Welche Chancen haben die Parteien?

Bielefeld. Selten war eine Landtagswahl in Bielefeld so spannend wie dieses Mal. Doch das steht im Widerspruch zum Wahlkampf. Der war eher mau. Kandidatinnen und Kandidaten arbeiten sich an Hausbesuchen und Wahlkampfständen auf den Wochenmärkten ab, große Auseinandersetzungen: Fehlanzeige. Dabei könnten die Karten am Wahltag komplett neu gemischt werden. Die CDU hofft auf den Schleswig-Holstein-Effekt Der schleswig-holsteinische CDU-Ministerpräsident Daniel Günther hat vorgemacht, worauf auch die Union in NRW und in Bielefeld hofft: satte Mehrheiten gewinnen. Ob es in den drei heimischen Wahlkreisen für 43-Prozent-Ergebnisse wie im hohen Norden reicht, ist offen. Aber gute Resultate sind drin. Müssen es für die CDU auch sein, denn keiner im Bewerber-Tirio verfügt über einen sicheren Listenplatz. Mechthild Frentrup ist im Wahlkreis 94 (Altkreis Halle, Jöllenbeck, Dornberg) gut vernetzt und kann Mitbewerber Thorsten Klute durchaus schlagen. Schon 2017 war hier das Rennen äußerst knapp. Im Wahlkreis 93 (Heepen, Stieghorst, Brackwede, Senne, Sennestadt) präsentiert die CDU mit dem 24-jährigen Tom Brüntrup ein frisches Gesicht. Brüntrup hat sich durch die Stadtteile "gegrillt" hat. Überall wurden Nachbarschaftstreffen organisiert, und bei Bratwurst und einem Kaltgetränk hat der Youngster seine Botschaften an die Leute gebracht. Im für die Union eigentlich schwierigen Wahlkreis 92 (Mitte, Schildesche Gadderbaum) kann der erfahrene Kommunal- und Landespolitiker Ralf Nettelstroth am Ende lachender Dritter werden, wenn sich SPD und Grüne gegenseitig die Stimmen wegnehmen. Selbst auf dem ur-grünen Siegfriedplatz hat er durchaus positive Stimmen über die Politik der schwarz-gelben Landesregierung wahrgenommen, berichtet der Abgeordnete. Die SPD setzt auf Wechselstimmung Christina Kampmann, Nettelstroths SPD-Konkurrentin im Wahlkreis 92, ist sich sicher: Die Schleswig-Holstein-Wahl mit dem miserablen SPD-Ergebnis hat keine Auswirkungen auf NRW. Im Gegenteil: "Hier herrscht Wechselstimmung", sagt sie. Die Sozialdemokratin, die bis 2017 NRW-Familienministerin war und vor fünf Jahren den Wahlkreis 92 mit einem Traumergebnis holte, erinnert an die "verfehlte Schulpolitik" und die "miserable Umweltpolitik" von Schwarz-Gelb. Sie ist aber auch überzeugt davon, dass die amtierende Regierung keine Antworten auf die Fragen hat, die die Menschen jetzt tatsächlich umtreiben: "Sie machen sich Sorgen um die hohen Preissteigerungen und den Krieg in der Ukraine." Die Sorgen müsse man ernst nehmen und in eine sozial gerechtere Politik umsetzen. Einer, der sich auch in der Landespolitik auskennt, ist Thorsten Klute (Wahlkreis 94). Der Noch-AWO-Geschäftsführer war schließlich schon einmal Staatssekretär in der früheren rot-grünen Landesregierung. Ihm werden wie Kampmann durchaus wieder Chancen für ein Regierungsamt eingeräumt. Aber sie teilen das Schicksal der CDU-Kandidaten. Ihre Wahlkreise müssen sie erst einmal direkt holen. Das gilt auch für den Dritten im Bunde, NesrettinAkay, der Regina Kopp-Herrs Erbe im Wahlkreis 93 antreten möchte. Kopp-Herr war für die SPD dort mehrfach erfolgreich. Nesrettin Akay setzt ebenfalls vor allem auf soziale Themen, will unter anderem möglichst schnell die Kita-Gebühren abschaffen. Die Grünen strotzen vor Zuversicht Geht es nach den Umfragen, werden die Grünen auf Landesebene ein deutlich zweistelliges Prozent-Ergebnis erzielen. Das ist gut für Christina Osei. Die Kandidatin im Wahlkreis 92 ist die einzige unter allen Bielefelder Mitbewerbern, die über einen aussichtsreichen Listenplatz verfügt. Rang 21 müsste locker reichen, um in den Landtag einziehen zu können. Aber Osei kann sich auch mehr vorstellen. Das Wort "Direktmandat" nimmt sie selbstbewusst in den Mund. Ausgeschlossen ist es nicht. Sind doch Teile von Mitte und vor allem ihr Heimatbezirk Gadderbaum grüne Hochburgen. CimKartal (Wahlkreis 93) und Romy Mamerow (Wahlkreis 94) sind eher Zählkandidaten ohne reelle Chance. Sie werben vor allem für die so wichtigen Zweitstimmen. Und am Tag nach der Wahl? Auf eine Koalitionsaussage will sich Christina Osei nicht festlegen. Sie wünscht sich eine Zweier-Konstellation - und das ginge aus ihrer Sicht am liebsten mit der SPD, aber auch mit der CDU. Eine Ampel wie in Berlin ist nicht ihr Ding. Die FDP sitzt zwischen den Stühlen Eine Ampel ausschließen wollen die Liberalen nicht. Böte sie ihnen doch die Chance, in Düsseldorf weiter mitzuregieren, sollte es für Schwarz-Gelb nicht noch einmal reichen. Das wäre die eigentliche Wunsch-Konstellation. Auch wenn die drei Bielefelder Kandidaten Leo Knauf (Wahlkreis 92), Kai Detlefsen (93) und Martina Schneidereit (94) keine Direktwahlchancen besitzen und nicht über annähernd aussichtsreiche Listenplätze verfügen, sind die Liberalen auch in diesem Wahlkampf fleißig unterwegs, setzen auf die bekannte Mischung aus kommunal- und landespolitischen Themen. Die Liberalen lassen keine öffentliche Debatte von Tierpark-Umzäunung bis Kunsthallen-Sanierung aus, um sich Gehör zu verschaffen. Nicht akzeptabel: Die Reaktion von Linken-Vorstand Dominik Goertz, der auf Twitter einen Beitrag mit einem Like versah, in dem Knauf mit einem Gulag gedroht wurde. Zum Thema:Alle Bielefelder Kandidatinnen und Kandidaten für die Landtagswahl 2022 im Überblick Die Fragezeichen bei Linken und AfD Vielleicht liegt dieser Fehlgriff am Stimmungstief, in dem sich die Linke aktuell befindet. Konnte die Partei bei vorausgegangenen Wahlen etwa im Stadtbezirk Mitte durchaus ordentliche Resultate erzielen, wird sie diesmal wohl deutlich weniger Stimmen einfahren. Für den Landtag hatte es schon 2017 nicht mehr gereicht. In den war aber die AfD gekommen. Deren Bielefelder Kandidaten Florian Sander (Wahlkreis 92) und Maximilian Kneller (93) wissen zu polarisieren. Auch sie sind Stimmensammler für ihre Partei, haben selbst keine Aussicht auf ein Mandat. Sie könnten aber mit dafür sorgen, dass es für einen Wiedereinzug ins Parlament reicht. Alle Informationen zum Wahlkreis 92 Alle Informationen zum Wahlkreis 93 Alle Informationen zum Wahlkreis 94

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