Raubversuch im Waffenladen: Die traurige Geschichte hinter der Geschichte

Bielefeld/Herzebrock-Clarholz. Es gab eine Zeit, in der Sascha S. (Name geändert) die Polizei seiner Heimatgemeinde sowie deren Kollegen in Rheda-Wiedenbrück beinahe täglich beschäftigte. Immer wieder drohte der 28-jährige Mann aus Herzebrock-Clarholz, sich oder anderen etwas anzutun - ohne dies jedoch in die Tat umzusetzen. Das auffällige Verhalten des Manns kulminierte schließlich in einem letztlich gescheiterten Raubversuch in einem Bielefelder Waffengeschäft. Das Landgericht verurteilte S. nun zu zweieinhalb Jahren Gefängnis. Darüber hinaus ordnete die I. Große Strafkammer unter dem Vorsitz von Richter Georg Zimmermann die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus an. Waren die Taten Versuche der Kontaktaufnahme? Hinter den Taten stehe letztlich eine traurige Geschichte, führte Richter Zimmermann in der Urteilsbegründung aus: Sascha S. ist in schwierigen Verhältnissen aufgewachsen, leidet unter einer Intelligenzminderung sowie einer Impulskontrollstörung. Eine denkbar ungünstige Kombination, doch wurden die Impulsdurchbrüche des Angeklagten in dessen Jugend durch entsprechende Betreuung in verschiedenen Einrichtungen noch halbwegs aufgefangen. Schwierig wurde es, als S. als Erwachsener offenbar zunehmend anspruchsvoller hinsichtlich der Art der Betreuung wurde. Er wechselte mehrfach die Einrichtungen, ab Frühjahr 2020 lebte er schließlich auf der Straße. Und so kam es, dass sich die Polizei in Rheda-Wiedenbrück und Herzebrock-Clarholz in den Folgemonaten beinahe täglich mit S. auseinandersetzen musste. Immer wieder setzte er Notrufe ab, in denen er insbesondere seinen eigenen Suizid androhte. Erschien dann die Polizei vor Ort, gab es dort auch oftmals noch Ärger. Auch wenn es etwas verquer anmuten mag, so war Ursprung dieser Taten wohl der Wunsch nach Beachtung - hegte Sascha S. doch eine nicht gerade kleine Bewunderung für Polizeibeamte. Und da er auf einem friedlichen Weg keinen Kontakt zur Polizei bekam, suchte er diesen eben im Streit und durch auffälliges Verhalten."Das muss eine Gesellschaft aushalten" In einigen Fällen mag auch einfach der Wunsch nach einem Dach über dem Kopf Auslöser für die wirren Aktionen des 28-Jährigen gewesen sein. Und ein Dach über dem Kopf hieß für S., eine kurzzeitige Unterbringung in der LWL-Klinik. Die allermeisten Einrichtungen waren zu jener Zeit schon nicht mehr bereit, S. bei sich aufzunehmen. "Das alles ist sicher unendlich lästig, doch rechtfertigt es noch keine unbefristete Unterbringung. Das muss eine Gesellschaft aushalten", sagte Zimmermann in der Urteilsbegründung. Dies änderte sich jedoch im vergangenen Jahr, als S. zunehmend aggressiver vorging. Bei einer Gelegenheit randalierte er in einer Klinik in Telgte und bewarf Pfleger - glücklicherweise ohne zu treffen - mit leeren Flaschen und sogar einem Zaunpfahl. Auf dem Bahnhofsvorplatz in Rheda-Wiedenbrück bedrohte und beleidigte er bei anderen Gelegenheiten mehrere junge Frauen, als diese auf seine Kontaktversuche nicht eingingen. Eine rote Linie wurde überschritten Am 13. September 2021 schließlich betrat Sascha S. am späten Nachmittag ein in der Bielefelder Innenstadt gelegenes Waffengeschäft. Er brachte sein Anliegen vor, nämlich die von ihm mitgeführte Druckluftpistole bitte umzutauschen oder aber ihm das Geld dafür zu erstatten. Davon abgesehen, dass es fraglich war, ob S. die Pistole wirklich in dem betroffenen Geschäft erworben hatte, war diese derart deformiert, dass der Verkäufer ungläubig fragte, ob das Gerät denn auch beim Kauf schon so ausgesehen habe. Die ehrliche Antwort des Angeklagten: Nein, ein Freund habe die Pistole ruiniert. Als es daraufhin wenig überraschend kein Geld zurück gab, verließ S. wütend das Geschäft - nur um etwa 45 Minuten später mit einem kleinen Fläschchen Pfefferspray in der Hand erneut dort aufzutauchen. Als sich der Verkäufer weiterhin weigerte, die Pistole umzutauschen und stattdessen im Beisein des Täters die Polizei anrief, begab sich S. schließlich nach draußen. Schmollend erwartete er vor dem Geschäft die Polizeibeamten. Während der Fahrt ins Polizeigewahrsam beleidigte er die Beamten und randalierte unentwegt.Die Entwicklung des Angeklagten habe 2021 leider einen ungünstigen Verlauf genommen, sagte Zimmermann in der Verhandlung. Mit der Bewaffnung sei dann schließlich eine rote Linie überschritten worden: "Dies muss die Gesellschaft nun nicht mehr hinnehmen."

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