Kita statt alter Bäume? Der Kampf um das Hagenbrockwäldchen verschärft sich

Bielefeld. Es gibt doch noch Hoffnung fürs Hagenbrockwäldchen. Dass die letzte kleine grüne Oase in diesem Teil Brackwedes wirklich der einzig realistische Standort für die schnelle Realisierung einer dringend benötigten Kindertagesstätte sein soll, nehmen die Bezirkspolitiker dem Jugendamt nicht ab. Sie zerrissen förmlich die Informationsvorlage, die der stellvertretende Jugendamtsleiter Jochen Hanke zu verteidigen suchte. Die Verwaltung soll erneut mögliche Alternativstandorte prüfen, die Brackweder wollen die Suche mit einer speziellen Arbeitsgruppe begleiten."Die Vorlage ist unmöglich", schimpfte beispielsweise Ursel Meyer (CDU). Darin seien neben dem Hagenbrockwald nur Standorte aufgeführt, die angeblich nicht geeignet seien. Doch der Bereich sei für eine weitere Kita neben den beiden bereits vorhandenen dann ebensowenig eignet. "Es gibt wegen der Lebenshilfe bereits viele Verkehre, die Straßenverhältnisse sind eng", kritisierte Meyer. Fraktionssprecher Carsten Krumhöfner warf dem Jugendamt gar fehlende Kreativität bei der Standortsuche vor.Anderenorts werde wegen elf maroden Bäumen der Verwaltungsvorstand der Stadt beschäftigt, hier solle ein ganzes Waldstück, das auch fürs Kleinklima wichtig sei, für eine Kita geopfert, nur weil es einfacher sei, schimpfte Krumhöfner. Er schlug spontan noch das ungenutzte Gilsdorf-Gelände an der Ecke Stadtring/Windelsbleicher Straße vor oder eine Brachfläche im Bereich Cansteinstraße/Heuberger Straße. Die Informationsvorlage sei "nur so dahin gemacht, weil es eine Lösung braucht". Vorwurf der Unfähigkeit Jochen Hanke widersprach. "Den Vorwurf der Unfähigkeit der Verwaltung weise ich entschieden zurück", sagte er in der jüngsten Sitzung der Bezirksvertretung. So seien auch alle bisherigen Vorschläge der Bezirkspolitiker für eine Lösung von Bau-, Umwelt- und Jugendamt geprüft worden. "Eine andere Infovorlage als diese war nicht drin." Aber natürlich werde man auch gerne weitere Grundstücke prüfen.Auf sieben Seiten hatte das Jugendamt ausführlich Stellung genommen und erläutert, warum die geprüften Alternativen allesamt nicht geeignet sind, den dringenden Bedarf von mindestens acht neuen Kita-Gruppen zu decken. Dazu zählte das Areal der so genannten "Historischen Mitte" samt Kimbernhaus sowie sechs weitere Standorte: die große Freifläche gegenüber der Stadtbahnhaltestelle Rosenhöhe, das Gebäude, das die Hicret-Gemeinde an der Olper Straße einst als Moschee-Standort gekauft hatte, aber dort nie zum Zuge gekommen war, und den Parkplatz am Stadtpark. Ein Neubau am Lönkert, wo noch die "Kleinen Strolche" residieren und dort nicht bleiben können, komme wegen Lage und Größe des Grundstückes auch nicht in Frage. 75 Kinder ohne Betreuungsplatz in Brackwede Der Kindergarten-Bezirk Brackwede I hat laut Jochen Hanke die schlechteste Versorgungslage bei den Drei- bis Sechsjährigen in der Stadt. Die aufzunehmenden Ukraine-Flüchtlinge kämen jetzt noch dazu. "Dass die Entscheidung nicht leicht fällt, wissen wir", sagte der stellvertretende Amtsleiter. Nach der Kritik von Anwohnern und des Bundes für Umwelt- und Naturschutz (BUND) habe man die Sachlage dort noch einmal geprüft. "Sechs Punkte in der BUND-Stellungnahme sind zudem falsch und interessengeleitet", betonte Hanke. So werde nicht der gesamte Wald mit seinen 5.000 Quadratmetern gerodet, sondern lediglich ein Fünftel der Fläche. Die neue Kita brauche eine Grundfläche von 400 Quadratmeter plus Freiflächen. Es sei auch falsch, dass die Verwaltung sich für den alten Baumbestand nicht interessiere. "Wir haben die Interessen der Kinder und der Umwelt aber abgewogen." Falsch sei auch, dass Brackwede nur eine neue Kita benötige, insgesamt seien es fünf. "Wir brauchen also mehr als einen Standort." An der Heuberger Straße habe man Potential für Standort Nr. 3 gesehen. Baldige Lösung für Lönkert-Kita Bei den "Kleinen Strolchen" am Lönkert bestehe hoher Handlungsdruck, erklärte Hanke. Da könne man sich nicht ewig lange Zeit bei der Suche nach einer Ersatzlösung lassen. "Und mindestens 75 Kinder, die in Brackwede wohnen, finden schon jetzt keinen Kita-Platz" vor Ort. Ziel der Verwaltung sei es, noch vor der Sommerpause eine Verkaufsvorlage auszuarbeiten, um die benötigte Waldfläche an einen privaten Investor zu veräußern, damit dort schnell eine neue Einrichtung entstehen kann. "Bis dahin können wir gerne weitere Standorte prüfen", so Hanke. Wenn die Bezirkspolitiker grundsätzlich Nein sagten, "nimmt das den Druck von mir", dringend benötigte Kita-Plätze zu schaffen. Diese wollten sich aber den schwarzen Peter nicht zuschieben lassen. Sie machten weitere Vorschläge, auch dazu, wie temporär Abhilfe geschaffen werden könnte. Peter Fietkau (SPD) nannte beispielsweise die leerstehenden Räume des Begegnungszentrums Bethel, der Commerzbank und das Kimbernhaus als Interimslösungen. Die Grünen sind weiter der Auffassung, dass Abriss und Neubau am Lönkert möglich sein könnte. Zudem soll mit den Eigentümern zweier freien Parzellen an der Sauerlandstraße Kontakt aufgenommen werden. Mehr Kreativität wollen die Brackweder, "da lassen wir Sie nicht aus der Verantwortung", sagte Krumhöfner zu Hanke.

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