Eklat: Ist eine grüne Bezirkspolitikerin in Bielefeld unrechtmäßig im Amt?

Bielefeld. Mit einem Paukenschlag hat am Donnerstagnachmittag die Sitzung der Bezirksvertretung Brackwede begonnen: Karen Meyer, Vertreterin der Bündnisgrünen, soll ihr politisches Mandat seit November 2020 unrechtmäßig ausüben, da sie seitdem Mitarbeiterin des Gesundheitsamtes ist. Die Gemeindeordnung verbietet diese Kombination von Amt und Mandat. Rainer Seifert (FDP) forderte daher in seinem Geschäftsordnungsantrag, diesen Umstand gründlich zu prüfen und welche Auswirkungen dies auf alle bisherigen Beschlüsse des Gremiums habe – bis hin zur Wahl des Bezirksbürgermeisters. Seifert warf Meyer auch vor, gegen die Veröffentlichungspflicht verstoßen zu haben, die es für jeden Mandatsträger gibt. Dort sei lediglich nachzulesen, dass sie Industriekauffrau von Beruf sei, von einer Beschäftigung in der Stadtverwaltung sei dort nichts zu lesen. &bdquo;Das ist aus meiner Sicht ein Vertrauensbruch“, so Seifert gegenüber der NW. Karen Meyer war von dem Vorstoß sichtlich getroffen. Sie arbeitet als sogenannter Containment-Scout in der Corona-Nachverfolgung im Gesundheitsamt. &bdquo;Mir fehlen ein bisschen die Worte. Der Antrag ist ein Unding“, sagte sie. Sie betonte, ihr Wirken in der Bezirksvertretung Brackwede sei mit dem Büro des Rates abgesprochen. Leiter Matthias Kricke, der auch für Grundsatzangelegenheiten der politischen Gremien wie diesen zuständig ist, habe davon gewusst. &bdquo;Es ist alles geregelt und geklärt“, betonte Meyer, die den Vorwurf Seiferts als &bdquo;absurd“ bezeichnet. Der Liberale hätte sich lieber im Vorfeld &bdquo;erkundigen können und sollen“. Büro des Rates wusste um die Personalie Bescheid Auch die CDU sah Klärungsbedarf. &bdquo;Für mich ist das eine Frage des Rechtsamtes, und Herr Kricke ist kein Jurist“, erklärte Sprecher Carsten Krumhöfner, &bdquo;Es ist in unser aller Interesse, dass das geprüft wird. Wir können es uns nicht leisten, dass Beschlüsse nichtig sind.“ Er forderte Karen Meyer auf, nicht an der Sitzung teilzunehmen. Bezirksamtsleiter Hans-Georg Hellermann zeigte sich ebenfalls überrascht. Er wünschte, Seifert hätte sich vorher an ihn gewandt, &bdquo;dann hätten wir das schon prüfen können“. Hellermann erklärte, dass die Gemeindeordnung mittlerweile etwas differenzierter betrachtet werde. Ob ein politisches Mandat möglich ist oder nicht, komme heute auf die Tätigkeit eines tariflich Beschäftigten einer Kommune an, sei nicht generell ausgeschlossen. Michèle Saskia Pohle vom Bezirksamt sah zumindest eine Befangenheit bei allen Beschlüssen, die zum Beispiel zur Coronaschutzverordnung getroffen worden seien. Karl-Ernst Stille, langgedientes Mitglied der Grünen, sah indes keine Notwendigkeit &bdquo;in Dramatik zu verfallen“. Das Büro des Rates sei keine unbedeutende Einrichtung der Stadt Bielefeld und angesichts der dortigen Kenntnis des Falls könne die heutige Sitzung seines Erachtens normal abgewickelt werden. Den geäußerten Gedanken, gegen Beschlüsse der Bezirksvertretung Brackwede könnte aus diesem Grund geklagt werden, hielt Stille für &bdquo;weltfremd“. &bdquo;Wir halten eine Prüfung für überflüssig.“ Karen Meyer wollte sich zunächst nicht in den Zuschauersaal zurückziehen. Doch nach einer Sitzungsunterbrechung, in der auch heftig gerungen wurde, nahm sie nicht mehr an der Sitzung teil. Im Gegenzug wurde nur über nicht strittige Themen beraten, Tagesordnungspunkte, die keine Einstimmigkeit versprachen, und der nicht-öffentliche Teil wurde von der Tagesordnung abgesetzt. Das Rechtsamt der Stadt Bielefeld konnte am Freitag noch keine Stellungnahme zum Thema abgeben. Der Sachverhalt werde jetzt differenziert geprüft, sagte Stadtsprecherin Kristina Beermann. Auch Matthias Kricke wollte zum laufenden Verfahren nichts sagen.

Meistgelesen