Spektakulärer Ausbruch aus dem Gefängnis - Neue Sicherheitszentrale

Bielefeld. Die Justizvollzugsanstalt (JVA) Bielefeld Brackwede ist ein Gefängnis des geschlossenen Vollzugs. Hier landen unter anderem Strafhäftlinge, die schwere Schuld auf sich geladen haben. Insgesamt 2.070 Männer und 182 Frauen wurden hier im vergangenen Jahr aufgenommen und in Zellen gesperrt. Eine beeindruckend hohe Zahl. Dabei war die Belegung von durchschnittlich 486 Gefangenen bei theoretisch 542 Zellenplätzen &bdquo;erfreulich entspannt“, sagte Anstaltsleiter Uwe Nelle-Cornelsen angesichts seiner Jahresbilanz. Belegung Eine Belegung von 90 Prozent bedeutet zwar immer noch, dass die JVA Brackwede 2021 landesweit erneut zu den höchstbelasteten Gefängnissen gehörte. Doch angesichts einer Routine von mehr als 100 Prozent vor der Pandemie konnten der Chef und seine Justizangestellten auch im zweiten Jahr etwas ruhiger agieren. Doch kein Grund zur Gelassenheit. Anfang März lag die Quote übrigens schon wieder bei 95 Prozent. Ausbruch Nach vielen Jahren ohne erfolgreichen Ausbruch in Brackwede zeigte ein geschickter Fassadenkletterer seinen Mitinsassen am 2. Juni 2021, wie man es doch schaffen kann. Der U-Häftling (38) war zunächst nach der Einlieferung aus der Transportabteilung entwischt, überwand zwei Zwischenmauern und kletterte dann senkrecht an der sechs Meter hohen Hafthausfassade hinauf. Anschließend überwand er auch noch den sogenannten Widerhakensperrdraht (oder auch NATO-Draht) am oberen Ende der Mauer und flüchtete in den angrenzenden Wald. Es war das erste Mal, dass ein Häftling die massiven Mauern des Gefängnisses überwinden konnte. &bdquo;Der Ausbruch wurde begünstigt durch aktuelle Baumaßnahmen am Tattag“, erklärte Sprecher Tobias Burkardt. Doch die Freiheit des Ausbrechers währte nur kurz. Nach zwei Stunden schnappte ihn die alarmierte Polizei. Trickreiche Vorgänger Seit 1992 war kein Häftling mehr aus Bielefelds geschlossenem Vollzug entwichen. Fast 30 Jahre später gelingt es erstmals wieder einem Häftling. Der Kletterer aus Georgien kam im Juni 2021 wegen schweren gemeinschaftlichen Diebstahls hinter Gitter. Seine Vorgänger waren trickreicher. Zwei Bankräuber waren die ersten, die am 20. Oktober 1977 – fünf Monate nach JVA-Eröffnung – mit Hilfe eines nachgemachten Schlüssels in den Heizungskeller und von dort durch den Schornstein aufs Dach der JVA gelangt waren. Von dort seilten sie sich ab. Beide wurden später gefasst. 1987 nahmen drei Schwerverbrecher zwei Vollzugsbeamte als Geiseln. Trotz ihrer Sprengsätze stoppte die Polizei ihre Flucht direkt vor dem Toren der Anstalt. 1989 schaffte es ein Häftling, sich in einem Karton zu verstecken, der mit einem Lieferwagen nach draußen fuhr. 1992 machte ihm das Kunststück eine Gefangene in einem Container voller Schaumstoffteile nach. Corona Zwei Jahre lang war das geschlossene System JVA ein Garant für Infektionsschutz. Eine konsequente Isolation der Neuzugänge hatte auch 2021 gut funktioniert. &bdquo;Anfang 2022 hat uns Omikron aber dann doch erwischt“, sagt Nelle-Cornelsen. &bdquo;Wir hatten zwei bis drei größere Corona-Ausbrüche.“ In der Spitze waren mehr als 40 Gefangene gleichzeitig infiziert. &bdquo;Hier hatten das erste Mal die vorgesehenen Quarantäne-Pläne nicht mehr ausgereicht.“ Mittlerweile sei der Infektionsstand aber wieder einstellig, so der Anstaltsleiter. Vollständig geimpft sind Ende Februar übrigens 242 der Inhaftierten, geboostert sind 19. Ungeimpft sind 195 Häftlinge, zumindest einen Pieks hatten 55. Drogenabhängige 299 Männer und 57 Frauen wurden 2021 von der Suchtberatung hinter den Mauern betreut. 197 Häftlinge wurden sogar entgiftet, 396 erhielten eine ärztlich begleitete Substitutionsbehandlung (Methadon). Natürlich ist deshalb Drogenhandel auch hinter Gittern üblich. Allerdings finden die Revisionsgruppen der Justiz immer nur Kleinsmengen, wie Sprecher Volker Sander berichtet: Insgesamt 15 Gramm Methadon, 9,2 Gramm Cannabis, 3,3, Gramm Heroin und 0,5 Gramm Amphetamine fanden die Spürhunde und Suchtrupps im vergangenen Jahr in den Zellen. Psychisch Kranke Ein hoher Anteil an psychisch auffälligen Häftlingen machte insgesamt 1.300 Psychotherapiesitzungen bei 70 Betroffenen nötig. Eine durch Personalaufstockung mögliche Verdoppelung dieses wichtigen Angebots. "Viele von ihnen gehören aufgrund ihrer Probleme gar nicht bei uns ins Haus. Die gehören in die Psychiatrie", sagt Nelle-Cornelsen. "Aber auch dort sind die Kapazitäten begrenzt." Lebenslang 18 Gefangene verbüßen aktuell in Brackwede eine lebenslange Haftstrafe. Am längsten ist derzeit ein Mann inhaftiert, der bereits seit mehr als 42 Jahren in der JVA einsitzt. Der Älteste ist 75 Jahre alt. Neue Sicherheit Während der Containerbau für das neue Hafthaus 8 im vergangenen Jahr sehr gut voranging und möglicherweise im Dezember schon &bdquo;bezugsfertig“ sein könnte, hat die JVA auch in eine bessere Sicherheitstechnik investiert. Schon im September konnte die neue und erweiterte Sicherheitszentrale (Baukosten: 980.000 Euro) ihren Betrieb aufnehmen. Weil das neue Hafthaus nicht mehr über Wachtürme, sondern durch Sensoren- und Kameratechnik bewacht wird, verfügt die JVA inzwischen über eine hohe dreistellige Zahl an Beobachtungskameras. Die Bilder laufen zentral im neuen Monitorraum der Sicherheitszentrale zusammen.

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