Bielefeld Das große Abräumen: Altstadt wieder frei für Autos

Bielefeld. Die Anwohner sind froh und erleichtert, die Ladenbesitzer auch, und die Autofahrer - besonders die von außerhalb - sowieso. Im Altstadt-Hufeisen läuft das große Aufräumen. Schilder werden entfernt, Markierungen getilgt, Parkplätze wiederhergestellt, die weißen Parkhäuschen abtransportiert. Der Verkehrsversuch "altstadt.raum" ist endgültig passé. Zumindest vorerst. Bis auf die altbekannten Einbahnstraßen sind die Fahrbahnen wieder überall freigegeben. Und die gewohnten Stellplätze auch: Nur an einigen wird noch gewerkelt. Mark Hehmann vom städtischen Umweltbetrieb ist bereits seit Dienstagmorgen um 8 Uhr fleißig. Zusammen mit seinen Kollegen schraubt er Straßenschilder ab und neue an, hat gleichzeitig ein Auge auf in die Jahre gekommene Straßennamen-Beschilderung. Die Männer richten Zone-30-Zonen ein, markieren und demarkieren, stricheln Parkbereiche neu aufs Pflaster. Über 100 Schilder, schätzt er, werden eingelagert oder, bei schlechtem Zustand, ganz entsorgt, rund 50 neu aufgestellt. "Alles wird so hergestellt, wie es einmal war." Die Männer vom Umweltbetrieb haben gut zu tun, "wir werden heute wohl nicht mit allem fertig". Parkplätze statt Tischtennis Am Kirchplatz stemmt Bauarbeiter Niko Lerose den Beton auf. Hier standen einmal Tischtennisplatten und Kicker, nun wird wieder Kopfsteinpflaster verlegt, kehren die Parkplätze dorthin zurück. Ein paar Meter weiter, am Anfang der Renteistraße, sind die Fahrradbügel bereits abgebaut, auch dort können nun wieder Autos abgestellt werden. Die Schließfächer sind in einem festen schwarzen Kasten verpackt, sie warten auf ihren Abtransport. Michael Hohensohn, Inhaber des Radladens "Radstand" an der Ritterstraße, hat den Abtransport des weißen Wärterhäuschens - von allen nur "Klo" genannt, berichtet er - mit einiger Befriedigung verfolgt. Schon über die Aufstellung direkt vor seinem Laden - "wer mit dem Auto vorbeifuhr, der konnte den bis obenhin nicht mehr sehen" - sei er nicht informiert worden: "Das passierte über unsere Köpfe hinweg." Nun also gehe es zurück auf Anfang: "Und jetzt gucken wir mal, was die sich wieder einfallen lassen". Er riet zu einem Blick ins Nachbarland, den Niederlanden, wo es deutlich besser funktioniere mit der Verkehrslenkung und mit fahrradfreundlichen Innenstädten. Interessiert beobachtet Michael Frommelt das rege Treiben vor seiner "Stöberstube" an der Ritterstraße/Ecke Notpfortenstraße. "Das ist schon aufregend", meint er und erinnert besonders an die Hilflosigkeit Auswärtiger und Älterer angesichts der für sie undurchschaubaren Verkehrsregelungen direkt vor seiner Ladentür. An ratlose Autofahrer, die sich "festfuhren" zwischen Baumkübeln, "Einfahrt verboten"-Schildern und nachdrängendem Verkehr. Und an Beinahe-Unfälle. "Viele haben mir echt leidgetan." Kicker und Paletten für Kitas und Schulen Der Vorsitzende der Kaufmannschaft, Henner Zimmat, sieht die Abwicklung des "altstadt.raums" mit gemischten Gefühlen. "Die Leute können parken, wo sie früher geparkt haben, sie kommen schneller in die Stadt", resümiert er. Andererseits habe es durchaus Angenehmes gegeben, in der Ritterstraße etwa, wo die Aufenthaltsqualität gewachsen sei. "Aber ohne Konzept geht so was eben einfach nicht." Dass die Autofahrer Probleme hätten, sich nun wieder umzugewöhnen, glaubt er nicht. Der Verkehr werde sich schnell wieder "in normalen Bahnen" bewegen. Doch nun sei es umso wichtiger, sich um die Radfahrer und Fußgänger zu kümmern. "Das Konzept muss schnell her", fordert er. Aber bitte ohne externe Agentur, die sich nicht auskenne, dafür mit Anwohnern, Kaufleuten und Fachleuten, in einer gemeinsamen Lenkungsgruppe. Das habe bereits beim Altstadtpflaster gut geklappt."Wir bringen alles wieder in den Zustand, wie es vor dem Versuch war", bestätigt Olaf Lewald, der das städtische Amt für Verkehr leitet. Die Möblierung - Tischtennisplatten, Kicker, Sitzpaletten - werde an gemeinnützige Organisationen, an Kitas und Schulen gespendet, die sich gern melden könnten. Sie zwischenzulagern lohne sich nicht, zumal man nicht wisse, was das neue Konzept beinhalte. Das werde noch in diesem Jahr entwickelt, inklusive modaler Filter. Das könnten neben versenkbaren Pollern auch Sitzmöbel, Bäume oder Fahrradständer sein. Wo der Verkehr künftig durchfließen soll, wo Parkplätze bleiben, wo was neu gestaltet werde, all das werde derzeit geprüft. Am Altstädter Kirchplatz, in der Hagenbruch- und Goldstraße bleibe die Fahrradstraßenregelung, sie habe es bereits vor dem Verkehrsversuch gegeben. Außengastronomie soll bleiben Den Vorwurf, nicht genug informiert oder Möglichkeiten zur Beteiligung geboten zu haben, weist Lewald zurück. Es habe mehr als zehn Veranstaltungen wie Workshops, Arbeitstreffen etwa mit den Altstadtkaufleuten oder Videokonferenzen gegeben - "alles coronabedingt online" - mit durchschnittlich 50 Teilnehmern, dazu Wurfsendungen "vor allem für nicht organisierte Anwohner". Und eine stets aktuelle Internetseite. Außengastronomie soll es übrigens auch über die Testphase hinaus weiter geben: am Süsterplatz etwa, an der Ritter-, Gold- und Hagenbruchstraße sowie am Altstädter Kirchplatz.

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