Ausgerechnet hier wird der Blick auf die Stadt verwehrt

Bielefeld. Kiekstattrondell. Rein sprachlich gesehen ist klar umrissen, was von diesem Rondell der Sparrenburg aus möglich sein sollte: "Kiek Statt" - also: "Schau auf die Stadt". Nun war die im 13. Jahrhundert gebaute Sparrenburg wahrlich kein touristischer Ort, vielmehr ging es lange um Kanonen, die hier oben standen und wehrhaft eingesetzt werden sollten. Das moderne, touristische Denken à la Kiekstatt ist vielleicht gut 100 bis 150 Jahre alt. Der Streit darum, ob vom Kiekstattrondell der Blick in die Stadt möglich sein muss, ist nicht ganz so alt, aber auch schon in die Jahre gekommen. Es gab Begehungen und Gutachten, es wurden Leitern angelegt, Skizzen gezeichnet und Ideen aller Arten vorgelegt, diskutiert, verworfen. "Jämmerlicher Zustand" Mitten drin stand und steht immer: Eva Schreiber vom städtischen Immobilienservicebetrieb. Erneut ist es nun ihr Job gewesen, zu beantworten, was sie bereits gefühlt x-mal beantwortet hat: Warum das Kiekstattrondell aus fachlicher Sicht so bleiben sollte wie es ist. Hintergrund: Die CDU hatte im August 2020 in der Bezirksvertretung Mitte beantragt, dass der Plattenbelag im Rondell gesichert werden müsse, er sei "in einem jämmerlichen Zustand", so Hartmut Meichsner. Zudem solle endlich der Blick in die Stadt wieder ermöglicht werden und müssten die "bröckelnden Mauern" gesichert werden. Meichsner plädierte auch dafür, Sichtschneisen in den Wald vor der Burg zu schneiden. "Einwandfreier Schutz" Der Antrag der CDU wurde einstimmig beschlossen, allerdings mit dem Zusatz, dass die Verwaltung die Punkte Plattenbelag, Ausblick und Bröckel-Mauern prüfen sollte. Im März 2021 landete das Thema im Stadtentwicklungsausschuss, der Prüf-Auftrag wurde bestätigt - und im November 2021 kam dann die Antwort der Verwaltung, also von Eva Schreiber. Sie stellt klar: So, wie es oben ist, ist es gut. "2015 und 2020 wurden Sanierungsarbeiten zur Substanzsicherung von Maueranlage und Gefechtsplattform ausgeführt." Der komplette Schutz vor Wasser funktioniere einwandfrei. Bei Nässe geschlossen Der Calcit-Sandstein des Bodenbelages sei witterungsbeständig, es gebe keine Probleme. Auch das Mauerwerk sei einwandfrei geschützt. Wer die Anlage erleben wolle, könne das bei trockenem Wetter tun, bei nassem Wetter müsse der Calcit-Sandstein vor Split in Schuhsohlen geschützt werden. Ansonsten sei der Calcit-Sandstein aber bestens geeignet, "vor Hunderten Jahren wurden auf ihm Kanonen hin und her geschoben, das sagt doch was aus", sagt Schreiber. Aus dem 16. Jahrhundert stammt die Plattform. Die immer wieder aufkommende Forderung nach begehbaren Außenmauern ist laut Schreiber seit 2018 geklärt - und abgelehnt. Bei einer Besichtigung des Arbeitskreises Sparrenburg habe die Denkmalpflege klargestellt, dass eine Begehbarkeit historisch nicht die Funktion der Mauern war. Sollte diese erlaubt werden, werde "das Erscheinungsbild des Baudenkmals verfälscht". Eine andere Idee, die den Besuchern höhere Positionen bescheren sollte, war auch schon das Verfüllen des Rondells - doch auch das sieht Schreiber skeptisch. "Dafür müssten dann zig Radlader über die Burg fahren, und das wäre für die gesamte Anlage nun wirklich auch nicht dienlich." Ideen aus Glas Weitere, etwa ein Jahrzehnt alte Ideen, wie eine Glaskuppel, seien wegen der enormen Spannweite verworfen worden. Auch die Idee, den Bodenbelag mittels einer zehn Zentimeter über ihm "schwebenden", begehbaren Glasplatte zu schützen, sei ad acta gelegt worden. "Die Entwässerung und das Kondenswasser hätten Probleme bereitet." Herrliche Blicke Schreiber sieht das Rondell-Thema pragmatisch: "Vom Rondell aus kann man sowieso kaum auf die Stadt blicken; und das wird auch immer weniger, weil die Bäume unterhalb der Burg halt ständig wachsen." Das sei aber auch kein all zu großes Problem, "weil jeder Besucher direkt neben dem Rondell Ecken finden kann, die schöne Blicke auf die Stadt erlauben". Vom Gehweg und vom Innenhof aus gebe es herrliche Blicke auf die Altstadt. Und das Rondell sei nun einmal ein historisches Bauwerk und als solches auch anzusehen - und bei schönem Wetter auch zu begehen. Kommentar Mal ehrlich: Muss es ein Dauerthema sein, dass vom Kiekstattrondell nicht in die Stadt "gekiekt" werden kann? Wo ich überall auf der Burg wunderbar weit blicken kann. Wo ich wenige Meter neben dem Rondell auf die Altstadt schauen kann. Nein, das Thema sollte beerdigt werden. Das Rondell ist doch sehenswert: Es erlaubt besondere Einblicke, eine Info-Tafel hilft dabei. Das Rondell hat seine ganz eigene Magie. Hier muss niemand Historisches verändern, nur um auf die Stadt blicken zu können. Wir Bielefelder sollten da mal die Burg im Dorfe lassen - und uns an unserem Wahrzeichen erfreuen. Als ich vor knapp 25 Jahren nach Bielefeld kam, drohte die Sparrenburg zu verfallen, gab es keine erlebbaren Grabungsstätten, kein Info-Zentrum. Sehenswert war das alles nicht. Dank vieler Spenden- und Steuermillionen ist aus der rottigen Burg ein prächtiges Schmuckstück geworden, das jeden meiner Gäste bisher begeistert hat. Und nicht einer von ihnen fragte: Warum kann ich denn von diesem einen Rondell hier nicht in die Stadt "kieken"?

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