Bielefelder Neubau massiv in der Kritik: Jetzt spricht der Architekt

Bielefeld. Michael Pappert ist Architekt, in Bielefeld sogar ein bekannter. Er hat Preise gewonnen und herausragende Gebäude der Stadt entworfen, unter anderem das Kinderhospiz Bethel und das Pflegeheim Lohmannshof. Doch wegen eines anderen Entwurfs aus seinem Büro hagelte es vor wenigen Wochen Kritik. Hintergrund: In der NW Bielefeld wurde über angemessenes und ästhetisches modernes Bauen diskutiert. Das Pappert-Wohnhaus an der Ecke Detmolder Straße, Ecke Prießallee wurde dabei von Architekten und Lesern als optisch misslungenes Beispiel angeführt. Pappert hält das für ungerechtfertigt und zählt gegen diese Einwürfe zahlreiche Argumente für seinen Entwurf auf - und erklärt dabei auch Grundsätzliches über das städtische Bauen der Zukunft. Es ist ein gewöhnlicher Morgen an der Detmolder Straße. Architekt Pappert steht auf dem Balkon einer Wohnung des Wohnkomplexes. 300 Menschen wohnen in dem Riegel an der Detmolder Straße, direkt vor der Stadtbahn-Haltestelle Prießallee. Es ist ruhig, von der vierspurigen Straße ist so gut wie nichts zu hören, auch die Stadtbahn mit ihren An- und Abfahrten ist kaum wahrnehmbar. "Das ist so, weil das Gebäude durchgehend ist und eine Mindesthöhe aufweist, und weil es direkt an der Detmolder Straße steht", erklärt Pappert. Er reagiert damit auf eine Aussage anderer Architekten der Stadt. Die sagten, das Wohnhaus hätte nur ein wenig nach hinten versetzt und mit Vorgarten inklusive Bäume gleich einen ästhetisch besseren Eindruck gemacht. "Aber zum einen ist hier an der Detmolder Straße keines des Nachbarhäuser nach hinten versetzt, es wäre also untypisch, außerdem hat es der Bebauungsplan nicht erlaubt, zum anderen gäbe es dann auch keinen Schallschutz für die Bewohner", entgegnet Pappert. Mit den "besten bezahlbaren Schallschutzfenstern" Schall, erklärt er, breite sich zwiebelartig aus. Wird ihm genug Raum gegeneben, reiche er über Gebäude hinweg - und schon ist es laut auch im Hinterhof oder Garten. Das war demnach keine Option. "Sowieso ist das Grundstück problematisch gewesen", sagt er. Aber so sei das nun mal bei der Verdichtung in der Innenstadt. Dafür müsse ein Architekt Lösungen finden. Er fand sie - und sieht sich bestätigt durch die vergangenen Jahre seit Fertigstellung 2018. Die Wohnungen sind extrem beliebt, geschützt durch die "besten bezahlbaren Schallschutzfenster", mit Balkon, ruhigem Innenhof, ruhigen Wohn- und Schlafzimmern, niedrigen Preisen. "Auch das ist wichtig zu wissen: Wir sind hier mit 5,10 Euro pro Quadratmeter angefangen und liegen jetzt bei 6,40 Euro", sagt Pappert. Diesen sehr niedrigen Preisen stehe trotzdem eine hohe bauliche und technische Hausqualität gegenüber, obwohl solche Mietpreise logischerweise nicht den gleichen Aufwand und die gleichen Materialien wie ein Projekt, das mit zwölf Euro pro Quadratmeter vermarktet werde, erlauben würden. Gut 60 bis 120 Quadratmeter groß sind die Wohnungen, viele im Maisonette-Stil, "so dass die Mieter den Eindruck gewinnen können, in einem kleinen eigenen Haus zu leben", sagt Pappert. Zur Detmolder Straße hin befinden sich die Funktionsräume: Toiletten, Abstellräume, Küchen; nach hinten Wohn- und Schlafräume. So wirkt das Wohnen ruhig. Über den 90 Stellplätzen im Hof ist ein Dach, auf dem Grün wächst und ein Spielplatz angelegt ist. Für die Fassade wurde ein heller Klinker gewählt, "in Abstimmung mit der Denkmalpflege", sagt Pappert. Außerdem sei der Klinker sehr robust. "Der fünffache Klimaeffekt des gesamten Flugverkehrs" Für den Architekten gibt es keinen überzeugenden Grund, seinen Bau zu verteufeln, weder optisch noch technisch, allein schon deshalb nicht, weil damit günstiger Wohnraum in der Innenstadt geschaffen wurde und die Situation vor Ort keine bessere Lösung angeboten habe. Für Pappert ist Bauen in der Innenstadt unter schwierigen Bedingungen wie an der Detmolder Straße eine der großen Zukunftsherausforderungen. Eine weiterere sei klimaschonendes Bauen. "Der Bausektor ist für rund 40 Prozent der globalen Treibhausgas-Emissionen verantwortlich, etwa 11 Prozent gehen dabei direkt auf das Konto der Betonproduktion", sagt er. Das sei fast der fünffache Klimaeffekt des gesamten Flugverkehrs. "Da muss sich etwas ändern", fordert Pappert. Mehr Holz, mehr Ziegel, weniger Beton, weniger Sandstein und andere Materialien aus fernen Ländern seien Schritte in diese Richtung.

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