Corona-Demonstranten! Ihr marschiert mit Nazis - erschreckt euch das gar nicht?

Bielefeld. Ganz Bielefeld diskutiert über den jüngsten Auftritt von geschätzt 3.000 Kritikern der Corona-Politik in Bielefeld. In so großer Zahl sind die Anhänger der Telegram-Gruppe &bdquo;Bielefeld steht auf" noch nicht in der Stadt aufgetreten. Dabei hatten Experten früh einen Zulauf der Szene prognostiziert, wenn die Politik mit 2G und 2G+ Ernst machen würde. Und tatsächlich wurde der jüngste Lichterspaziergang zur willkommenen Bühne einiger weniger. Es kam an mehreren Stellen zu Auseinandersetzungen mit der Polizei. 14 Strafanzeigen und vier vorläufige Festnahmen zeigen, dass es einige grenzüberschreitende Konfrontationen mit der Polizei gab. Aber deshalb kann man die Masse der Protestler nicht automatisch freisprechen. Viele zeigten sich ebenfalls nicht kooperativ, teilweise sogar wütend und beleidigend. Gut eine Stunde nach Beginn der Demo auf dem Kesselbrink war klar, dass die entscheidende Grenze von 2.500 Teilnehmern überschritten war. Wie berichtet, müssen Teilnehmer auf Demos mit mehr als 2.500 Teilnehmern Maske tragen und einen 3G-Nachweis vorlegen. Als der Bielefelder Anmelder der Demo das nicht gewährleisten konnte, beendete er den Lichterspaziergang offiziell. Doch die Menschen, die er aus dem gesamten Umland mobilisiert und nach Bielefeld gelotst hatte, waren nicht mehr per Durchsage zu erreichen. Die Impfgegner wollten ihren Protest auch ohne Genehmigung fortsetzen und gingen auf eigene Faust los. Sie nahmen sich das Recht auf ihre Demonstration – und die Polizei begleitete den Großteil davon durch die Stadt – trotz nicht erfüllter Auflagen. Dies geschah &bdquo;zur Vermeidung einer Eskalation", hieß es von der Polizei. Teilnehmer sagten, sie hätten von der Absage nichts mitbekommen. Versagen der Polizei? War das ein Versagen der Polizeibehörde? Die Antifaschisten, die auf dem Kesselbrink als einzige einen Gegenprotest auf die Beine stellten, geben der Polizei die Schuld für die Eskalation. Doch was hätten die Beamten machen sollen? Auf die Teilnehmer einprügeln? Das hätte zu den Bildern geführt, die Verschwörungsfans und Neonazis, die sich nachweislich gezielt an den Konfrontationen beteiligten, gewünscht hatten. Und es wäre unangemessen gewesen. Bleibt also die Frage, warum die Polizei mit ihren Einsatzkräften zu schwach aufgestellt war? Zwei Wochen zuvor, als geschätzt 1.000 bis 1.500 Lichterspaziergänger durch die Innenstadt zogen, waren sowohl die Demo-Organisatoren als auch die Polizei gleichermaßen überrascht. Eine Maskenpflicht war nicht nötig und so blieb es ruhig. Rechte haben Bielefeld als neue Bühne erkannt Am jüngsten Freitag durfte es aber niemanden mehr überraschen, dass spätestens jetzt der Bielefelder Protest gegen die Corona-Politik wachsen würde. Die AfD und ihre Jugendorganisation beteiligten sich aktiv an der Mobilisierung. Laut Polizei kamen deutlich mehr Teilnehmer aus dem ostwestfälischen Umland. Diejenigen, die mehr als nur diskutieren wollen, erkannten Bielefeld endgültig für sich als neue Bühne. So wuchs auch die Zahl der harten Neonazis innerhalb der Menge erwartbar an. Das antifaschistische Recherchekollektiv, dass die Szene stets im Auge hat, erkannte zehn Rechtsextremisten aus OWL unter den Demonstranten. Hinzu kamen weitere vermummte Gefolgsmänner. Und auch wenn diese Neonazis sich in der Menge nicht zu erkennen geben, konspirativ agieren und damit auch für die anderen unsichtbar bleiben, so suchen sie doch gezielt die Nähe zu Querdenkern und Lichterspaziergängern. Neonazis hetzen die Menge wild gestikulierend auf Das Video vom Alten Rathaus spricht Bände: Da läuft eine Menschenmenge direkt und gezielt in die Polizeikette. Die Beamten müssen sich angesichts der Überzahl unter dem Jubel und den Beleidigungen der Demonstranten zurückziehen. Ein Neonazi gestikuliert wild umher, will die anderen aufstacheln. Diese Männer agieren mit Kalkül. Sie sind am gesellschaftlichen Miteinander nicht interessiert. Viele Spaziergänger werfen den Medien unfaire Berichterstattung vor, weil der Großteil der Demo doch friedlich blieb. Natürlich sind nicht alle 3.000 Teilnehmer aktive Nazis. Natürlich ist ein Teil davon an einer offenen Diskussion über staatliche Corona-Einschränkungen interessiert. Natürlich ist die Bewegung multiethnisch und kommt auch aus der bürgerlichen Mitte. Stellt sich die wichtige Frage: Warum sind sie für die ganz Rechten trotzdem so attraktiv? Ungefilterte Verschwörungsmythen im Mobilisierungskanal An die Regeln des Miteinanders haben sich diesmal wirklich viele nicht gehalten. Vielleicht nennen sie es zivilen Ungehorsam. Trotzdem: Wer sich nicht um die behördlichen Auflagen einer Demo schert, der muss damit rechnen, dass die Polizei das Geschehen stoppt. Wer eine Polizeikette durchbricht, muss damit rechnen, dass die Beamten zugreifen. Wer einen Beamten beleidigt, muss damit rechnen, dass das Konsequenzen hat. Wer dann noch behauptet, die Gewalt ging nur von der Polizei aus, der ist eben doch schief gewickelt Hinzu kommt, dass allein im Telegram-Kanal der Gruppe so viele Verschwörungsmythen ungefiltert weitergeleitet und gefeiert werden, dass man nicht so tun kann, von den antisemitischen Tendenzen vieler dieser Mythen nichts gewusst zu haben. "Bielefeld steht auf" fiel bisher als friedliche, wenn auch vielfach kritisierte Bewegung in der Stadt auf. Doch ihr Mobilisierungskanal ist schon lange voller zweifelhafter Mitteilungen, die damit eine Klientel anzieht, die die Organisatoren nach eigener Aussage gar nicht dabei haben wollen. Was fehlt, ist aber eine dringend nötige Abgrenzung nach Rechtsaußen. Zum Thema: Oberbürgermeister Pit Clausen zu den Tumulten unter Impfgegnern Jubelnder Busfahrer bei Corona-Demo sorgt für Aufsehen - Kündigung?

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