Harte Strafe für Serientäter: "Mustergefangener" muss lange in Haft

Bielefeld. "Er wollte es besser machen, aber die Drogen haben ihn nicht gelassen", sagte der Vorsitzende Richter Georg Zimmermann in der Urteilsverkündung. Das Bielefelder Landgericht verurteilte nun einen justizbekannten Serientäter zu siebeneinhalb Jahren Gefängnis. Der 32 Jahre alte Nico E. aus Bad Salzuflen war nach seiner bislang letzten Haftentlassung unter laufender Bewährung in mehrere Tankstellen in Bielefeld und Bad Salzuflen eingebrochen, um seine Drogensucht zu finanzieren. Er galt als Mustergefangener Bereits in jugendlichen Jahren war Nico E. insbesondere durch seine Kokainsucht auf die schiefe Bahn geraten. Die Drogenabhängigkeit verleitete ihn schließlich 2010 zu einer Serie von Bank- und Tankstellenüberfällen, die er binnen kurzer Zeit in der Region und in Hessen beging. Eine Jugendstrafkammer des Bielefelder Landgerichts verurteilte ihn wegen dieser Taten im Januar 2011 zu einer Gefängnisstrafe von neun Jahren und acht Monaten. In der Haft habe sich E., so der Vorsitzende Richter Georg Zimmermann in der Urteilsbegründung, jedoch als "Mustergefangener gezeigt - und das meine ich überhaupt nicht ironisch": Der heute 32-Jährige sei seinen Mitgefangenen intellektuell weit überlegen gewesen, habe als strebsam gegolten. Nico E. absolvierte im Vollzug eine Berufsausbildung und legte ein exzellentes Fachabitur ab. Aufgrund der positiven Entwicklung wurde die Reststrafe 2017 schließlich zur Bewährung ausgesetzt, E. kam auf freien Fuß. Er nahm eine gut bezahlte Arbeit an, einige Monate später schrieb er sich an der Fachhochschule in Lippstadt für ein Studium ein. Taten in Bad Salzuflen und Bielefeld Alles schien für ihn zu laufen - wäre da nicht die immer noch nicht therapierte Drogenproblematik gewesen: Als erste private Probleme auftauchten, griff E. wieder vermehrt zu Kokain und Alkohol. Er verlor seinen Führerschein, und schließlich stellte sich für ihn auch wieder die Frage nach der Finanzierung seiner Sucht. Diese Frage beantwortete er unter anderem mit Einbrüchen in drei Tankstellen, derentwegen er sich nun vor dem Bielefelder Landgericht verantworten musste. Am 24. und 31. Dezember 2018 war E. an der Kirchdornberger Straße sowie an der Apfelstraße in zwei Bielefelder Tankstellen eingestiegen, ein weiterer Einbruch folgte im Juni 2019 in Bad Salzuflen. Bei sämtlichen Taten richtete E. nicht unerheblichen Sachschaden an. Er erbeutete Zigaretten und Tabak im Wert von mehr als 2.000 Euro. Die Tat, die ihm nun insbesondere zum Verhängnis wurde, hatte sich in der Nacht auf den 24. Dezember vor drei Jahren ereignet. An jenem Abend war E. zugedröhnt bei seinem langjährigen Freund Bahir Z. aufgetaucht und wollte sich das Auto von dessen Vater ausleihen. Bahir Z. mochte E. das Fahrzeug in dessen Zustand jedoch nicht überlassen und erklärte sich bereit, den Fahrer zu spielen. Der 13-jährige Cousin, mit dem Z. bis dahin einen Abend vor der Playstation verbracht hatte, stieg kurzerhand mit in das Auto. Beim Verlassen der Tankstelle trat ein unerwartetes Problem auf An der Kirchdornberger Straße ließ Z. seinen Freund sowie das Kind aus dem Auto aussteigen und wartete etwas abseits der Tankstelle. Nico E. und der 13-Jährige verschafften sich mittels eines Brecheisens Zutritt und stopften Zigaretten im Wert von 970 Euro in einen mitgeführten Müllsack. Beim Verlassen des Shops stießen sie jedoch auf die Söhne der in der Nähe wohnenden Besitzer der Tankstelle, die die Einbrecher zur Rede stellten. Nico E. fuchtelte drohend mit seinem Brecheisen herum, bevor er und der Junge die Flucht antraten. Diese Tat wertete die I. Große Strafkammer des Landgerichts als besonders schweren räuberischen Diebstahl. Darüber hinaus verleihe das Mitnehmen eines Kinds, so Richter Zimmermann, "der Tat eine eigene Qualität - und diese Qualität missbilligen wir." Die Kammer verurteilte den als Fahrer fungierenden und bislang nicht vorbestraften Bahir Z. wegen Beihilfe zu einer Bewährungsstrafe von sechs Monaten.Nico E. hingegen verurteilte das Gericht zu siebeneinhalb Jahren Gefängnis. Darüber hinaus ordnete die Kammer seine Unterbringung im Entzug an. Unbehandelt, so Zimmermann, bestehe weiterhin die große Gefahr weiterer identischer Beschaffungstaten. Nico E. verbüßt derzeit bis 2024 die Reststrafe seiner vorangegangenen Verurteilung. Zuzüglich einer Teilverbüßung der neuen Strafe sowie der sich anschließenden Therapie wird die heute acht Monate alte Tochter von E. aller Voraussicht nach ein Schulkind sein, bevor sie ihren Vater das erste Mal ohne Trennscheiben wird sehen dürfen.

Meistgelesen