Nach tödlichen Schüssen: Am Brackweder Treppenplatz besteht Handlungsbedarf

Bielefeld. Mitten in Brackwede gegenüber der Kirche ist ein Mann auf offener Straße erschossen worden. Mehrere Schüsse hatten den 31-Jährigen niedergestreckt. Er starb wenig später im Krankenhaus. Der Angeschossene hatte sich noch auf eine Bank schleppen können. Dort brach er zusammen. Eine Busfahrerin hatte gerade die Haltestelle an der Hauptstraße Ecke Berliner Straße erreicht und hörte noch die Schüsse. Sie handelte beherzt, leistete Erste Hilfe. Damit bewies die Dame Mut und Nächstenliebe. Denn es handelte sich um eine risikobehaftete Situation. Immerhin war ein bewaffneter Täter flüchtig. Heute stehen am Tatort Dutzende Kerzen, die an die Tat erinnern. Anwohner und Passanten zeigen Anteilnahme, sind aber vor allem in Sorge. Das Gefühl, dass der Treppenplatz ein gefährlicher Ort ist, verfestigt sich. CDU- und FDP-Politiker fordern die Verwaltung und die Polizeipräsidentin auf, den Platz als Kriminalität-Hotspot anzuerkennen, um den sich schnell gekümmert werden müsse. Urteil der Fachleute muss kritisch hinterfragt werden Bisher sahen das Ordnungsamt und die Polizei anders: Im März berichteten wir in einem Artikel über ein überraschendes Ergebnis einer Einsatzstatistik. Darin hieß es, dass der Treppenplatz in Brackwede nicht als Hotspot für Straftaten oder Ruhestörungen angesehen werden könne. Zu diesem Ergebnis kam das Ordnungsamt, das die eigenen Einsatzstatistiken und die der Polizei vom 14. Oktober 2019 bis 1. Dezember 2020 ausgewertet hatte. Wörtlich hieß es vom Amt: &bdquo;Rein subjektive Befindlichkeiten oder Belästigungen stellen keine Gefahr dar". Ob eine Gefahr in der Stadt real ist, kann tatsächlich nur von Fachleuten eingeschätzt werden. Denn ihnen allein stehen die erforderlichen Daten zur Verfügung, um eine Sicherheitsbeurteilung vornehmen zu können. Doch das Urteil, es handele sich nur um rein subjektive Befindlichkeiten, muss kritisch hinterfragt werden. Denn Fakt ist, dass der Mord vom Mittwochabend nicht der erste kriminelle Vorfall in der Nähe des Platzes war. Allerdings stellt dieser eine neue Eskalationsstufe der Gewalt dar. Mit den bisherigen Vorfällen ist diese Tat nicht vergleichbar. Aber seit mehr als zehn Jahren ist der Platz direkt neben der Bartholomäuskirche immer wieder Thema. Abgesehen von Ruhestörung, Vandalismus, Pöbeleien, Saufgelage, Wildpinkler und Drogenkonsum gab es Angriffe mit Messern und Schusswaffen. Im vergangenen Jahr fielen wenige Tage vor der Eröffnung eines Sportwetten-Büros Schüsse, und im September jagte ein Mann mit Messer eine Familie über die Treppenstraße. Vor diesem Hintergrund ist es anmaßend und wenig rücksichtsvoll zu behaupten, dass es sich nur um diffuse Einschätzungen von Anwohnern handelt, die einen imaginären Angst-Ort herbeireden. Sicherheit garantieren kann niemand Der Oberbürgermeister hat wiederholt betont, dass die Stadt alles tue, um ihren Bürgern Sicherheit zu geben, dass es ihm aber wichtig sei zu sagen, dass eine hundertprozentige Sicherheit nie garantiert werden könne. Es gebe räumliche und zeitliche Situationen, in denen sich Einzelne nicht sicher fühlen. Das könne an der Tüte passieren, am Kesselbrink oder in Brackwede am Treppenplatz. Das ist so. Sicherheit garantieren kann niemand. Aber dazu beitragen, dass Bürger sich sicherer fühlen, das ist möglich. Seit gut sieben Monaten sind am Treppenplatz Streetworker im Einsatz: Sie kümmern sich um Menschen, deren Szene-Leben und Verhalten immer wieder für Probleme vor Ort sorgen. Der Sozialdezernent setzte sich dafür ein, dass mehr Ordnungskräfte vor Ort sind. Reicht das? Streetworker sind zur Freundlichkeit angehalten. Das schätzen nicht nur Bürger, die sich an die Gesetze halten, sondern auch die, die es nicht tun. Ohne Zweifel handelt es sich beim Treppenplatz um einen Brennpunkt, wo Prävention allein nicht reicht. Es gibt seit langem Vorschläge, den Platz baulich zu verändern, um Tatgelegenheiten zu verhindern. Dafür muss Geld in die Hand genommen werden. Ebenso wichtig wäre ein verstärktes Eingreifen der Polizei. Wie denken Sie darüber? Ich freue mich auf Ihre Anregungen unter andrea.rolfes@nw.de

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