So sollen Hartz IV-Bezieher jetzt schneller Geld erhalten

Bielefeld. Rund 18.000 sogenannte Bedarfsgemeinschaften betreut das Bielefelder Jobcenter. Kinder, Jugendliche und Angehörige eingerechnet, geht es dabei jedes Jahr um rund 45.000 Menschen. Ein großer Teil davon steckt in Lebenskrisen, ist krank oder hat Sprachprobleme. Der Umgang mit Behörden, Anträgen oder Formularen fällt vielen schwer. Darum hat das Jobcenter jetzt das Ruder umgelegt. Schneller, einfacher, freundlicher heißt der neue Kurs. &bdquo;Wenn man alle Papiere zusammen hat, dauert es fünf bis sechs Tage bis Hartz IV-Leistungen auf dem Konto sind“, sagt Marc-Sebastian Alex, stellvertretender Geschäftsführer des Jobcenters. Doch mit kompletten Unterlagen kommen die wenigsten. Und so vergingen Wochen mit Anträgen und Schriftwechseln, bis die Unterstützung gezahlt werden kann. Lotsen empfangen die Kunden &bdquo;Jetzt wird man gleich im Eingangsbereich von Lotsen oder Lotsinnen in Empfang genommen, die einen an die richtige Stelle weiterleiten“, berichtet Jobcenter-Chef Rainer Radloff. Und statt eines Haufens Formulare gibt es direkt ein persönliches Gespräch mit einem Berater. &bdquo;Jeder soll aus diesem Gespräch herausgehen und genau wissen, was zu tun ist und damit rascher an Leistungen kommen“, sagt Radloff. Vor eineinhalb Jahren hatte das Jobcenter damit begonnen, sich neu zu organisieren. Unter anderem wurden 150 Kunden danach gefragt, was verbessert werden soll. Nun werden 370 von insgesamt 520 Mitarbeitern künftig in neuen Teams arbeiten. Sprachkurse und Suchtberatung &bdquo;Gab es bislang einen festen Berater, der für alles zuständig war, setzen wir jetzt Spezialisten ein. Die kümmern sich um Finanzen, Qualifikationen, Sprachkurse oder Suchtberatung. Einen festen Ansprechpartner behalten die Kunden trotzdem“, erklärt Radloff. Zu den Neuerungen gehört auch, dass der lange Tresen im Eingangsbereich durch einen &bdquo;Service-Point“ ersetzt wurde. Dort kann man unter anderem kleine Anliegen sofort und schnell erledigen, etwa eine Krankmeldung abgeben. Neu ist auch die Jobwerkstatt: An Computerplätzen kann man lernen, mit den digitalen Angeboten des Jobcenters umzugehen, etwa Termine online zu buchen. Und man bekommt Hilfe dabei, wenn man übt, Bewerbungen zu schreiben. 250 Millionen Euro Hartz IV-Geld pro Jahr 300 Millionen Euro beträgt der Jahresetat des Jobcenters. 250 Millionen davon werden als Hartz IV-Leistungen ausgezahlt. Dass Empfänger dafür zumindest eine einfache Tätigkeit ausüben sollten, davon hält Radloff nichts. Denn längst nicht jeder, der auf Geld für den Lebensunterhalt oder seine Wohnung angewiesen sei, könne regelmäßig arbeiten. Das verhindere bei &bdquo;einem Großteil der Kunden“ Sucht, psychische Störungen oder auch kulturelle Hürden. &bdquo;Wir verknüpfen daher finanzielle Leistungen mit individueller Beratung“, betont Radloff. Der Weg zurück auf den Arbeitsmarkt könne einige Monate, manchmal aber auch Jahre dauern. 80 Prozent ohne Berufsabschluss 80 Prozent der Menschen, die keine Arbeit haben und im Jobcenter landen, besitzen keinen Berufsabschluss. Daher setzt das Jobcenter auf berufliche Weiterbildung, Umschulungen und Abschlüsse. 25 Millionen Euro fließen pro Jahr in Qualifizierungs- und Beschäftigungsmaßnahmen. Das ist durchaus erfolgreich: &bdquo;5.000 bis 6.000 Menschen integrieren wir jedes Jahr in den Arbeitsmarkt“, berichtet Radloff. Ein großer Teil dieser Personen brauche anschließend keine finanzielle Unterstützung mehr. Allerdings: Unter den Kunden des Jobcenters sind auch Menschen, die trotz Arbeit auf Hilfe angewiesen sind. Geringer Lohn, Teilzeitarbeit oder eine große Familie sind Gründe dafür, dass es hinten und vorne nicht reicht. Folge: 5.000 Personen pro Jahr erhalten Geld vom Jobcenter, obwohl sie regelmäßig arbeiten.

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