Ohne Corona-Quarantäne an Bielefelds Schulen - kann das gutgehen?

Bielefeld. Hohe Inzidenzen unter den Schülern, aber laut Gesundheitsamt kaum Ansteckungen an den Schulen. Dafür zuletzt viel Unmut an den Grundschulen: Nach einem positiven Gruppen-Test mussten alle Kinder einer Klasse trotz folgendem negativen Einzel-PCR-Test zuhause bleiben, bis – teils mit viel Verzögerung – von allen das Ergebnis da war. Das hat das Gesundheitsamt vor zehn Tagen geändert. Nur noch die direkten Sitznachbarn mussten in Kontaktquarantäne. Das Land geht jetzt sogar noch einen Schritt weiter: Ausschließlich die positiv getesteten Kinder selbst sollen zuhause bleiben. Kann das gutgehen?, fragen sich da viele. &bdquo;Ich begrüße die neue Regelung des Landes sehr, weil sie der Schulwirklichkeit entspricht", sagt Torsten Schätz, Leiter von Bielefelds größter Schule, der Martin-Niemöller-Gesamtschule. Schüler säßen eben nicht den ganzen Tag neben demselben Partner, im Fach- und Kursunterricht werde gewechselt. Viele Schüler sind gehemmt und müssen wieder leben lernen &bdquo;Dann gibt es eben nicht nur vier, sondern vielleicht 20 direkte Sitznachbarn", sagt Schätz. Für das Gesundheitsamt sei es aussichtslos, das nachhalten zu können. Eine offizielle Schulmail vom Ministerium sei allerdings dazu bisher noch nicht angekommen. Kinder leiden mehr unter den Folgen der Einschränkungen als unter Corona, mahnen Fachleute immer wieder an. Deshalb sei es so wichtig, dass die Schüler ihren Schulalltag ohne die ständigen Begrenzungen wieder zurückbekommen, so Schätz. Dazu gehörten Gruppen- und Partnerarbeiten und auch Klassenfahrten. Viele Schüler seien gehemmt. Leben lernen sei jetzt angesagt. &bdquo;Wir müssen Lösungen finden, die das jetzt ermöglichen – und nicht später", sagt Schätz. Überall ist die kontaktlose Temperaturmessung Standard Mit täglichen Tests und Temperaturmessung will die Schule für zusätzliche Sicherheit sorgen. Dank Unterstützung der Wohnungsbaugesellschaft Freie Scholle konnte die Gesamtschule jetzt hochwertige digitale Fieberthermometer anschaffen. Für alle Klassen des Jahrgangs 5 und 6, die Büros des Pädagogisch-Psychologischen-Dienstes und das Schulbüro. &bdquo;Nicht nur bei Corona, auch bei anderen Krankheiten können wir so die Ansteckungsgefahr minimieren", sagt Schätz. Am Flughafen, im Impfzentrum, im Krankenhaus oder Altenheim: Überall sei die kontaktlose, sekundenschnelle Temperaturmessung Standard. Warum bitte nicht an allen Schulen? In der Klasse 5 e misst der Chef am Donnerstagmorgen selbst mit: alles im grünen Bereich. &bdquo;Ab einer Temperatur von 37,5 würden wir die Eltern anrufen und die Kinder nach Hause schicken", ergänzt Schätz. Schon seit einigen Wochen habe die Schule für sich entschieden, Schüler in Klassen, in denen es einen Positivfall gab, täglich zu testen. &bdquo;Und auch die Kinder, die jetzt auf Klassenfahrten sind – in Berlin, am Bodensee oder in Garmisch-Partenkirchen – hätten für jeden Tag von der Schule einen Selbsttest mitbekommen. Testen, messen, impfen, sei die Devise an der Martin-Niemöller-Gesamtschule. Beim Schulfest vor den Herbstferien, am 2. Oktober, sei in Zusammenarbeit mit dem Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) eine große Impfaktion für Schüler und Familien auf dem Schulhof geplant. Diese Mutter ist skeptisch Auch Oliver Pape, Leiter der Hans-Christian-Andersen-Grundschule und Sprecher der Bielefelder Grundschulen, ist froh, dass die Quarantäneregelungen bereits am 30. August vom Bielefelder Gesundheitsamt vereinfacht wurden. &bdquo;Vorher war das sehr chaotisch", sagt er. Auf dem Pausenhof oder in der OGS: Die Kinder hätten nicht nur begrenzte direkte Kontakte. Für Frust bei den Eltern sorgten aber Verzögerungen der Testergebnisse seitens des Labors. Der werde dann häufig an die Schulleitungen weitergegeben. Martina Reiske, Leiterin der Sudbrackschule und Vorstandsmitglied der Schulleitervereinigung NRW, geht der Schritt der Landesregierung zu weit. &bdquo;Es ist absolut richtig, die Quarantäne-Regelungen kritisch in den Blick zu nehmen – aber das muss man mit Augenmaß tun." Man dürfe dabei nicht aus den Augen verlieren, dass Corona auch für Kinder eine schwere Erkrankung bedeuten könne. Kaum Ansteckungen an den Schulen, lediglich kleine Cluster? Mutter Marion M. (Name von der Redaktion geändert) sieht die Situation anders: Privat lebe ich scheinbar in einer Parallelwelt, sagt sie. Ein infiziertes Kind aus der Grundschulklasse ihres Sohnes habe trotz engmaschiger Lollitests und Einhaltung aller Regeln des Hygienekonzeptes ein Viertel der Klasse infiziert, woraus sich inklusive der im Nachgang erkrankten Familienangehörigen innerhalb weniger Tage zwölf ihr bekannte Corona-Fälle ergeben hätten. &bdquo;Und es ging nicht um die vielfach genannten, symptomlosen Kinder, einigen davon ging es richtig schlecht", ergänzt sie.

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