Als Christoph 13 fliegen lernte

Bielefeld. Rettungskräfte sind an der Unfallstelle angekommen und kümmern sich sofort um den Verletzten. Auch der Notarzt, obwohl der gar nicht vor Ort ist. Der sitzt vor einem Bildschirm, ist mit den Sanitätern verbunden, sieht den Puls oder die Herzfrequenz auf seinem Bildschirm. Was ein bisschen wie Science-Fiction klingt, könnte in den nächsten Jahren real werden. Denn bald sollen so genannte Telemediziner in Bielefeld stationiert werden, die Einsätze in den umliegenden Regionen vom Bildschirm unterstützen sollen. Ein Meilenstein für das Bielefelder Notarztsystem. Einer, der bereits bei den frühen Anfängen dabei war, ist Ewald Eckert. Am 3. Juli 1976 nahm die Stadt den ersten Notarztwagen in Betrieb. Ebenso den Rettungshubschrauber Christoph 13 der, mit einer kurzen Pause, seitdem im Einsatz ist. Eckert gehörte damals zu den ersten Crews, die mit Rettungshubschrauber ausflogen, um Verletzte zu bergen. "Lassen Sie die jungen Männer mal vor" "Lassen Sie die jungen Männer mal vor, die sind vom Notarztwagen." Diesen Satz hörte Ewald Eckert oft, wenn er mit seinen Kollegen vor Schichtbeginn im Supermarkt an der Oldentruper Straße einkaufen ging. Dort deckten sich sie sich mit dem Nötigsten für die kommenden, bisweilen sehr anstrengenden 24 Stunden ein. Dabei kam Ewald Eckert eher zufällig zum neu gebildeten Notarztdienst. 1970 begann für Eckert, der 1950 in Neumünster geboren wurde und im Alter von drei Jahren nach Bielefeld kam, die Feuerwehrgrundausbildung. 1974 absolvierte der Feuerwehrmann eine Ausbildung zum Rettungssanitäter. Diese Ausbildung ermöglichte es Eckert, zwei Jahre später in dem neu geschaffenen Notarztsystem mitzufahren und mitzufliegen. Navigieren mit einer Straßenkarte Die Abläufe mussten sich allerdings noch einspielen. Etwa als Ende 1976 der Rettungshubschrauber im Hangar an der Rosenhöhe stationiert worden war. Während der Pilot die Maschine startklar machte, musste der Notarzt vor dem Krankenhaus abgeholt und zum Hubschrauber gebracht werden. Dem damaligen Rettungssanitäter Ewald Eckert kam dabei die Rolle als Navigator zu. Vor dem Start checkte der damals 25-Jährige anhand einer großen Straßenkarte auf dem eigenen Schoß, wo der Einsatzort lag und gab das an den Piloten weiter. Die kamen von der Einsatzstaffel des damaligen Bundesgrenzschutzes aus Gifhorn und kannten sich in OWL zumeist nicht aus. Zumal der Hubschrauber einen Einsatzradius von 50 Kilometern hatte. System wird immer weiter ausgebaut Trotzdem funktionierte das Zusammenspiel zwischen Piloten, den Leitstellen und dem Navigator Eckert - auch ohne Smartphone oder Tablet. "Wir haben uns nie verflogen", sagt Eckert und fügt mit einem Lächeln hinzu: "Hin und wieder mussten wir aber eine Schleife fliegen." In den folgenden Jahren wurde das System immer weiter verbessert. So wurden Qualifikationsanforderungen für Notärzte und die späteren Rettungsassistenten eingeführt. Der Ausbau der Infrastruktur, etwa der Bau der Rettungswache West 1986, oder die Angebote zur Bewältigung traumatischer Einsätze für die Rettungskräfte sind nur weitere Bausteine einer Professionalisierung des Systems. Abschied nach gut 40 Jahren Das schlug sich auch auf die Abläufe nieder. 1993 wurde das Rendezvous-System eingeführt. Ein Rettungswagen und ein Notarzteinsatzfahrzeug fahren dabei getrennt zur Unfallstelle. Muss der Notarzt den Patienten beim Transport in die Klinik nicht begleiten, kann der sich wieder frei melden und unter Umständen einen neuen Einsatz annehmen. Dieses System hat sich bewährt und gehört mittlerweile zum Standard. Ewald Eckert war da schon lange nicht mehr mit Christoph 13 unterwegs. 1979 bewarb sich der heute 71-Jährige um eine Führungsposition bei der Feuerwehr und beendete seinen Dienst als Hubschrauber-Crewmitglied. Später wurde Eckert unter anderem Einsatzleiter. Die Zeit auf dem Rettungshubschrauber war dennoch prägend für Eckert. Zum einen, weil der Feuerwehrmann später einen Luftbeobachter-Lehrgang für Waldbrände absolvierte. Zum anderen, weil der Bielefelder später Feuerwehrleute ausbildete und hier sein Wissen weitergab. Im April 2010 dann endete seine Dienstzeit bei der Berufsfeuerwehr Bielefeld - nach fast 40 Jahren.

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