Bielefelder Juristin fordert sofortige Abschaffung der Maskenpflicht im Unterricht

Frau Reese, Präsenzunterricht im Januar 2021 bei den damals vorliegenden 7-Tages-Inzidenzen – wäre das nicht total verantwortungslos gewesen? NICOLE REESE: Nein, das wäre es nicht gewesen, weil Kinder nach überwiegender Studienlage nicht besonders betroffen sind von Covid 19. Es gab nur 4 bis 6 Todesfälle bundesweit bei durchweg vorerkrankten Kindern. Man hätte auch im Januar Masken tragen können anstatt den Unterricht ganz ausfallen zu lassen. Wir hatten aber nicht einmal Wechselunterricht. Das hat für Kinder unfassbare Schäden verursacht: Jedes dritte Kind zeigt psychische Auffälligkeiten. Eine Million Kinder ist mehr als fünf Kilo dicker geworden. Wir haben viele Mädchen, bei denen mit Anorexie (Magersucht, d. Red.) das Gegenteil davon eingetreten ist. Die Schäden durch Lockdown-Maßnahmen sind für Kinder gravierender als die Gefahr durch Covid 19. Jetzt, da sich der Corona-Nebel lichtet, wird vieles sichtbar. Nun werden eifrig Programme für benachteiligte Schüler aufgelegt und man nimmt Kinder und Jugendliche stärker in den Fokus. Als Gruppe, die am meisten unter den Eindämmungs-Maßnahmen gelitten habe ... REESE: Ja, jetzt wird etwas Geld in die Hand genommen, zwei Milliarden Euro für 14 Millionen Schüler. Das sind 150 Euro pro Kind. Zum Vergleich: Allein die Lufthansa hat neun Milliarden bekommen. Mehr zum Thema: Die fünf wichtigsten Punkte: So wird das nächste Schuljahr möglichst sicher Frustriert es Sie, zu sehen, dass trotz mehrfach nachgewiesener Evidenz, dass Kinder keine Pandemietreiber sind und es auch nie gewesen sind, noch eineinhalb Jahre nach Beginn der Pandemie so viel Last auf Familien und Kindern liegt? REESE: Das ist tatsächlich das, was mich am meisten frustriert. Ich glaube, es liegt auch an diesem &bdquo;Panik-Papier" vom März 2020 aus dem Bundesinnenministerium (In der Bevölkerung solle eine &bdquo;Schockwirkung" erzielt werden, um diese zur Kooperation mit den Coronamaßnahmen zu bewegen, d. Red.), dass dort kommuniziert wurde, dass Kinder, die sich nicht gewissenhaft die Hände waschen, u. U. Oma und Opa umbringen. Dieses Szenario wird ja immer noch kommuniziert. Auch Karl Lauterbach sagte erst neulich, jetzt seien nicht mehr die Großeltern gefährdet, die durch Impfung geschützt seien. Jetzt brächten die Kids die Elterngeneration in Gefahr. Wir haben damals eine Büchse der Pandora geöffnet. Das wirkt bis heute weit in die Gesellschaft hinein, in der es eine große Angst gibt – vor Kindern, vor Familien. Die Reflexion fehlt komplett. Selbst Leute, die völlig ungeniert ohne Test mit fünf befreundeten Haushalten in die Innen-Gastro gehen, fordern noch Maskenpflicht in der Schule. Das ist absurd. Wie ist es mit der Ausstattung der Schulen: Haben Sie Anhaltspunkte, dass man diesen Sommer besser nutzen wird als den letzten, etwa um mit Luftfiltern nachzurüsten? REESE: Nein. Vom Bundesministerium für Wirtschaft wird angeregt, entsprechende Luftfilter oder Mittel dafür abzurufen. Das wird bislang kaum nachgefragt. Zudem, und das ist wirklich eine Frechheit, gilt das nur für Klassen mit Kindern bis 12 Jahren. Weil die anderen ja geimpft werden könnten. Ich dachte, wir haben keine Impfpflicht. Die kommt dann womöglich durch die Hintertür. Dies widerspricht auch jedem arbeitsrechtlichen Grundsatz, wo wir zuerst technische Maßnahmen zum Schutz ergreifen, dann organisatorische und dann persönliche. Mehr zum Thema: Kommentar zu Luftfiltern: Bürokratie verhindert Schutz für Kinder an Schulen Plädieren Sie für die sofortige Abschaffung der Maskenpflicht im Unterricht? REESE: Es ist ein Verstoß gegen Artikel 3 unseres Grundgesetzes, den Gleichbehandlungsgrundsatz, wie erwähnt. Unsere Kinder, die offensichtlich keine Pandemietreiber sind, werden durchgetestet wie keine andere gesellschaftliche Gruppe. Dann wird ihnen vorgeworfen, dass bei ihnen die höchsten Zahlen zu finden sind. Ja, denn sie werden ja auch am meisten systematisch getestet. Die Lehrer haben alle ein Impfangebot erhalten, trotzdem müssen unsere Kinder weiter Maske tragen. Es geht nicht um eine Verharmlosung der Pandemie, sondern um Verhältnismäßigkeiten. In anderen gesellschaftlichen Bereichen hat man durchweg Kontakte billigend in Kauf genommen – in Verwaltungen, in Industriebetrieben. Lange gab es dort keine Homeoffice-, nie eine Testpflicht. Wir hatten die ganze Zeit eine inzidenzunabhängige Öffnung von Industrie und Wirtschaft, die geschädigten Branchen wie Gastronomie ausdrücklich ausgenommen. Kann man diese doppelten Standards beim Umgang mit Familien mit dem Wahljahr erklären? REESE: Mehr als 60 Prozent der Wähler haben keine Kinder ... ...inklusive vieler Entscheider in der Bundesregierung. Inzwischen schaut man ja auch wieder auf den Umgang mit Kindern und Jugendlichen. So hört man immer wieder von Lehrkörpern mit denkwürdigen Reaktionen auf die nun in die Schulen zurückgekehrten Kinder. Man hat den Eindruck: Mancherorts werden sie immer noch als wandelnde Biowaffen wahrgenommen. Welche Rolle spielt dabei das Handeln der Lehrer-Berufsverbände? REESE: Gerade vor einigen Tagen hat Maike Finnern von der GEW auf Facebook eine Kampagne gepostet, es sei zu früh für die Abschaffung der Maskenpflicht. Man hat den Eindruck, dass Lehrerverbände nicht alles dafür tun, dass ihre Mitglieder nicht erkranken. Vor allem aber auf dem Rücken der Kinder. Ich bin Beamtenrechtlerin und muss sagen, es widerspricht dem Grundsatz vom vollen persönlichen Einsatz, zu dem Beamte verpflichtet sind. Den haben einige unserer Lehrer nicht erbracht. Man muss aber auch sagen, dass viele mit großer Angst durch die Pandemie gegangen sind. Sachliches Denken war ihnen dann wohl nicht mehr möglich. Dies hat mir ein befreundeter Psychologie-Professor bestätigt. Wer Angst hat, ist gelähmt. Medien berichten inzwischen, bei stark gefallenen Inzidenzen, anders über die Lage von Kindern und Jugendlichen in der Pandemie als noch vor einigen Monaten. Die ZEIT attestierte Deutschland sogar kürzlich, ein &bdquo;kinderfeindliches Land" zu sein, in dem das gesunde Aufwachsen von Kindern nicht als gesamtgesellschaftliche Aufgabe betrachtet werde. Wie stehen Sie zu so einem Befund? REESE: Treffender kann man es kaum ausdrücken. Tatsächlich hat man den Eindruck: ,Es ist eure Privatsache, es ist uns doch egal, was ihr macht.’ Die 100 Euro für Familien in der Pandemie waren ein Tropfen auf den heißen Stein, die Mogelpackung mit den Kinder-Krankentagen hat vielen Eltern nicht geholfen. Es gab keine Extra-Urlaubstage. Ja, Kinder gelten in Deutschland als Privatsache. Sie bringen als Juristin nützliches Fachwissen in die Initiative &bdquo;#lautfürfamilien" ein. Geht Ihre Lobbyarbeit für Familien nach der Pandemie weiter? REESE: Auf jeden Fall. Es gibt so viele Ungerechtigkeiten, dass ich das kaum ertragen kann. Ich habe mich mit einigen anderen aus der Initiative der Partei &bdquo;Lobbyisten für Kinder" angeschlossen. Wir werden hoffentlich zur Bundestagswahl antreten, weil wir meinen, dass Familien mit Kindern von keiner der etablierten Parteien ausreichend vertreten werden. Wir müssen in Deutschland dazu kommen, mehr Geld in Schulen und Bildung zu investieren. Die Schere ist während der Pandemie weiter auseinandergegangen. Das kann sich ein Land, dessen wichtigste Ressource Bildung ist, einfach nicht leisten. Mehr zum Thema: Eta, Delta, Gamma: Was wir über die neuen Virusvarianten wissen !function(){"use strict";window.addEventListener("message",(function(a){if(void 0!==a.data["datawrapper-height"])for(var e in a.data["datawrapper-height"]){var t=document.getElementById("datawrapper-chart-"+e)||document.querySelector("iframe[src*='"+e+"']");t&&(t.style.height=a.data["datawrapper-height"][e]+"px")}}))}();

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