Absoluter Irrsinn: Bielefelder Standesamt weigert sich Pärchen zu trauen

Bielefeld. Heulend sei sie jetzt aus dem Standesamt gelaufen, berichtet Nadine Dors. Und das liegt nicht an ihrem zukünftigen Ehemann - zumindest nicht direkt. Seit Anfang des Jahres streitet das Paar mit der Behörde, um an ihrem zehnten Jahrestag am 10. September in Bielefeld heiraten zu können. "Wir wissen nicht, was wir noch machen sollen", sagt die 28-Jährige. Knackpunkt ist die Geburtsurkunde ihres Verlobten Cleophas Ruberwa, der aus dem Kongo stammt und seit 2019 Deutscher Staatsbürger ist. Bei der Einbürgerung seien doch alle Dokumente geprüft worden. Da habe niemand das Fehlen der Original-Urkunde aus seinem Geburtsort Massissi, einem kleinem Dorf im Kongo, bemängelt. Da für die Einbürgerung im Juni 2019 in Bielefeld die Geburtsbescheinigung der Behörde aus der Stadt Kinshasa ausreichend war, hätten sie nie gedacht, dass das jetzt im Nachhinein noch ein Problem für den Bielefelder, der seit 2005 in Deutschland lebt, werden könnte. "Wir haben die auf Französisch verfasste Bestätigung der Kongolesischen Botschaft in Berlin dazu, wie vom Standesamt gefordert, nochmal extra übersetzen lassen, aber damit war es dann immer noch nicht getan", berichtet Dors, die als Laborantin arbeitet und übers Internet versucht hat, eine Kontaktmöglichkeit zur Behörde im Geburtsort ihres Verlobten zu finden. "Da gibt es aber keine zuständige Stelle, dort herrschen seit Jahren Bürgerkrieg und Korruption", sagt Dors. Extra mit den Hochzeitsplänen bis nach der Einbürgerung gewartet Sie sollten sich doch einen Rechtsanwalt aus Kinshasa nehmen, der dann in Massissi versuchen solle, die Geburtsurkunde zu bekommen, sei der Rat vom Amt gewesen. "Da kann man niemanden hinschicken, das ist viel zu gefährlich", sagt Ruberwa, der bei der Deutschen Bahn arbeitet. "Da werden Menschen auf offener Straße erschossen." Auch seine Eltern - der Vater ist bereits vor einigen Jahren gestorben - seien schon vor Jahren aus Massissi geflohen. Eine Geburtsurkunde, wie wir sie hier kennen, habe es auch nie gegeben. "Das wird da nur in eine Art Schulheft handschriftlich eingetragen, und das existiert bei uns nicht mehr", sagt der 36-Jährige. 2014 ist das Paar nach Bielefeld gezogen, hat hier eine Eigentumswohnung gekauft. "Ich komme aus Paderborn, aber Bielefeld fanden wir attraktiver, weil hier kulturell viel mehr geboten wird und die Stadt multikultureller ist", sagt Dors. Paderborn sei doch recht konservativ. Sie identifizierten sich mit Bielefeld, möchten deshalb auch so sehr gern in ihrer Wahlheimatstadt heiraten. Und nicht beispielsweise in Dänemark, wie es Freunde geraten haben, weil es dort so unkompliziert sei. Da brauche man nur eine Meldebestätigung. Mehr Infografiken finden Sie bei Statista Die beiden kennen sich seit zehn Jahren, hätten extra mit den Hochzeitsplänen gewartet, bis Ruberwa seinen Deutschen Pass hatte. "Sonst heißt es immer schnell, die heiraten nur, damit er hierbleiben kann", sagt Dors. Aus Datenschutzgründen könne man zu dem Fall keine Auskunft geben, so die kurze Antwort vom Bielefelder Standesamt. Grundsätzliche müsse aber jeder für eine standesamtliche Trauung die Geburtsurkunden der Partner vorlegen. Klar könnten sie verstehen, dass man für die standesamtliche Trauung eine Geburtsurkunde benötige. "Aber das Dokument, das wir da haben, ist doch so auch bei der Einbürgerung als Identitätsnachweis akzeptiert worden", sagt Dors. Sie seien sehr enttäuscht, dass das Bielefelder Standesamt ihnen nicht helfe, die bürokratischen Hürden zu überwinden. Genau das hätten sie sich von den Experten in der Verwaltung ihrer Stadt, in der sie ja auch beide Steuern und auch für die Leistung des Standesamtes zahlen - gewünscht. Man habe ihnen gesagt, andere bi-nationale hätten ebenfalls solche Probleme. "Aber wir sind doch gar nicht bi-national, sondern beide Deutsche", sagt Dors. Es sei traurig zu beobachten, wie auch in vielen anderen Bereichen gerade jetzt in der Krise Bürokratie-Starrsinn vieles, so auch das Impfen, hemme. Das passe so gar nicht mehr zum Bild des fortschrittlichen, erfolgreichen, weltoffenen Deutschlands. Nicht nur die beiden scheitern am Bielefelder Standesamt. Wie berichtet mussten Fata Faye und Sahanoun Adam Idrisson ihre Hochzeitspläne mehrmals verschieben, weil das Amt an der Identität von Sahanoun Adam Idrisson zweifelt, obwohl der gebürtige Togolese seit dem Jahr 2000 deutscher Staatsbürger ist. Das Standesamt verlangte eine Überprüfung der Geburtsurkunde, doch dafür fehlen dem 45-Jährigen 30 Jahre nach der Flucht aus seinem Heimatland Schulzeugnisse und andere Dokumente. Auch nach sieben Jahren konnten die Hindernisse zur Hochzeit noch nicht aus dem Weg geräumt werden.

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