Bielefelder Impfzentrum stoppt ab sofort Impfungen mit Astrazeneca

Bielefeld. Astrazeneca ist in Deutschland nach Biontech der wichtigste Impfstoff. Gesundheitsminister Jens Spahn hat nun wegen möglicher Nebenwirkungen als Vorsichtsmaßnahme die Verwendung von Astrazeneca vorläufig ausgesetzt. Das Bielefelder Impfzentrum hat laut Leiter Theodor Windhorst daraufhin alle Termine für Erst- und Folgeimpfung mit dem Vakzin gestoppt. "Wer aktuell einen Termin für Astrazeneca hat, kann definitiv zu Hause bleiben", so der Ärztliche Leiter des Zentrums. Wann die Betroffenen einen Nachhol-Impftermin bekommen, sei noch unklar. Genauso, womit künftig geimpft werde. Windhorst hörte im Gespräch mit der Kassenärztlichen Vereinigung in Düsseldorf, dass man nun vermutlich bis Sonntag abwarten müsse, bis klar sei, wie es weitergehe. Wichtig: Die Impfungen der Über-8-Jährigen mit dem Biontech-Mittel werden wie geplant weitergeführt. Lediglich die priorisierten Berufsgruppen müssen sich jetzt plötzlich wieder gedulden. Vorausgegangen waren Meldungen von Blutgerinnseln im zeitlichen Zusammenhang mit einer Corona-Impfung mit dem Präparat, teilte das Bundesgesundheitsministerium am Montag in Berlin mit. Es handele sich um einen vorsorglichen Schritt, dem eine entsprechende Empfehlung des zuständigen Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) vorangegangen sei, sagte ein Sprecher. Mehr Infografiken finden Sie bei Statista &bdquo;Nach neuen Meldungen von Thrombosen der Hirnvenen im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung in Deutschland und Europa, hält das PEI weitere Untersuchungen für notwendig", so der Sprecher. Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA werde entscheiden, ob und wie sich die neuen Erkenntnisse auf die Zulassung des Impfstoffes auswirken. Diese Vorsichtsmaßnahme gilt natürlich auch für Bielefeld. Theodor Windhorst: "Ich bin froh, dass jetzt die Notbremse gezogen wurde. Wir haben lange mit dem Mittel hoch gepokert. Jetzt kann man aber damit nicht mehr impfen." Bielefelds Krisenstabsleiter Ingo Nürnberger zeigt sich überrascht: "Das wirft uns zweifellos gewaltig in unserer Impfkampagne zurück und kostet viel Vertrauen bei den Bürgerinnen und Bürgern." Er hoffe, dass die Überprüfung des Impfstoffes so überzeugend ausfällt, "dass wir ihn weiter nutzen und die Menschen Vertrauen in diesen Impfstoff zurückgewinnen können". Zuletzt waren im Impfzentrum täglich rund 400 Dosen Astrazeneca verimpft worden. Und es stand sogar im Raum, die Zahl der Impfungen mit diesem Vakzin erhöhen zu können. Ingo Nürnberger erklärt gegenüber der NW, dass in dieser Woche allein 3.000 Dosen zur Verfügung gestanden hätten, die im Impfzentrum, in den Eingliederungshilfeeinrichtungen und in den Berufsgruppen vergeben werden sollten. Ein Kopfschmerz kann tödlich sein Auch für die weiteren Wochen waren wohl ähnliche Kontingente versprochen. Nun können lediglich die rund 2.240 Biontech-Dosen verimpft werden, Moderna spielt mengenmäßig in Bielefeld keine Rolle. Windhorst gibt zu, dass er aktuell mit der Faust in der Tasche stehe. Die Unsicherheit sei einfach zu groß, sagt er. Ab sofort gibt es daher vorerst keine Impfungen mehr im Bielefelder Impfzentrum mit dem Impfstoff von Astrazeneca. Auch die mobilen Teams, die kommende Woche unterwegs sein sollten - etwa auf Dialyse-Stationen -, sind nun gestoppt. Windhorst gibt zu bedenken, dass erwartbare Kopfschmerzen vielleicht doch eine schlimmere Folge haben könnten: eine Sinusvenen-Thrombose im Hirn. "Wenn ich die Kopfschmerzen abwarte, weil ich sie als Nebenwirkung erwartet habe, kann das im Fall einer Thrombose tödlich enden", warnt Windhorst. "Da bin ich Advokat der Patienten. Ich erwarte nun erst einmal wissenschaftliche Klarheit, bevor wir hier weitermachen." Zum Arzt, wer noch Beschwerden vier Tage nach Impfung hat Das Paul-Ehrlich-Institut weist darauf hin, dass Personen, die den COVID-19-Impfstoff Astrazeneca erhalten haben und sich mehr als vier Tage nach der Impfung zunehmend unwohl fühlen, z.B. mit starken und anhaltenden Kopfschmerzen oder punktförmigen Hautblutungen, sich unverzüglich in ärztliche Behandlung begeben sollten. Erst wenn es nach Untersuchungen des Impfstoffs Entwarnung gibt, werde er weiter verimpft, so Windhorst. Das sei sehr unbefriedigend, so Windhorst. Er hoffe jetzt, dass relativ schnell der Impfstoff von Johnson & Johnson in die Impfzentren gelangt. "Denn die gute Alternative von Moderna kriegen wir nicht in der nötigen Menge. Moderna war den Entscheidungsträgern zu teuer." Mehr Infografiken finden Sie bei Statista Die Bundesregierung hatte zunächst auf eine Aussetzung der Astrazeneca-Impfungen verzichtet, nachdem am Donnerstag Dänemark diesen Schritt gegangen war. Es folgten Norwegen, Island sowie die EU-Länder Bulgarien, Irland und am Sonntagabend dann auch die Niederlande. Österreich, Estland, Lettland, Litauen und Luxemburg setzten die Nutzung von einer bestimmten Astrazeneca-Charge aus, Italien und Rumänien stoppten die Nutzung einer anderen Charge. Zur Stunde ist bekannt geworden, dass nun auch Frankreich und Italien die Impfungen mit Astrazeneca komplett aussetzen. Warum? Bei der Analyse des neuen Datenstands haben die Experten des Paul-Ehrlich-Instituts jetzt eine auffällige Häufung einer speziellen Form von sehr seltenen Hirnvenen-Thrombosen (Sinusvenenthrombose) gesehen - in Verbindung mit einem Mangel an Blutplättchen (Thrombozytopenie) und Blutungen in zeitlicher Nähe zu Impfungen mit dem COVID-19-Impfstoff AstraZeneca. Die Daten werden von der Europäischen Arzneimittelagentur (European Medicines Agency, EMA) weiter analysiert und bewertet. Bis zum Abschluss der Bewertung durch die EMA werden die Impfungen mit dem Covid-19-Impfstoff von AstraZeneca in Deutschland ausgesetzt. Die heutige Entscheidung betrifft sowohl Erst- als auch Folgeimpfungen.

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