"Haben keine Chance": Bielefelder Großfamilie wird Wohnung vor der Nase weggeschnappt

Bielefeld. Oxana F. (Name der Redaktion bekannt) ist enttäuscht. Seit zwölf Jahren teilt sie sich mit ihrem Mann und ihren Kindern eine kleine Wohnung im Bielefelder Norden. Mittlerweile sind sie zu sechst - auf 82 Quadratmetern mit nur drei Zimmern. Seit Jahren suchen die F.`s nach einem größeren Zuhause. Bezahlbar muss es sein, denn die Familie lebt von einem kleinen Einkommen. Da die Mieten in Bielefeld seit Jahren steigen, sind die Möglichkeiten begrenzt. Genau eine solche Möglichkeit war das ehemalige Britenhaus in der Sven-Hedin-Straße in Bielefeld Sieker - war, denn wieder einmal ist für Oxana F. eine Hoffnung zerplatzt: Die Wohnung hat eine andere Familie bekommen und das, obwohl sie offiziell gar nicht ausgeschrieben war. &bdquo;Bei der Wohnungssuche auf dem freien Markt haben wir als sechsköpfige Familie mit Migrationshintergrund keine Chance, sodass dieses Haus die einzige Hoffnung für uns darstellte, ein geeignetes Zuhause für unsere Familie zu schaffen", sagt F. Das Haus in der Sven-Hedin-Straße gehört nämlich - ebenso wie die übrigen ehemaligen Soldatenhäuser in Bielefelds sogenanntem Forscherviertel - dem Bund und wird von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BimA) verwaltet. 140 Quadratmeter Wohnfläche hat das Haus, der Preis orientiert sich am unteren Rand der ortsüblichen Vergleichsmiete. "Wir werden ständig abgewimmelt" &bdquo;Manchmal reicht am Telefon schon das gerollte R, um abgelehnt zu werden", schildert Oxana F. ihre Erfahrungen mit diversen privaten Vermietern. Zuhause bei den F.'s wird nämlich Russisch gesprochen. Aber auch Kinder sind nicht überall willkommen. &bdquo;Es gab eine Situation, da habe ich hinterher geheult", sagt F. Sie hatte wieder einen Vermieter wegen einer Wohnungsanzeige angerufen: &bdquo;Nee, mit vier Kindern, sagte er mir sofort, 'nee, lieber nicht'." Mehr Infografiken finden Sie bei Statista Oxana F. hatte im Juli eine sogenannte Mietinteressenten-Anfrage an die BimA gestellt. &bdquo;Für die Britenhäuser in der Amundsenstraße, in der Sven-Hedin-Straße und weitere", sagt sie. &bdquo;Wir haben seitdem mehrmals mit den zuständigen Mitarbeitern telefoniert, allerdings werden wir ständig abgewimmelt." Die Häuser seien noch nicht ausgeschrieben, auch würden wegen Corona gar keine Besichtigungen durchgeführt, so die Begründung der BimA. Beide Aussagen bestätigt die Pressestelle der BimA auf NW-Anfrage. Insgesamt verwalte die BimA im Bielefelder Forscherviertel 97 Objekte. 65 davon seien bereits vermietet. "Die restlichen Wohnimmobilien sind derzeit nicht vermietet und werden aktuell auch nicht angeboten." Zudem habe die BimA &bdquo;aufgrund der angespannten Corona-Lage Vermietungsbemühungen im Herbst 2020 ausgesetzt", heißt es in der Antwort der Pressestelle. Trotzdem, Oxana F. will wissen, was Sache ist. Zerplatzte Hoffnung &bdquo;Vor zwei Wochen habe ich mich ins Auto gesetzt und bin selbst nach Sieker hochgefahren", erzählt sie. Ihre Bekannte wohne direkt neben dem Haus, auf das F. ihr Augenmerk gelegt hatte. &bdquo;Als ich bei ihr ankam, habe ich gesehen, bei den Nachbarn passiert was." Seit einer Weile schon werde dort renoviert, berichtete die Freundin. Offensichtlich zögen bald neue Mieter ein. Doch wie kann das sein bei einem Haus, dass offiziell noch gar nicht auf dem Markt ist? &bdquo;Das Objekt war Gegenstand eines Wohnungstausches", sagt Thorsten Grützner von der BimA-Pressestelle. Der neue Mieter bewohne bereits ein anderes Haus in derselben Straße. &bdquo;Aus sozialen Gründen hatte er dringend etwas größeres gesucht." Einen Nachmieter für das alte Haus konnte er auch gleich vorschlagen, so konnte der Häusertausch unbürokratisch und trotz Corona-Auszeit, über die Bühne gehen. Für Oxana F. ein herber Schlag. &bdquo;Ich hatte tausendmal bei der BimA angerufen und darum gebeten: falls für das Haus ein Angebot kommt, möchte ich bitte berücksichtigt werden", sagt sie. &bdquo;Es ist verständlich, dass jede Familie sich mehr Platz wünscht. Unter dem sozialen Aspekt bleibt aber die Frage, ob diese Familie den Platz auch braucht." Dass Oxana F. trotz ihrer vielen Nachfragen nicht informiert wurde, dass das Haus vergeben ist, empfindet sie als ungerecht: &bdquo;Ich habe mir völlig umsonst Hoffnungen gemacht." Lesen Sie auch: Neue Eigentümer von Bielefelds Britenhäusern erleben böse Überraschung | NW+ Briten-Häuser: Was sie kosten, wann die Bielefelder kaufen können Bundespolizei bezieht erstes Gebäude der Bielefelder Catterick-Kasernen | NW+

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