"Scheinheilig": Versicherung will nicht für Beerdigung von Bielefelds Flitzer Ernie zahlen

Bielefeld. Einen Tag vor Weihnachten starb Ernst-Wilhelm Wittig. Der Bielefelder war deutschlandweit bekannt als &bdquo;Flitzer Ernie". Er zeigte sich gerne und oft nackt in der Öffentlichkeit. Er starb in Hannover. Wittig war auf dem Fahrrad unterwegs, ein Lkw erfasste ihn. Er wurde 73 Jahre alt. Nun streiten sich die Versicherung des Lasterfahrers und Detlef Wittig, der Bruder des Opfers. Es geht um eine Vorschusszahlung für die Beerdigung im Zusammenhang mit der Unfall-Schuldfrage. Ernst-Wilhelm Wittig, genannt Ernie, soll auf dem Altenhagener Friedhof beigesetzt werden. Nach den Plänen seines Bruders Detlef erhält er ein Stelengrab. &bdquo;In einer viereckigen Säule wird seine Urne eingelassen", erklärt er. Beerdigungen kosten in der Regel mehrere Tausend Euro. Deshalb bat Wittig über seinen Anwalt Wolfgang Schneider um eine Vorauszahlung von 5.000 Euro von dem Lkw-Versicherer. &bdquo;So etwas ist durchaus üblich", sagt der Rechtsanwalt. &bdquo;Auch die Summe ist moderat." "Keine Zahlung ohne Vorlage jedweden Belegs" Doch die Kravag-Versicherung mit Sitz in Hamburg macht da nicht mit. In einem Schreiben an die Kanzlei von Schneider bekundet die Versicherung zunächst ihr Bedauern über den Tod des Mandanten-Bruders, dann erklärt sie, &bdquo;dass wir zur Klärung und Ermittlung einer angemessenen Haftungsquote die Ermittlungsakte abwarten". Man wolle &bdquo;diverse Umstände" wie unter anderem Unfallzeugenberichte abwarten, die eine &bdquo;nicht unerhebliche Rolle" bei der Einschätzung des Unfallhergangs spielen würden. &bdquo;Eine Vorschusszahlung ohne Vorlage jedweden Belegs kommt hier nicht in Betracht", heißt es abschließend. "Absolut ungewöhnlich" Wittig-Anwalt Schneider schüttelt über die Absage den Kopf. &bdquo;Absolut ungewöhnlich", sei sie. Normalerweise würden sich die Parteien auf eine Vorschusszahlung einigen können. &bdquo;Denn es ist klar, dass die Versicherung ohne Zahlung nicht aus der Sache herauskommt", erklärt Schneider. Der Unfall am 23. Dezember in Hannover ereignete sich am Tag. Ernie fuhr zwar mit seinem Rad auf der falschen Straßenseite, er hatte aber Vorfahrt. Demnach ist laut Anwalt, der 30 Jahre Erfahrung bei solchen Fällen hat, eine Schuldteilung wahrscheinlich. &bdquo;Vermutlich ein Drittel Schuld beim Opfer, zwei Drittel beim Lkw-Fahrer", sagt Schneider. Er geht von einer Gesamtschadenssumme von 12.000 bis 15.000 Euro aus. Mehr Infografiken finden Sie bei Statista Die Begründung der Kravag, zunächst auf die Ermittlungsakte warten zu wollen, hält Rechtsanwalt Schneider für vorgeschoben, die Kondolenzsätze angesichts der Absage für &bdquo;scheinheilig", das Schreiben des Versicherers insgesamt für &bdquo;ruppig" im Tonfall. Er schrieb zurück, dass &bdquo;man wohl nicht einmal ansatzweise davon ausgehen könne, dass die Versicherung ohne Zahlung aus der Sache herauskomme. Würde es bei dieser Entscheidung bleiben, werde die außergerichtliche Kommunikation abgebrochen. Grab mit QR-Code Ein Anfrage bei der Versicherung blieb gestern ohne Antwort – das muss aber nicht mit einer Weigerung zusammenhängen, es kann auch aus Datenschutzgründen so sein. Detlef Wittig trauert derweil um seinen Bruder und hofft, ihn in etwa 14 Tagen beisetzen zu können. Eine kleine Abschiedsfeier ist auf dem Altenhagener Friedhof geplant. Und eine Besonderheit wird es geben. &bdquo;Die Stele von &bdquo;Flitzer Ernie" wird mit einem QR-Code ausgestattet. &bdquo;Wer sein Smartphone dabei hat, kann, wenn er will, über den Code zur Wikipedia-Seite von Ernie geleitet werden und dort alles über ihn erfahren", sagt Bruder Detlef.

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