Späte Erfüllung eines Fußballer-Traumes

Bielefeld/Verl. Manche geben ihr Debüt im Profifußball mit 16, bei anderen dauert es ein wenig länger. So wie bei Julian Stöckner. Als er den SC Verl am 19. September 2020 in Wiesbaden als Kapitän zum ersten Drittligaspiel aufs Feld führte, war er 31 Jahre alt. Mit dem Aufstieg hatte sich für den Innenverteidiger ein Traum erfüllt, für den er lange und hart gearbeitet hatte. Seine Karriere begann der gebürtige Rintelner beim TuS Almena im lippischen Extertal. Über den TBV Lemgo gelangte er zum DSC Arminia. In der A-Junioren-Bundesliga absolvierte er 39 Spiele, in denen er vier Tore erzielte. 2008 rückte er in den Kader der zweiten Mannschaft auf, die sich gerade für die neu geschaffene fünftklassige NRW-Liga qualifiziert hat. In der Saison 2009/10 wurde Stöckner mit Arminia Vizemeister hinter dem SC Wiedenbrück 2000, stieg in die Regionalliga West auf und in der folgenden Saison als Tabellenletzter gleich wieder ab. »Er hat einen Riesensprung gemacht« Stöckner blieb in der NRW-Liga und in Bielefeld. Er wechselte zum Lokalrivalen TuS Dornberg und blieb ein Jahr, ehe er zum SV Lippstadt in die gerade wieder eingeführte Oberliga wechselte. Lippstadt gelang der Durchmarsch in die Regionalliga. Seit 2014 spielt Stöckner an der Poststraße. &bdquo;Stöcki“, wie alle den 1,89 Meter großen Abwehrspieler rufen, behauptete auch im verstärkten Verler Team seinen Stammplatz, spielt mit dem Neuling eine ausgezeichnete Rolle in der 3. Liga und darf sich mit Stürmern wie Sascha Mölders (1860 München) messen. Der Löwe blieb dank Stöckner und der SC-Defensive jüngst ohne Torerfolg beim Aufsteiger. Neben der Trefferquote der beiden Top-Stürmer Yildirim und Janjic sticht auch die Defensivleistung des Aufsteigers heraus: Kein anderes Team der 3. Liga hat so wenige Gegentreffer kassiert wie der Sportclub Verl, nämlich nur zehn. Und das, obwohl gerade die Abwehrkette von Verletzungen und Ausfällen gebeutelt wurde. "Erst ab dem siebten Spiel lief es richtig gut" Auch Stöckner war betroffen. Er musste nach zwei heftigen Zusammenstößen gleich in Wiesbaden ausgewechselt werden, crashte auch im Heimspiel gegen Bayern II, fehlte daraufhin in Meppen und stand erst im fünften Saisonspiel in Ingolstadt erstmals über 90 Minuten auf dem Platz. &bdquo;Erst ab Saarbrücken, dem siebten Spiel, lief es richtig gut“, beschreibt der Verteidiger seine Innensicht. In den Spielen gegen Lübeck und Duisburg spielte die Kette mit Lang, Mikic, Stöckner und Ritzka komplett durch. &bdquo;Das gibt Sicherheit“, spürte der Kapitän. Eine perfekte Abstimmung in der hintersten Reihe ist deswegen wichtig, weil die Verler so hoch verteidigen. &bdquo;Vorschieben, kompakt bleiben, Abstände zu den Vorderleuten halten“ – das sind die Vorgaben für den von Stöckner dirigierten Verbund. Aus ihm ergibt sich das, was der 31-jährige als &bdquo;unseren Powerfußball“ bezeichnet. Die bisherige Erkenntnis: &bdquo;Die anderen haben gemerkt, dass wir schwer zu bespielen sind. Wir müssen uns vor niemandem verstecken.“ Rino Capretti kennt Julian Stöckner nicht nur als aktueller Verler Trainer, sondern noch als Mitspieler. Bevor der heute 38-Jährige seine Karriere mit dem Wechsel zum Delbrücker SC ausklingen ließ, gehörte er in der Saison 2014/2015 zusammen mit dem aus Lippstadt gekommenen Stöckner zum Regionalligakader des SCV. &bdquo;Wenn ich damals mit heute vergleiche, dann hat er einen Riesensprung gemacht – dazwischen liegen Welten“, schwärmt Capretti von der Entwicklung seines Kapitäns. "Man kann sich auch im fortgeschrittenen Alter verbessern" War Stöckner schon immer ein robuster, kopfball- und zweikampfstarker Verteidiger, habe er inzwischen auch in puncto Aufbauspiel und Spieleröffnung seine Qualitäten. &bdquo;Wenn man die Bereitschaft hat, neue Dinge anzunehmen, dann kann man sich auch in fortgeschrittenem Alter noch verbessern“, sagt der Coach, über seinen 31-jährigen Schützling. Grundlage für das gestiegene Leistungsniveau sei dessen professionelle Einstellung: &bdquo;Julian hat aus seinen Verletzungen gelernt, achtet sehr auf sich, auch in Sachen Ernährung, und legt auch mal Extraeinheiten für sich persönlich ein.“ Rino Capretti, der gerade dabei ist, seine Fußballlehrer-Lizenz zu erwerben, macht an diesem Beispiel klar: &bdquo;Wenn man Profi sein will, muss man danach leben.“

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