Bielefeld "Das ist ein Fahrradfahrer-Killer": Anwohner entsetzt über neue Radwege

Bielefeld. Über Radwege, wie sie aussehen und wie sicher sie sind, darüber scheiden sich die Geister - je nachdem, ob man Auto-, Lkw- oder Busfahrer, Radler oder Fußgänger ist. Und je nachdem, welche Erfahrungen man mit den anderen Verkehrsteilnehmern hat. So ist das auch bei der Variante, die sich jetzt vermehrt auf Bielefelder Straßen findet: in leuchtend Rot direkt auf den Asphalt gemalt, mit weiß gestrichelter Linie links und rechts, zwischen zwei (grauen) Fahrspuren verlaufend. Aktuelle Beispiele sind in Brackwede die Gotenstraße/Ecke Gütersloher Straße und der Stadtring. "Katastrophe ist vorprogrammiert" Die neuen Markierungen auf der frisch erneuerten Gotenstraße sind bei einem Brackweder Anwohner auf großes Entsetzen gestoßen. Nicht nur, dass der Radweg auf der Fahrbahn zwischen Rechtsabbiege - und Geradeaus-/Linksabbiegespur verlaufe - kurz zuvor kreuze er auch noch die Gabelung der Rechtsabbiegerspur. "Eine hochgefährliche Lösung, bei der eine Katastrophe praktisch vorprogrammiert ist", befürchtet der Anwohner. "Daran ändert auch die blutrote Einfärbung des kritischsten Abschnitts des Radweges nichts." Der Radfahrer werde völlig ungesichert zwischen zwei Kfz-Spuren geleitet. "Sind Verkehrsplaner und Bauamt noch ganz bei Sinnen?", fragt der Brackweder. Für ihn ist diese Lösung "ein unverantwortlicher Fahrradfahrer-Killer". Autofahrer in Bielefeld und in Münster Eine junge Anwohnerin, die die Verkehrssituation in Münster kennt und vom Balkon aus einen guten Blick auf die Gotenstraße hat, erzählt, die Autofahrer würden oft noch mit Schwung die Spuren wechseln. Sie müssten sich wahrscheinlich erst an die neue Verkehrsführung gewöhnen, meint sie. In Münster dagegen seien so viele Radfahrer unterwegs, dass die Pkw-Fahrer überall mit ihnen rechneten und entsprechend vorsichtig führen. Radentscheid fordert "geschützte Kreuzungen" Von einem "Fahrradfahrer-Killer" mag Michael Schem vom Bielefelder Radentscheid zwar nicht sprechen. Doch die neue Markierung an der Gotenstraße findet auch er nicht gut. "Wir vom Radentscheid sind für geschützte Kreuzungen. Da passen solche Anordnungen nicht." Es sei durchaus im Sinne der Initiative, dass der Radler auf separatem Weg geführt werde. Aber dann müsse der Kurvenradius für Pkw auch so stark sein, dass diese abbremsen müssten. "Das kann man viel besser machen." Verkehrsführung müsse für alle funktionieren. Und so, "dass man guten Gewissens auch ein Kind dort fahren lassen kann". Autofahrer müssen breiten Abstand halten Bernd Küffner (VCD) verweist ebenfalls auf engere Kurvenradien, aber auch auf das subjektive Sicherheitsbedürfnis der Radfahrer. Dem entspreche auch der lange Radweg parallel zur lang gezogenen Rechtsabbiegespur zu OW D und Johannistal an der Artur-Ladebeck-Straße nicht. Er weist darauf hin, dass zusätzlich vielerorts inzwischen Tempo 30 vorgeschrieben sei. Darüber hinaus müssten die Autofahrer nach der Neufassung der Straßenverkehrsordnung im April einen Abstand von 1,50 Metern vom Radfahrer halten, Gerichtsurteilen zufolge bei Kindern sogar 2 Meter. "Das macht sehr viel aus." Bislang keine Unfallhäufigkeit festgestellt Bei "markierten Führungen für den Radverkehr im ampelgeregelten Kreuzungsbereich" sollen, so das städtische Amt für Verkehr auf Anfrage, Rad- und Kfz-Verkehr "frühzeitig entflochten und getrennt" werden, um so Gefahrensituationen zu entschärfen. Gotenstraße und Stadtring seien die neuestens dieser Radführungen, die Markierungen an der unteren August-Bebel-Straße gebe es bereits seit 1997, die am Adenauerplatz sogar seit 1992. Die Entflechtung werde durch das aktuelle Technischen Regelwerk bundesweit empfohlen. Eine Unfallhäufigkeit sei bislang nicht festgestellt worden. Und: Die Markierungen "machen den Radverkehr sichtbar, erhöhen die Aufmerksamkeit und geben sichere Führungen vor". Auch bei Bussen oder Lastwagen mit großen Außenspiegel habe der Radler auf seinem Weg - in der Regel 2 Meter breit - ausreichend Platz. Subjektives Sicherheitsempfinden miteinbeziehen Gleichwohl müsse auch immer das subjektive Sicherheitsempfinden miteinbezogen werden, räumt das Amt ein. Als besonders unsicher - "auch nach unserer Erfahrung" - werde die komplexe Kreuzung mit doppelter Rechtsabbiegespur in Richtung OWD/Johannistal empfunden. Eine auffällige Unfallhäufigkeit gebe es gleichwohl nicht. Wem der rotmarkierte Weg zu gefährlich erscheine, der könne ihn über den kleinen Umweg über die Brücke über das Johannistal umfahren.

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