Corona-Krise: Bielefelds Erstklässler kennen Schule nur im Ausnahmezustand

Bielefeld. Mit Maske und vielen Fragezeichen ging die Schule vor gut zwei Wochen los. Endlich wieder Präsenzunterricht. Aber wie wird das unter den strengen Auflagen? Bei der Hitze? Halten sich alle dran? Vor der Schule, in Bussen und Bahnen, sieht’ s dann eh schon wieder anders aus. Und Maskenpflicht, die jetzt zumindest im Unterricht wieder aufgehoben wird, ist nicht die einzige Herausforderung. Neue Normalität &bdquo;Es funktioniert, mit all den Schwierigkeiten", sagt Oliver Pape, Leiter der Hans-Christian-Andersen-Schule, Sprecher der Grundschulen. Er und die Vertreter der anderen Schulformen loben die Schüler für ihre Disziplin. &bdquo;Die Erstklässler kennen Schule gar nicht anders, für die ist das normal", sagt Pape. Es habe sich wirklich gut eingespielt, berichten alle. &bdquo;Auch im Unterricht die Maske zu tragen, war gewöhnungsbedürftig", sagt Dunya Khudhur (14), Neuntklässlerin an der Luisenrealschule. Aber allen sei klar: man mache das nicht für sich, sondern zum Schutz der anderen. Die Lockerung, dass ab dem morgigen Dienstag zumindest im Unterricht die Maske abgenommen werden darf, bringt Erleichterung. Alles verstanden? Geht’s dem Schüler gut? Folgt er dem Unterricht, oder ist mit anderen Dingen beschäftigt? &bdquo;Mit Maske gehen Gestik und Mimik verloren, das macht es deutlich schwieriger", sagt Kirsten Bergmann, Leiterin der Gesamtschule Quelle, Sprecherin der Gesamtschulen. Symptome - und jetzt? Tim Seidel vom Stadtelternrat nutzte die Runde, um Bedenken der Eltern, vor allem zur Maskenpflicht, zu äußern. Zudem sei es von Schule zu Schule sehr unterschiedlich, was bei Krankheitsanzeichen genau zu tun ist. Die Vorgaben vom Land passten da nicht zu den Möglichkeiten der Kommune, sagt Pape im Bezug auf die Kapazitäten des Gesundheitsamtes. Da müsse man abwägen und im Einzelfall entscheiden. Wie aktuell bei so vielem, ergänzen die Kollegen. Aber: &bdquo;Die Fälle am Max-Planck-Gymnasium, der Realschule Heepen und dem Berufskolleg Bethel gleich am ersten Wochenende nach Schulstart haben gezeigt, wie gut die Hygienepläne wirken", sagt Schuldezernent Udo Witthaus. Digitaler Fortschritt Großes Lob gab’s von allen für den Schulträger, obwohl in Sachen Digitalisierung noch viel zu tun ist. Kurzfristig hatte das Amt für Schule Microsoft Office 365/Teams für alle städtischen Schulen organisiert – vorerst bis Jahresende. Die Lizenzen sollen verlängert werden.&bdquo;Das ist echt schon gut, eine wirkliche Bereicherung", lobt Leo Binder (17), Schülersprecher des Ratsgymnasiums. Der Austausch mit den Lehrern habe sich dadurch enorm verbessert. &bdquo;Ein Witz, dass es so eine Möglichkeit nicht vorher gegeben hat." Corona habe der Digitalisierung einen enormen Schub verpasst, da sind sich alle einig. 7.400 iPads für Schüler, Geräte für alle rund 3.500 Lehrer, die die Stadt bis zum Jahresende anschaffen will: Das hätte sonst noch Jahre gedauert. Geräte und schnelles Internet reichten aber nicht aus, machten noch keinen guten Unterricht. &bdquo;Schüler und Lehrer müssen auch damit umgehen können", ergänzt Daniel Norkowski, Leiter der Theodor-Heuss-Realschule, Sprecher der Realschulen. Gute Anleitung sei extrem wichtig, Schulungen, Planungssicherheit und Standards notwendig. Jetzt alle mitnehmen Und was ist, wenn es erneut zum Lockdown kommt, Klassen wegen Quarantäne wieder ins Distanzlernen müssen, mit den Schülern, die zuhause kein WLAN und Tablet haben? &bdquo;Die Digitalisierung verschärft die sozialen Unterschiede", sagt Leo Binder. Alle Schüler müssten ausgestattet werden. &bdquo;Es wäre fatal, wenn wir auf digitales Lernen setzen und dabei bestimmte Gruppen abhängen", sagt auch Pape. Kinderarmut sei auch in Bielefeld präsent. Dass die Stadt Lernbereiche in den Stadtteilen schaffen will, freut alle. &bdquo;Gut, davon zu erfahren", sagt Caro Brauneis, Leiterin Gymnasium am Waldhof und Sprecherin der Gymnasien. Dazu hätten sich die Schulen schon viele Gedanken gemacht. Kommentar: Mit gutem Willen kann’s gelingen Ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Schulen wieder schließen müssen – jetzt, wo viele aus dem Urlaub zurückkommen? Was passiert, wenn Kinder erkranken? Mit viel Unsicherheit startete die Schule nach den Sommerferien. Und mit einigen Abstrichen. Ganz klar, Einschulung mit der ganzen Familie wäre schöner gewesen, Unterricht ohne Maske weniger anstrengend. Aber: Präsenzunterricht funktioniert, trotz allem. Und ist für viele Eltern eine Riesenerleichterung. Schüler schätzen es anders als sonst, wieder zur Schule kommen zu dürfen, haben ihre Fröhlichkeit nicht verloren. Kopfschmerzen, Müdigkeit: Die Belastungen zeigten sich erst zuhause, kritisieren Eltern. Aber auch sie tragen mit die Verantwortung, ob Schule jetzt trotz allem gelingen kann. Bestärke ich mein Kind: Das schaffst du, trotz allem? Und: Corona hat ordentlich Schwung in die Digitalisierung gebracht. Jetzt ist es wichtig, da alle mitzunehmen. Wenn alle an einem Strang ziehen, kann auch das gelingen. ivonne.michel@nw.de

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